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Lourdes

Lourdes

Titel: Lourdes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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armen, häßlichen Gesichter, die der kindliche Glaube merkwürdig verschönte, dem Erzähler zu, glücklich darüber, daß sie nicht ein einziges Wort verloren.
    »Nein, ich kann nicht«, erklärte Schwester Hyacinthe zuerst. »Das Programm ist feststehend. Es muß jetzt Ruhe eintreten.«
    Schwester Hyacinthe war jedoch nicht unbeugsam, da sie selbst ihr Herz unter dem Busenschleier klopfen fühlte. Marie fing von neuem inständig zu bitten an, während ihr Vater, Herr von Guersaint, der mit vergnügtem Gesichte zuhörte, erklärte, man würde krank davon werden, wenn die Erzählung nicht fortgeführt würde. Als dann auch Frau von Jonquière nachsichtig lächelte, gab die Schwester schließlich nach.
    »Nun, gut! Also noch eine kleine Viertelstunde! Aber nicht mehr als eine kleine Viertelstunde, nicht wahr? Sonst würde ich mich einer Ordnungswidrigkeit schuldig machen.«
    Pierre hatte ruhig gewartet. Dann fuhr er mit der gleichen, durchdringenden Stimme zu erzählen fort.
    Jetzt begann seine Erzählung in Lourdes, in der Rue des Petits-Fossés, einer engen und krummen Gasse, die zwischen armseligen Behausungen und roh beworfenen Mauern abwärts führte. Im Erdgeschoß eines dieser Gebäude bewohnten die Soubirous' am Ende eines dunklen Ganges ein einziges Zimmer, in dem sieben Personen, der Vater, die Mutter und fünf Kinder zusammengepfercht waren. Man konnte kaum deutlich sehen. In den inneren Hof fiel nur ein grünlicher Schimmer vom Tageslicht. Dort schlief man zusammen, dort aß man, wenn man Brot hatte. Seit einiger Zeit fand der Vater, ein Müller seines Zeichens, nur schwer Arbeit. Und aus diesem tiefen Elend war Bernadette, die älteste, an jenem kalten Donnerstag im Februar fortgegangen, um trockenes Holz zu sammeln, mit ihrer jüngeren Schwester Marie und mit Jeanne, einer kleinen Freundin aus der Nachbarschaft.
    Dann ging die schöne Erzählung lange weiter: wie die drei kleinen Mädchen hinunter an das Ufer des Gave geklettert waren, an der andern Seite des Schlosses, wie sie sich schließlich auf der Insel du Chalet befunden hatten, dem Felsen von Massabielle gegenüber, von dem sie nur der enge Kanal der Mühle von Savy trennte. Es war ein wilder Ort, an den der Gemeindehirt die Schweine trieb, die bei plötzlichen Regengüssen Schutz unter jenem Felsen von Massabielle suchten, an dessen Fuße, unter Himbeersträuchern und wilden Rosenstöcken verborgen, sich eine nicht sehr tiefe Grotte befand. Das trockene Holz war selten; Marie und Jeanne durchwateten den Kanal, da sie auf der andern Seite einen ganzen Haufen von trockenen Zweigen bemerkten, die das Wasser dort zusammengetragen hatte. Die zartere Bernadette blieb zurück, da sie es nicht wagte, ihre Füße naß zu machen. Sie hatte einen leichten Ausschlag am Kopfe, und ihre Mutter hatte ihr dringend ans Herz gelegt, sich ja recht sorgfältig in ihr Kopftuch einzuhüllen. Da sie sah, daß ihre Gefährtinnen ihr jede Hilfe verweigerten, entschloß sie sich, ihre Holzschuhe auszuziehen und ihre Strümpfe abzustreifen. Es war gegen zwölf Uhr mittags, die drei Schläge des Angelus mußten bald an der Pfarrkirche ertönen und sich emporschwingen zu dem stillen, weiten Himmelszelt, das von einem feinen Wolkenschleier überzogen war. Da bemächtigte sich ihrer eine heftige Aufregung, es brauste ihr so betäubend in den Ohren, daß sie glaubte, einen Sturm vorüberrasen zu hören. Sie sah die Bäume an und konnte sich vor Verwunderung nicht fassen, denn es regte sich nicht ein einziges Blatt. Dann glaubte sie, sie hätte sich getäuscht, und wollte gerade ihre Holzschuhe aufheben, als von neuem dieses heftige Brausen an ihr vorüber tobte. Aber diesmal traf dieses Sausen nicht ihre Ohren, sondern ihre Augen, Sie sah die Bäume nicht mehr, sie war geblendet von einem weißen Schimmer, von einem grellen Lichte, das sich oberhalb der Grotte an den Felsen zu drücken schien in eine enge und hohe Spalte, die einem Spitzbogen an einer Kathedrale glich. Erschrocken fiel sie auf die Knie nieder. Was war denn das, mein Gott? Nach und nach wurden gewisse Umrisse sichtbar, sie glaubte eine Gestalt zu erkennen, die in dem grellen Lichte ganz weiß aussah. Aus Furcht, es könnte der Teufel sein – ihr Gehirn wurde oft von derartigen Spukgeschichten heimgesucht –, hatte sie sofort angefangen, den Rosenkranz zu beten. Das Licht erlosch dann allmählich, und als sie wieder mit Marie und Jeanne zusammentraf, nachdem sie den Kanal durchwatet hatte, war sie sehr

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