Lord Stonevilles Geheimnis
wäre es also, wenn wir uns gleich hier einen Pfarrer suchen? Pinter und Freddy können als Trauzeugen fungieren.« Er sah sie gespannt an. »Was meinst du?«
»Möchtest du denn deine Familie nicht dabeihaben, wenn wir heiraten? Ich dachte, ihr Adeligen müsstet im großen Stil Hochzeit feiern.«
»Willst du das?«
Eigentlich hatte Maria nie von einer großen Märchenhochzeit geträumt. Sie hatte schon immer eine Vorliebe für heimliche Hochzeiten gehabt, am besten mit einem rätselhaften, gefährlichen Bräutigam und begleitet von mysteriösen Vorfällen. In dieser Hinsicht stimmte also alles.
»Lass es mich so sagen«, fuhr Oliver fort. »Wir können uns noch unzählige Tage verstecken und hier und da heimliche Küsse tauschen, während wir permanent unter Aufsicht stehen und meine Schwestern zusammen mit Großmutter die Hochzeit des Jahrhunderts planen. Oder wir können heute heiraten und noch diese Nacht im Gasthaus als anständiges Ehepaar das Bett miteinander teilen. Ich habe ehrlich gesagt keine Lust zu warten, aber das ist ja nichts Neues – es geht schließlich um dich. Was meinst du also dazu?«
Maria konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihn ein wenig zu necken. »Ich denke, du willst deine Großmutter für ihre raffinierten Winkelzüge bestrafen, indem du sie um eine große Hochzeit bringst.«
Oliver lächelte. »Vielleicht ein bisschen. Und Gott weiß, dass auch meine Freunde es mir ewig nachtragen werden. Sie werden nicht aufhören, auf mir herumzuhacken, wenn ich klammheimlich heirate.«
Er blieb mit ihr hinter einem dichten Strauch stehen, sodass sie von der Straße aus nicht zu sehen waren. »Aber wenn du eine große Hochzeit willst, Maria, werde ich geduldig warten.« Er ergriff mit ernster Miene ihre Hände. »Ich kann alles ertragen, wenn du mich nur heiratest und bis an dein Lebensende liebst.«
Als sie ihm in die Augen sah, machte ihr Herz einen Satz. Sie ging auf die Zehenspitzen, um einen Kuss auf seine Lippen zu hauchen, und er zog sie an sich und küsste sie inniglich und voller Leidenschaft.
»Wenn ich nur ein bisschen Anstand hätte«, sagte er, »würde ich dir die Möglichkeit geben, dich mit einem Anwalt über die finanziellen Angelegenheiten zu beraten, vor allem wegen deines Erbes, aber …«
»Du hast keinen Anstand, ich weiß«, zog Maria ihn auf und legte den Zeigefinger an ihr Kinn, als dächte sie nach. »Oder hattest du behauptet, keine Moral zu besitzen? Ich weiß es gar nicht mehr so genau.«
»Pass bloß auf, du kleines Biest«, sagte Oliver warnend. »Wenn du mich wegen jeder törichten Äußerung verspottest, die ich in meinem Leben von mir gegeben habe, sehe ich mich genötigt, dich wie Rockton in meinem gespenstischen, unheimlichen Anwesen einzusperren und böse Spielchen mit dir zu treiben.«
»Das klingt ja wirklich schaurig!«, entgegnete sie und sah Oliver verliebt an. »Ich kann es kaum erwarten.«
28
Ein Monat war vergangen, seit Oliver und Maria in Southampton vor den Traualtar getreten waren. Mit der Rückkehr nach Halstead Hall hatten sie sich Zeit gelassen. Während sie ihre Flitterwochen an der Küste verbracht hatten, waren Freddy und Pinter vorausgefahren, um die Familie von ihrer Heirat zu unterrichten.
Nathan Hyatt war nach Amerika zurückgekehrt, um mit Marias Treuhändern zu verhandeln. Zuvor hatte Oliver ihnen einen langen Brief geschickt, in dem er die betrügerischen Machenschaften des Mannes erläutert hatte. Überzeugt von der Rechtschaffenheit der Herren, die ihr Vater dazu bestellt hatte, ihr Kapital zu verwalten, hatte Maria Oliver versichert, dass sie beim Verkauf ihrer Hälfte des Unternehmens sicher kein Erbarmen mit Nathan haben würden.
Das hoffte Oliver, aber er wollte kein Risiko eingehen. In ein paar Tagen würde er mit Maria nach Amerika reisen, damit sie sich mit ihren Treuhändern beraten und sich vergewissern konnte, dass ihre Tante gut versorgt war. Freddy und Jane Kinsley, die inzwischen verlobt waren, begleiteten sie, denn er wollte seine Braut natürlich seiner Mutter vorstellen. Doch es sollte nur bei einem Besuch bleiben, weil Freddy beschlossen hatte, in England zu leben und für seinen zukünftigen Schwiegervater zu arbeiten. Oliver hatte deswegen großes Mitleid mit Mr Kinsley.
Nun blieb nur noch eines zu tun, bevor Oliver und Maria nach Massachusetts reisten. Sie waren seit einer Woche wieder auf Halstead Hall, und Oliver hatte es so
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