Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
über bessere Voraussetzungen dafür als früher.«
»Ich hoffe es«, sagte Eleanor, »nein, ich bin dessen sicher.«
»Ich glaube«, sagte Kester langsam, »sie wird ein besserer Mensch werden als wir beide, Eleanor.«
Eleanor lächelte zurück: »Hast du darüber nachgedacht? Du hast recht. Wir beide sind – so heftig in unseren Reaktionen. Deine Eltern sind einander sehr ähnlich, und die meinen auf ihre so ganz andere Weise auch. Aber unsere Kinder haben ihr Erbe von beiden Seiten bekommen. Sie werden es miteinander verbinden: den unpraktischen Idealismus deiner Leute und die robuste Kraft der Upjohns. Ach ja, ich glaube, sie haben die Chance mitbekommen, besser zu werden als du und ich.«
»Wir wollen uns Mühe geben, die Duldsamkeit an Stelle des Stolzes zu lehren«, sagte Kester.
Eleanor glitt von seinem Schoß herunter. Sie ging zum Fenster und sah hinaus auf die lange Reihen der Eichen, deren Kronen über den Köpfen vieler Generationen gerauscht hatten.
»Warum konnten wir nicht voneinander lassen?« fragte sie leise. »Wir liebten uns, weil wir so verschieden waren. Dann wurde alles, was wir begannen, zu Zwist und Streit. Wir zerrten aneinander herum und versuchten, einer den anderen zu ändern. Wir quälten uns mit lauter unmöglichen Versuchen herum.«
»Ja, ich weiß«, sagte Kester. »Warum ist das so? Warum ist es nicht möglich, zu einer höheren Bestimmung des Menschen zu gelangen? Wir sind niemals geneigt, den anderen in seiner Eigenart zu respektieren. Wir wollen den anderen, selbst den liebsten Menschen, immer so haben, wie wir selber sind.«
Sie schüttelte nachdenklich den Kopf. Durch das Fenster kam eine warme Windströmung herein, die kam von den Baumwollfeldern herüber. Eleanor mußte an den Abend denken, da sie am Strom entlang zu Isabel Valcours Haus gelaufen war. Sie war so trostlos gewesen an jenem Abend. Heute war alles ganz anders. Heute war sie erfüllt von einer inneren Ruhe und Sicherheit, die Anker und Führung zugleich bedeutete.
»Kester«, sagte sie, »was ist aus Isabel Valcour geworden?«
»Sie ist fortgezogen«, antwortete Kester. »Nach New York, glaube ich.«
»Warum?«
»Vielleicht ist sie meinem Ratschlag gefolgt. Ich habe es ihr vorgeschlagen.«
»Wann hast du sie noch einmal gesehen?« fragte sie und drehte sich um.
»Ich habe sie nicht gesehen. Sie schrieb mir einige Male, während wir in New Orleans waren. Ich habe zunächst nicht geantwortet, dann, nachdem wir beide unsere Aussprache hatten, schrieb ich ihr einen ziemlich langen Brief.«
»Was hast du ihr gesagt?«
»Nichts, was dich anginge«, antwortete er mit einem müden Lächeln.
»Wieso nicht?«
»Es – gehört sich nicht. Sie hat mich schließlich geliebt, wie du weißt.«
»Das hat sie nicht.«
Kester stieß einen kleinen Seufzer aus, aber er schien eher erheitert als böse. »Ich glaube, über diesen Punkt haben Männer und Frauen schon seit dem Fall von Jericho immer wieder miteinander gestritten«, sagte er. »Sie ist weggezogen; ich habe ihr kein Bedauern darüber ausgesprochen, ich habe nicht gefragt, ob sie jemals zurückkommt, und sie kann keinen Zweifel daran haben, daß es mir gleichgültig ist. Was soll das also noch?«
Eleanor knüpfte eine Schlinge in die Gardinenschnur. Eine Zeitlang sagte sie nichts. Trotz Kesters ruhigen Versicherungen hätte sie am liebsten gehört, Isabel habe sich in einer Bodenkammer zu Tode gehungert, aber sie war absolut sicher, daß das Leben für Isabel Valcour Aussichten dieser Art nicht in Bereitschaft habe. Isabel hatte damals von einem Millionär gesprochen, den sie heiraten könnte, wenn sie es wollte. Sie hatte ihr das damals nur halb geglaubt, aber nun fand sie, sie hätte vielleicht doch die Wahrheit gesagt. Jetzt, da sie keinerlei Aussicht mehr hatte, Kester zurückzugewinnen, war sie vielleicht wirklich weggegangen, um die Grundlagen für eine neue, Juwelen verheißende Existenz zu legen. Eleanor sah wieder auf, ihre Augen trafen mit denen Kesters zusammen, und plötzlich wußte sie ganz sicher, daß sie sich nicht mehr zu sorgen brauchte, was mit Isabel Valcour geschah. Sie sagte:
»Es ist gut, Kester. Ich werde den Namen der Frau nun nicht mehr erwähnen, solange ich lebe.«
»Ich danke dir«, sagte Kester. »Ich danke dir sehr.«
Er kam zum Fenster herüber und legte seinen Arm um ihre Schulter. Sie sah sein klares, männlich schönes Profil und dachte an die Zeit, da sein Anblick zum ersten Mal ihre Phantasie bewegte, und an
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