Longieren leicht gemacht - Schmelzer, A: Longieren leicht gemacht
Zügel bei diesem Pferd zu diesem Zeitpunkt sinnvoll ist oder eben nicht. Ein völlig verspanntes Pferd mit einem stark beizäumenden Hilfszügel zu versehen ist beispielsweise grober Unfug.
Und noch ein Aspekt sollte Beachtung finden: Beobachtet man freilaufende Pferde, findet man übereinstimmend eine charakteristische Fluchthaltung sowie eine ebenso leicht erkennbare neutrale, entspannte Haltung. Flüchtende oder verängstigte, erregte Pferde traben oder galoppieren mit hoch erhobenem Kopf, durchgedrücktem Hals und Rücken, eher herausgestellter Hinterhand und steif weggestrecktem oder erhobenem Schweif. Erst in der vollen Flucht, im schnellsten Galopp streckt sich der Körper wieder. Ein entspanntes Pferd wird dagegen den Kopf senken und oft während der Fortbewegung kauende Maulbewegungen zeigen. In gewissem Sinn signalisieren Pferde auf ähnliche Weise ihre Unterlegenheit. Halten wir also fest: Die verspannte, erhobene Körperhaltung hat eine aggressive oder passiv ängstliche Komponente, die entspannte Haltung dagegen drückt gleichzeitig eine zufriedene, akzeptierende Grundstimmung aus. Beim Longieren, mehr aber noch beim Freilaufen sollten wir uns dieser Aspekte bewusst sein und zum einem versuchen, die erwünschte entspannte Haltung zu fördern, weil nur in einem zufriedenen Kontext Lernen überhaupt möglich ist, zum anderen die unbeeinflussten Bewegungen unseres Pferdes im freien Lauf hinsichtlich ihrer Grundstimmung interpretieren. Allein aus diesem Grund macht es beispielsweise überhaupt keinen Sinn, das verspannte, ängstliche Pferd unter dem Einfluss stark beizäumender Hilfszügel in die Entspannung zwingen zu wollen.
Der junge Araber zeigt die typische Silhouette eines aufgeregten, verspannten Pferdes.
Unterstützung der Dehnungshaltung
Unterstützung der Dehnungshaltung
Während der Aufwärmphase werden die Muskelgruppen gedehnt, stärker durchblutet und dadurch aufgewärmt und auf die eigentliche Arbeit vorbereitet, die Gelenke werden geschmiert und können nach ungefähr zwanzig Minuten dann ihren Dienst ohne die Gefahr von Überlastungen aufnehmen. Parallel dazu bereitet sich auch die Psyche des Pferdes auf eine intensivere Beanspruchung vor. War es eben noch damit beschäftigt, Heu aufzunehmen, mit Weidekollegen zu spielen oder seinen Tagträumen nachzuhängen, konzentriert es sich jetzt mehr und mehr auf den Longenführer (hoffentlich) und auf die abverlangten Aufgaben. Die Dauer dieser Phase hängt vor allem vom Trainingszustand des Pferdes, aber auch von seinem Alter, seiner Psyche und anderen Bedingungen wie etwa den Außentemperaturen ab, ist also individuell und sogar von Tag zu Tag unterschiedlich. Meist liegt sie zwischen etwa zehn und zwanzig Minuten, sie kann aber bei problematischen, verspannten Pferden auch deutlich länger dauern.
Verschiedene Hilfszügel unterstützen durch die Art und Weise ihrer Einwirkung auf Genick und Gebiss die Dehnungshaltung und erlauben dem Pferd, sich unter Streckung von Kopf, Hals und Rücken in die Tiefe zu bewegen. Meist liegt der Schwerpunkt ihrer Wirkung dabei im Genick des Pferdes und erst an zweiter Stelle im Maulbereich. Leichter Druck auf den Nacken veranlasst das Pferd, seinen Kopf unter Streckung des Halses zu senken, worauf der Druck prompt abnimmt und verschwindet. Dabei flacht sich der Winkel zwischen Halsunterseite und Kehlgang ab, er öffnet sich, der Abstand zwischen Maul und Rumpf vergrößert sich. Der Kamm befindet sich in oder unterhalb der Horizontalen, Nacken oder Widerrist sind der höchste Punkt des Körpers.
Diese Form der Dehnung darf auf keinen Fall mit dem Einrollen (auch Brustbeissen genannt) verwechselt werden, meist eine Reaktion auf harte Einwirkung des Reiters oder zu kurz verschnallte Hilfszügel. Das Pferd entzieht sich dabei dem Gebiss und geht hinter dem Zügel, die Nase wird oft weit hinter der Senkrechten getragen, im schlimmsten Fall berühren die Nüstern die Brust, während ein Punkt zwischen Genick und Widerrist und nicht das Genick selbst der höchste Punkt des Körpers ist.
Alle Hilfszügel, die vorwiegend diese Dehnungshaltung unterstützen, verfügen nicht über eine fest stehende direkte Verbindung zwischen Gebiss und Longiergurt, da diese lediglich ein Ausweichen nach oben oder unten im Sinne einer Kreisbahn um den Mittelpunkt (Befestigung des Hilfszügels am Longiergurt) ermöglichen würden, während die echte Dehnung eine Verlängerung des Abstandes Gebiss-Longiergurt verlangt. Auch
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