Loriot - Biographie
lancierte Ehrenerklärung ab. Cosima bekam noch zwei weitere Kinder (Eva und Siegfried) von Richard Wagner, und Hans von Bülow blieb nur der resignierte Kommentar: »Das Gebäude meiner Hörner ist auf das Glänzendste gekrönt worden.« [41] Am 18. Juni 1870 wurde das Paar schließlich geschieden.
Daneben verblasste naturgemäß das außerordentliche Können Hans von Bülows als Musiker. Nach der Scheidung war er am Ende, enttäuscht vom Verrat sowohl seiner Frau als auch seines Idols. So eine Affäre samt Scheidung war ja zu damaliger Zeit nicht nur menschlich, sondern auch gesellschaftlich eine Katastrophe. Hans von Bülow ging nach Florenz, kam nach zwei Jahren erstarkt zurück und setzte seine außerordentliche Karriere als bester Dirigent seiner Zeit fort. Er war in der ganzen Welt als Pianist und Dirigent auf Tournee, gab mit Walzerkönig Johann Strauß (den er entdeckt hatte) umjubelte Konzerte, arbeitete mit Johannes Brahms (der ihm zu einem guten Teil ebenfalls seine Karriere zu verdanken hat) bei der Meininger Hofkapelle zusammen, die er zum Spitzenorchester formte. Er galt als ein Wegbereiter des modernen Dirigenten, der auch eine persönliche Deutung des Werkes einbringt. Trotz allem blieb er ein inniger Verehrer Richard Wagners, sodass ihn dessen Tod 1884 tief erschütterte und zusammenbrechen ließ.
Schließlich wirkte er noch in Hamburg und Berlin, wo er ab 1887 die Berliner Philharmoniker zu einem Orchester von europäischem Rang werden ließ. Die Konzerte wurden zum gesellschaftlichen Ereignis, von denen ganz Berlin sprach. Nicht nur Klasse, auch Masse zeichnete ihn aus. Immer schon hatte er sich bis zur Erschöpfung aufgerieben und eine unglaubliche Zahl von Arbeiten abgeliefert. Allein in seiner Berliner Zeit gab er 51 philharmonische Konzerte. 1893 verabschiedete er sich von den Philharmonikern, schon gezeichnet von einer schweren Lungenkrankheit. Er wanderte nach Ägypten aus, wo er sich Besserung erhoffte. Dennoch starb er schon ein Jahr später am 12. Februar 1894 in Kairo.
Abseits der boulevardesken Verirrungen, in die er relativ schuldlos hineingerutscht war, blieb die Anerkennung für einen »Musiker von seltener Universalität«, wie es in der Neuen Deutschen Biographie heißt. Er nehme »als Dirigent, Pianist, Pädagoge und Musikschriftsteller eine nicht zu übersehende Stellung in der Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts ein. Auf allen genannten Gebieten wirkte er richtungweisend und erziehend.«
Der Diplomat:
Bernhard Wilhelm von Bülow
(1885–1936)
Der 1885 geborene Sohn von Adolf und Carola von Bülow gilt als eine der außergewöhnlichsten Figuren der diplomatischen und politischen Bühne zwischen den Weltkriegen. Sein Vater war bereits Adjutant von Kaiser Wilhelm II. Bernhard von Bülow, der Reichskanzler, war ein Onkel von ihm. Im Anschluss an eine zweijährige Weltreise trat er zum 1. Januar 1912 und damit im zarten Alter von 26 Jahren in den diplomatischen Dienst ein. Er arbeitete für das Auswärtige Amt in Washington und Konstantinopel, kämpfte aber auch 1914/15 als Soldat im Felde.
Nach dem Krieg nahm er an den Friedenskonferenzen von Brest-Litowsk und Versailles teil und war anschließend ein vehementer Gegner des Versailler Vertrages – wohl weil er als weitblickender und intelligenter Diplomat ahnte, was der anbahnte. So schied er 1919 aus dem diplomatischen Dienst aus und arbeitete fortan als Publizist und Autor. Er verfasste viel beachtete Werke zur Vorgeschichte des Weltkrieges und über den Völkerbund. Die Neue Deutsche Biographie beschreibt Bernhard Wilhelm von Bülow voller Bewunderung als einen Mann, der vom Pflichtgefühl des altpreußischen Aristokraten und zugleich vom Idealismus des 19. Jahrhunderts geprägt war, eine hoch geschätzte Persönlichkeit, die sich nie in die vorderen Reihen der Öffentlichkeit gedrängt hatte.
Nachdem er einige Zeit als Herausgeber der Zeitschrift Die Deutsche Nation fungiert hatte, gab er diese Funktion 1923 an den späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss ab und trat im Februar 1923 wieder in den Auswärtigen Dienst ein. Und er eckte an, indem er weiterhin den Versailler Vertrag hart kritisierte und damit in Opposition zu Außenminister Gustav Stresemanns Verständigungspolitik ging. Deshalb wurden seine Kompetenzen gegen Ende der 1920er-Jahre stark eingeschränkt. Er verlor etwa die Zuständigkeit für den Völkerbund, eine Organisation, die er zwar in der bestehenden Form kritisierte, deren Idee ihm aber besonders am
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