Lost Princesses 02 - Ketten Der Liebe
einander nie begegnet, Mylord!«
Doch er fuhr unbeirrt fort, als hätte er ihre Worte nicht vernommen. »Aber ich kann mich beim besten Willen nicht an Sie erinnern, daher muss ich Sie missachtet und dadurch Ihre Gefühle verletzt haben ...«
»Verflucht!« Sie sprang förmlich aus dem Stuhl, stellte sich aufgebracht dahinter und umfasste die Rückenlehne so fest, dass das Holz bereits knackte. Seine Arroganz war unerhört. »Haben Sie mir nicht zugehört? Sind Sie schon so eingebildet, dass Sie sich nicht vorstellen können, dass es auch Frauen gibt, die nicht an Ihnen interessiert sind?«
»Was ist daran eingebildet, wenn es doch die Wahrheit ist?« Er schien von seinen Worten überzeugt zu sein.
Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Er hielt sich für den Nabel der Welt. »Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt. Wir haben Sie entführt, um Sie für Ihren Diebstahl und Ihr nachlässiges Verhalten zu bestrafen.«
»Ich bin kein Dieb«, presste er durch zusammengebissene Zähne hervor. Demnach besaß er doch noch den Funken Ehrgefühl, ihren Vorwurf als Beleidigung zu empfinden. »Ich habe Miss Victorine nichts entwendet, und selbst wenn ich es getan hätte, was wäre daran so schlimm? Eine Maschine für Perlstickerei! Was soll das für einen Wert haben?«
Oh, wie unwissend und selbstgefällig er doch war! Am liebsten hätte Amy ihn in einen der Manufakturbetriebe gesteckt. Dann hätte er vierzehn Stunden am Tag Spitzen machen können, während die Baumwollfetzen durch die Halle flogen, sodass man kaum genug Luft zum Atmen hatte. Nur einen Tag sollte er die Erfahrung machen, wie es war, wenn man für seinen Lebensunterhalt schuften musste.
Amy nahm Miss Victorines Garnrolle und das Weberschiffchen vom Tisch und hielt das kleine Stück Spitze hoch. »Die Damen kaufen sich Perlstickereien für ihre Kleider und Retiküle. Die Muster sind kompliziert und schwierig zu lernen. Wissen Sie überhaupt, wie lange es dauert, Spitzen mit Perlstickerei herzustellen?«
»Nein, aber ich bin mir sicher, dass Sie es mir gleich sagen werden.« Gelangweilter konnte man nicht klingen.
»Miss Victorine ist sehr geschickt, und selbst sie braucht für Spitzenborten dieser Länge zwei Stunden.«
Er setzte eine höhnische Miene auf. »Sie übertreiben.«
»Ach wirklich?« Amy hatte allmählich ihren Spaß an dem Gesprächsverlauf. »Schauen wir doch mal, wie schnell Sie Spitzen machen können.«
»Ich mache keine Spitzen.«
»Natürlich nicht. Sie sind ja ein Mann und ein Marquess. Sie haben Besseres zu tun. Reiten, boxen, jagen, rauchen, trinken, tanzen ...« Sie schaute sich im Keller um. »Was tun Sie im Augenblick?«
Seine weißen Zähne blitzten auf als er entgegnete: »Ich könnte lesen ... falls Sie ein Buch haben.«
»Oh, wir haben sogar mehrere. Die Bücher sind alt, oft gelesen und wertvoll für uns. Was wir nicht haben, ist Geld für teure Bienenwachskerzen.«
»Wollen Sie damit sagen, dass ich heute Abend hier im Dunkeln sitzen soll?« Er richtete sich ruckartig auf, und seine vorgetäuschte Entspanntheit war verflogen.
»Miss Victorine wird sogar ihre Lampe hergeben, damit Sie nicht im Dunkeln sitzen müssen, aber das Licht ist schwach und anders als all die Lampen, die Sie gewöhnt sind. Daher fertigen wir Spitzen an. Sobald man gelernt hat, wie es geht, kann man auch bei schlechtem Licht arbeiten.«
»Es wird wohl kaum schwierig sein, wenn man es sogar im Dunkeln kann.« Er gab ein verächtliches Lachen von sich. »Aber sicher, es ist ja Frauenarbeit. Wie könnte es da schwierig sein?«
Es war offensichtlich, dass er Frauen geringschätzte, aber es handelte sich nicht um die herablassende Verachtung, die so viele Männer dem weiblichen Geschlecht entgegenbrachten. In seiner Verachtung schwang Wut mit, und Amy tat die Frau jetzt schon leid, die der Marquess zur Gemahlin nahm. »Keine Sorge, Mylord. Sie brauchen nicht zu befürchten, sich zum Narren zu machen.« Amy schüttelte das kleine Stück Spitze aus. »Wir zeigen Ihnen zunächst das Grundmuster.«
Er ignorierte ihre Bemerkung mit arroganter Gleichgültigkeit, und als er sich wieder auf der Bettstatt ausstreckte, erinnerte er Amy an eine Schlange, die sich auf einen warmen Stein legt. »Nun sagen Sie mir die Wahrheit. Habe ich Ihr mädchenhaftes Herz gebrochen?«
»Mylord, ich habe gar kein mädchenhaftes Herz, das Sie brechen könnten.« Sie betrachtete seinen Körper mit kritischem Blick. »Hätte ich eins, so hätte ich es nicht an jemanden wie
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