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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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struppigen Kiefer am Fuß des Deiches hielt es mit einem häßlich kreischenden Geräusch an, ohne daß der Fahrer den Motor gedrosselt hätte. Eleanor sah, daß er groß und breitschulterig war und ein junges, frisches Gesicht hatte. Sein Haar war vom Wind so durcheinandergeweht, daß es wie eine Schaumkrone wirkte. Er lachte dem Mädchen zu, das da allein unter dem Baum stand, und öffnete den Wagenschlag. Einen Augenblick später kam er bereits den Deich herauf.
    Er sah aus wie ein junger Mann, der die Welt als einen idealen und herrlichen Aufenthaltsort betrachtet und sich glücklich preist, in ihr geboren zu sein. Eleanor sah, daß er fast einen Kopf größer war als sie selbst, und sie war wahrhaftig nicht klein. Breitbrüstig war er und sonnenverbrannt, als hätte er sein ganzes Leben im Freien zugebracht. Hätte er nicht so tiefdunkle Augen und Haare von der Farbe ungebleichten Zuckerrohrsirups gehabt, er hätte einem der Wikinger auf alten Bildern geglichen. Seine Stirn war breit und gewölbt, die kräftige Nase ein wenig gebogen. In seinem offenen und strahlenden Lächeln waren der Charme und die Selbstsicherheit des geborenen Frauenbetörers, der gewohnheitsmäßig jede nicht eben häßliche Frau anlächelt und von vornherein überzeugt ist, ihre Gunst zu erringen.
    Annäherungen dieser Art fand Eleanor im allgemeinen lästig und widerwärtig, und als sie jetzt gar zurücklächelte, begriff sie sich selber nicht; sie fand nur rein instinktiv: Irgend etwas war anders als sonst in ähnlichen Fällen.
    »Bitte entschuldigen Sie die Störung«, sagte der Mann mit einer leichten Verbeugung aus der Taille heraus, geradeso, als ob er unangemeldet ihr Zimmer beträte. Seine Stimme war tiefer, als sie erwartet hatte.
    »Sie suchen jemand?« fragte sie, von einem sonderbaren Gefühl erfaßt, das sie sich nicht zu erklären wußte.
    »Nein, Gnädigste, durchaus nicht«, sagte der Mann; »ich hatte ursprünglich keine andere Absicht, als die, nach den Feldern zu sehen. Aber nun sah ich Sie.«
    Jetzt lachte sie laut heraus, ihm gerade ins Gesicht.
    »Haben Sie etwas gegen meine Anwesenheit einzuwenden?« Das war so dahingesagt; sicherlich war er überzeugt, daß jedermann über sein Erscheinen beglückt sein müsse.
    Wie diese Augen sie ansahen! Sie war doch wahrhaftig nicht leicht in Verlegenheit zu bringen, aber jetzt machte es ihr Mühe, diesem schmeichelnden Blick standzuhalten. »Warum sollte ich?« sagte sie schließlich. »Der Deich ist Eigentum der Regierung und für jedermann frei.« Eigentlich war sie wütend, und weil sie es war, hatte sie Grund, sich über ihre Stimme zu ärgern, die nichts davon spüren ließ, die im Gegenteil warm und beinahe herzlich klang, als spreche sie mit einem längst vertrauten Freunde und nicht mit einem reichlich anmaßenden Fremden.
    »Ausgezeichnet!« sagte der Mann, und das Lachen seiner Augen vertiefte sich. So ein Pfau! dachte Eleanor. Wenn er sich jedem Mädchen gegenüber, das er zum erstenmal sieht, so verhält, bleibt ihm keine Zeit, sonst noch etwas zu tun.
    Der Mann sagte: »Höchstwahrscheinlich haben wir gemeinsame Bekannte, die in der Lage wären, uns einander ordentlich vorzustellen; einstweilen gestatten Sie, daß ich das meinerseits selbst übernehme: Kester Larne.«
    »Larne?« wiederholte Eleanor gedehnt. Oh! dachte sie, das also ist er. Sie lächelte wieder: »Ich habe Ihnen gerade einen Brief geschrieben.«
    »Sie – mir?« Jetzt schien es an ihm, verlegen zu sein. Verwirrt und bewundernd zugleich sah er sie an. »Wie komme ich zu dem Glück? Bitte, entschuldigen Sie, aber eines ist sicher: Hätte ich Sie je in meinem Leben gesehen, ich hätte Sie gewiß nicht vergessen.«
    »Seien Sie kein Narr!« sagte sie mit einem zornigen Aufblitzen ihrer Augen, das aber gleich wieder verschwand und einem leicht amüsierten Lächeln Platz machte. »Mein Vater ist der Regierungsbeauftragte für den Deichbau hier. Sie fragten bei ihm an, wann wir voraussichtlich fertig würden, und da ich meines Vaters Sekretärin bin, schrieb ich die Antwort.«
    »Oh!« Seine bewundernden Blicke ließen nicht von ihr; vielleicht sah er nur den Anknüpfungspunkt, der sich da bot; der Fortgang des Deichbaues jedenfalls interessierte ihn im Augenblick sicher nicht.
    »Die Antwort, die ich Ihnen schrieb, wird Sie sicher erfreuen«, fuhr Eleanor fort; »wir hoffen, am 1. März unsere Zelte abbrechen zu können.« Sie trat einen Schritt näher und nahm wahr, daß ein Schatten über sein

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