Lords of Salem: Roman (German Edition)
sie geformt hatte. Sie hatte ruhige braune Augen, so dunkel, dass sie in dem schwachen Licht beinah schwarz wirkten. Das asketische Gesicht, in dem sie lagen, hatte hohe, fast aristokratische Wangenknochen. Ihr Mund war grausam, die Lippen blutleer und die Gesichtshaut blass, als mangelte es ihr ebenfalls an Blut. Sie blies gleichmäßig in die Feuergrube, bis die graue Glut rot aufleuchtete, ehe sie weitersprach. » Alles zu seiner Zeit.«
Clovis verbeugte sich und entfernte sich mit dem noch immer weinenden Baby. Morgan blies erneut, die Glut wurde heller, und mit einem Mal fingen die Beine des Holzmännchens Feuer.
Als sie überzeugt war, dass die Flammen brannten, erhob sie sich und trat zurück. Mit der blutigen Spitze ihres Messers malte sie ein unheiliges Zeichen in die Luft, die dunklen Augen ruhig, aber leuchtend vor Inbrunst.
» Im Namen Satans, des Herrschers der Erde, Königs der Welt, Herrn der Unterdrückten«, intonierte sie mit einer Geste zu der bunt gemischten Gruppe von Hexen in Fellmänteln und Lumpen, die sich um sie herum versammelt hatte. » Ich gebiete den Kräften der Dunkelheit, ihre teuflische Macht den armseligen Gefäßen zu gewähren, die ich dir bereitgestellt habe.«
Hinter ihr ließ Clovis das Baby wie ein Hühnchen kopfüber herabbaumeln, beide Füße in ihrer Faust. Es kreischte mit dunkelrotem Gesicht, verkrampftem Körper und ausgebreiteten Armen. Langsam trat Clovis vor, näher ans Feuer. Sie verneigte sich ein wenig und schwang das Kind nach vorn, um es Margaret Morgan, der Anführerin des Hexenzirkels, zu übergeben.
» Ich bitte dich«, rezitierte Clovis mit noch immer gesenktem Haupt die auswendig gelernten Worte, » nimm diese Gabe, und heile mich von den tödlichen Wunden, die der christliche Glaube mir beigebracht hat.«
Morgan schob sich das Messer in den Gürtel und nahm das Kind entgegen. Sie hielt es mit leicht gerunzelter Stirn und steinernem Blick vor sich. Als sie weitersprach, war ihre Stimme ein tiefes, fast hypnotisches Säuseln.
» O Lord Satan, Geist der Erde«, sagte sie, » öffne die Tore der Hölle weit, und tritt hervor aus deinem gepriesenen Abgrund.«
Mit glänzenden Augen hob sie das Kind hoch über ihren Kopf. Vor ihr brandeten die Flammen empor und schienen lebendig zu werden. Die brennende Puppe im Feuer stöhnte und klagte, als begänne die Trennwand zwischen der Welt und der Hölle einzustürzen und erlaubte der Verdammnis so, ins Diesseits zu dringen.
» Schwestern!«, sagte Morgan und ließ den Blick über den Zirkel schweifen, der sich um sie versammelt hatte. » Offenbart euch unserem obersten Gebieter! Ich bin nicht mehr als eine demütige Dienerin in diesem Land der Qualen.«
Die Hexen antworteten ihr wie aus einem Mund, während das Feuer ihre verzerrten Schatten einen dunklen Tanz auf den Wänden der Hütte aufführen ließ. » Er sei gepriesen!«, proklamierten sie. » Unheiliger Vater, verkünde uns heute Nacht deine Gegenwart!«
Morgan wandte sich wieder dem Feuer zu und neigte das schreiende Baby den Flammen entgegen. » Hilf mir, diese neue Welt zu züchten, mit dem gepriesenen Samen deiner Herrlichkeit«, sagte sie.
Eine blasse Frau mit langem wirrem Haar trat wie in Trance vor. » Ich bin bereit!«, sagte sie.
» Und wofür bist du bereit?«, fragte Morgan sie. » Wirst du dich in die Dienste unseres Dunklen Herrn und Meisters begeben, Mary?«
Mary nickte, und ihre Augen huschten unabhängig voneinander in ihren Höhlen herum. » Ich bin bereit, die sterbliche Existenz aufzugeben und Jesus Christus, den Täuscher der gesamten Menschheit, zu verleugnen!«
Die Flammen kletterten höher, und die brennende Puppe schien größer als zuvor. Morgan nickte Mary beifällig zu. » Wer sonst unter uns ist bereit?«, fragte sie. » Wer von euch wird den Täuscher der gesamten Menschheit verleugnen und sich zum einzigen wahren Herrn der Dunkelheit bekennen?«
Eine mollige Frau, deren Gesicht von großen nässenden Furunkeln übersät war, kam schwankend näher. » Ich bin ebenfalls bereit«, sagte sie.
» Sprich, Abigail«, sagte Morgan. » Er drückt sein Ohr an die Wand der Hölle und lauscht dir.«
Abigail holte tief Luft. Als sie den Mund öffnete, kam alles in einem Schwall heraus, und die Wörter stolperten übereinander. » Ich verachte alle Symbole des Schöpfers. Ich schwöre heute, eine getreue Dienerin Prinz Luzifers zu sein.«
Das Feuer erhob sich mit einem zischenden Geräusch. Gegen alle Vernunft schien sich die
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