Lord Tedric 02 - Raumpiraten
Gast sein, auf der ersten bewohnten Welt, die wir passieren, werden wir sie freilassen.«
Sie wußte, daß er log, doch es störte sie nicht. »Die Bedingungen erscheinen mir annehmbar.«
»Wagen Sie es nicht, Lady Alyc Carey zu nahe zu kommen«, fauchte Kisha. »Ich zerreiße Sie in der Luft und zerstreue Ihre Knochen in alle Winde.«
»Niemand wird ihr etwas zuleide tun«, erklärte Nolan. »Ich bitte Sie nur darum, unsere Befehle zu befolgen.«
»Ich werde sie befolgen«, sagte Alyc.
Nolan nickte und ging zu den anderen Kameraden hinüber, die schon wieder damit beschäftigt waren, die Besitztümer der übrigen Passagiere einzusammeln. Kisha schluchzte leise.
»Ich hätte Sie nicht hierher gehen lassen dürfen. Es war allein mein Fehler.«
Alyc tröstete sie. »Uns wird nichts geschehen, Kisha. Dieser Mann steht zu seinem Wort, er wird uns ordentlich behandeln.«
»Ihr Vater wird mich in die Minen schicken.«
»Du weißt genau, daß ich das nicht zulassen werde. Und nun sei ruhig, es gibt keinen Grund zu weinen.«
Dabei hätte Alyc am liebsten selber Tränen vergossen, aber aus Freude. Natürlich war das alles nur ein bloßer Zufall, eine glückliche Fügung. Doch diesmal hatte sie gesiegt, das war das Wichtigste. Diesmal stand es fest: Alyc Carey hatte das Gesetz der Wahrscheinlichkeit überwunden.
II
----
L ORD T EDRIC
Die Piraten von Quicksilver hatten sich eiligst an Bord ihres schlanken, wendigen Schlachtschiffes, der Vishnu, begeben und starteten sofort. Sie waren sicher, daß Captain Clausen von der Oceania sofort einen Hilferuf in den Äther geschickt hatte, als sich die Vishnu dem Linienschiff näherte. Es bestand zwar kaum Gefahr, daß man sie finden und vernichten könnte, zumal im N-Raum feste Gegenstände ihre Form verloren. In diesem grauen Vakuum einen bestimmten Punkt ausfindig zu machen, war ein langwieriger, zeitraubender Prozeß. Doch die Piraten hatten schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht. Während sie gerade ein schwerbeladenes Frachtschiff angriffen, wurden sie von einem Kreuzer der Kaiserlichen Flotte überrascht. Nur die Schnelligkeit der Vishnu hatte den Piraten das Leben gerettet. Gerade jetzt, mit solch reicher Beute an Bord, legten die Piraten keinerlei Wert auf eine Wiederholung dieser Situation.
Die Luftschleusen hatten sich kaum hinter ihnen geschlossen, da befand sich die Vishnu schon auf dem Weg nach Quicksilver, dem mysteriösen Ort im Universum, den die Piraten als ihre Heimat bezeichneten. Sobald das Schiff in den N-Raum eintauchte, war es für jedes Schiff der Kaiserlichen Flotte unauffindbar.
Während die Vishnu davonschoß, versammelten sich fünf Personen in ihrem Kontrollraum. Wäre Melor Carey dabeigewesen, er hätte wohl kaum einen von ihnen erkannt. Seine Tochter, Lady Alyc, hatte man schon zu ihrer Privatkabine geführt, die sie für die Dauer der Reise bewohnen würde. Matthew Carey dagegen hätte mit Bestimmtheit drei der Anwesenden, möglicherweise aber auch die beiden anderen identifizieren können.
Diese fünf Personen waren die Anführer der Raumpiraten. Sie befehligten etwa zwei Dutzend Männer, die einfache Kriminelle oder Abtrünnige waren. Ohne die Führung der fünf Männer im Kontrollraum, ohne ihre Phantasie, ihren Mut und ihre Begeisterung hätten die Raumpiraten nicht ein Viertel der Zeit überlebt, die sie nun schon ihr Unwesen trieben.
Der erste ganz links außen war Alyc Careys alter Spielgefährte, Phillip Nolan. Nolan war ein schlanker Mann, Anfang zwanzig, mit flammendrotem Haar und gemeißelt wirkenden aristokratischen Gesichtszügen. Er trug eine mattfarbene silberne Uniform, das Erkennungsmerkmal eines Leutnants des Kaiserlichen Korps der Einhundert. Sein Großvater, Tompkins Nolan, den Melor Carey sofort erkannt hätte, befehligte während der letzten, schrecklichen Jahre des Jahrhunderte langen Krieges zwischen dem Menschheitsimperium und den Wykzl die Kaiserliche Kriegsflotte. Seit Jahrhunderten war der Dienst im Kaiserlichen Heer eine ehrenvolle Tradition in der Nolan-Familie. Doch nach der letzten großen Niederlage der Kaiserlichen Flotte ging es immer weiter abwärts mit ihr. Tompkins Nolan fiel beim Kaiser in Ungnade, das Glück verließ die Familie. Phillip war der jüngste von drei Söhnen. Man hatte ihn der Meuterei für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Matthew Carey wäre vor Zorn geplatzt, Phillip Nolan im Kontrollraum dieses Schiffes wiederzufinden, doch gewundert hätte er sich darüber
Weitere Kostenlose Bücher