Loriot - Biographie
sein: »Bismarcks Vertrauen beschäftigte und belastete ihn mit einer Fülle von Aufgaben auch der inneren Politik. Bülows vermittelnde und ausgleichende Art in Verbindung mit seinem konservativen, streng höfischen Wesen machte ihn geeignet zum Gesandten des Kanzlers bei Wilhelm I., um dessen ›Ideen‹ zu erkunden und ihm Bismarcksche Ansichten beizubringen. Mehr diplomatischer Techniker als Staatsmann im höheren Sinne, war er doch von großer Einsicht und Klarheit. Keine Kämpfernatur, allem Extremen abgeneigt und (…) nie mit unabänderlichen Überzeugungen beschwert, vielmehr wandlungs- und anpassungsfähig.« [40] Eine Fortsetzung der großen Karriere verhinderte jedoch sein plötzlicher Tod im Oktober 1879, just als Bernhard Ernst von Bülow zu einem Erholungsurlaub nach arbeitsreichen Jahren aufbrechen wollte. Die große Karriere sollte erst sein Sohn machen. Aber dazu später.
Berühmte Generale waren zum Beispiel Jakob von Bülow (1626–1689), der es zum Generalmajor brachte und dabei in französischen, brandenburgischen, dänischen und schwedischen Diensten stand. Oder Christoph Karl (1716–1788) und Johann Albrecht (1708–1776) von Bülow, die sich im Siebenjährigen Krieg auszeichneten. Johann Albrecht trat in den Schlachten von Liegnitz und Leuthen so eindrucksvoll in Erscheinung, dass Friedrich der Große ihm noch auf dem Schlachtfeld von Liegnitz sein eigenes Band vom Roten Adlerorden übergab, den zweithöchsten preußischen Orden überhaupt.
Als Schriftstellerin wurde Frieda von Bülow (1857–1909) durch ihre Romane aus den Kolonien bekannt. Sie gilt sogar als Begründerin des deutschen Kolonialromans und als eine der ersten deutschen Feministinnen, die vehement für ein selbstbestimmtes Leben der Frauen kämpfte. Durch ihre Liebe zum Kolonialisten und üblen Rassisten Carl Peters, dem Begründer Deutsch-Ostafrikas, entdeckte sie ihr Interesse für die deutschen Kolonien. Deutsch-Ostafrikanische Novellen, Tropenkoller. Eine Episode aus dem deutschen Kolonialleben waren bekannte Werke der Feministin, deren Engagement für die Rechte der Frauen sie nicht vor deutschnationalen und rassistischen Anklängen bewahrte, was seinerzeit aber leider nicht ungewöhnlich war.
Ihre Schwester Margarethe von Bülow (geboren 1860) ertrank im Alter von nur 24 Jahren im Rummelsburger See beim Versuch, ein Kind zu retten. Ihre Novellen erschienen erst nach ihrem Tod.
Die berühmtesten von Bülows aber waren das noch lange nicht.
Der Staatschef:
Bernhard Heinrich Martin von Bülow
(1849–1929)
Er wurde 1849 in Klein Flottbek bei Altona (heute Hamburg) geboren und als gereifter Mann nichts weniger als Deutscher Reichskanzler. Schon sein Vater Bernhard Ernst (1815–1879) war bereits ein großer Staatsmann. Aber erst Bernhard Heinrich von Bülow gelang die wirklich eindrucksvolle Karriere. Über Botschaftstätigkeiten in Rom, St. Petersburg, Wien und Paris kehrte der Jurist 1894 schließlich nach Rom zurück, um dort Botschafter zu werden, bevor er im Oktober 1897 zum Staatssekretär des Auswärtigen Amtes ernannt wurde. Dabei kamen ihm seine starke Persönlichkeit und seine diplomatische Gewandtheit sehr zugute. »Er war der geistreichste und gewandteste der Höflinge, die den Thron Wilhelms II. umgaben. Durch feinfühliges Eingehen auf das impulsive Temperament und die selbstherrlichen Neigungen des Kaisers gewann er dessen Sympathien und übte zeitweise einen günstigen Einfluß auf ihn aus«, heißt es in der bereits erwähnten Neuen Deutschen Biographie über den Staatsmann.
Er fiel als Staatssekretär des Äußeren durch seine aggressive Kolonialpolitik auf und prägte in einer flammenden Rede vor dem Reichstag am 6. Dezember 1897 ein noch heute bekanntes geflügeltes Wort: den »Platz an der Sonne«. Den nämlich wollte er sich für das Deutsche Reich sichern, wollte also exzessiv Kolonien in sonnigen Gefilden akquirieren. Noch im gleichen Jahr erwarb von Bülow Kiautschou im heutigen China, dann 1899 die Caroline Islands (von Spanien) in Polynesien und im Februar 1900 schließlich noch Samoa. Er trieb zusammen mit Admiral Alfred von Tirpitz den Aufbau der Flotte voran, wenn auch zunächst mit dem Ziel, die deutschen Handelsschiffe besser schützen zu können.
Derart unentbehrlich für den – mitunter jetzt schon wirren – Kaiser Wilhelm II. stieg er im Oktober 1900 als Nachfolger von Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst zum Reichskanzler auf. Immer mehr jedoch verfiel auch er, geblendet durch
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