Love is a Miracle
aufblitzen.
Der Arzt nickte, warf einen Blick auf mich und wandte sich dann wieder an meine Eltern. »Trotzdem, auch wenn die Verletzungen von dem Aufprall offenbar minimal sind, möchte ich doch noch ein paar Spezialisten hinzuziehen, ehe ich irgendwelche Entscheidungen treffe.«
Aufprall? Hatte ich einen Autounfall gehabt? Oh, Gott, Jess. Wahrscheinlich hatte sie mich am Flughafen abgeholt, obwohl ich keinerlei Erinnerung daran hatte. Warum zum Teufel wusste ich das nicht mehr? War Jess …? Ich schaute in die verweinten Gesichter meiner Eltern und mein Herz setzte einen Schlag lang aus.
»Ist Jess okay?«
Mom blinzelte, sodass die Angst in ihren Augen für eine Sekunde noch deutlicher hervortrat, bis sich die Wogen wieder glätteten. »Keine Angst, Schätzchen, ihr geht’s gut. Warum fragst du überhaupt? Was soll mit ihr sein?«
»Kann ich sie sehen? Was ist mit ihrem Wagen? Totalschaden?« Jess liebte ihr Auto, es war ihr Ein und Alles.
»Megan«, sagte mein Vater und nahm meine Hand, während der Arzt sich zu mir herunterbeugte und mir mit einer Lampe in die Augen leuchtete. »Du hattest einen Unfall, ja, aber nicht mit Jessica. Dein Flugzeug ist abgestürzt. Daran erinnerst du dich doch, oder?«
»Was?«
Der Arzt knipste die Lampe aus. »In den Round Hills«, sagte er. »Im Wald. Wie ich gehört habe, kennst du dich dort aus wie in deiner eigenen Westentasche. Na ja, du wohnst ja schließlich in Reardon draußen. Das hat dich vermutlich gerettet.«
»Gerettet? Wovor? Ich kann mich nicht erinnern, dass ich geflogen bin, dass … also ich war doch nicht in einem Flug…«
Ich reiße die winzige Salzbrezeltüte mit den Zähnen auf und starre aus dem regennassen Fenster auf die Wolken, die sich dicht und dunkel zusammenballen. Ich habe die Brezeln bis jetzt aufgespart, weil der letzte Teil des Flugs so langweilig ist. Sobald man nach Clark County kommt, gibt es nur noch Bäume. Der einzige Grund, warum Reardon überhaupt einen Flughafen hat, ist die Parkverwaltung. Blöder Wald. Ich denke daran, wie nahe mir die Bäume beim Start auf dem Hinflug erschienen waren, so dicht am Flugzeug, als ob sie irgendwie …
Ich schüttelte den Kopf. Und dann weinte ich.
Kapitel 3
Ich lag schon fast zwei Tage im Krankenhaus, aber nicht in der Unfallklinik von Reardon, sondern in Staunton oben, im LaMotte Memorial Medical Center. Es war dieselbe Klinik, in der Rose von der Kirchengemeinde ihren Brustkrebs behandeln ließ. Sie ist dort im letzten Winter auch gestorben, mitten in einem Schneesturm, sodass es Tage dauerte, bis sie nach Reardon überführt werden konnte. Komisch, dass mir das jetzt einfiel.
An den Absturz dagegen konnte ich mich nicht erinnern.
Ich tat nur so als ob.
Weil ich es satthatte, dass der Arzt mich dauernd danach fragte. Und weil ich die Blicke von Mom und Dad nicht mehr ertragen konnte, Blicke, die so voller Angst waren, wenn sie mich umarmten und unter Tränen anlächelten. Dabei hatten sie doch schon genug Sorgen mit David. Ich biss also die Zähne zusammen und sagte nichts, wenn sie mir vorbeteten, wie gut ich alles überstanden hatte.
Anscheinend brauchten sie das.
Und vielleicht würde es ja besser werden, wenn ich sie einfach glauben ließ, dass ich mich an den Absturz erinnerte.
Leider nützte es nichts. Der Arzt kam jetzt nicht mehr so oft, aber Mom und Dad ließen mich keine Sekunde aus den Augen und lächelten so tapfer und angestrengt, dass ihnen fast die Gesichtszüge entgleisten. Sobald ich mich rührte, stieß Mom einen leisen Seufzer aus und drückte mir die Hand. Dad umarmte mich alle paar Minuten.
Dieses Getue machte mich fast wahnsinnig – als sei ich eine andere geworden, nicht mehr einfach Megan, ihre Tochter. Keinen Augenblick wichen sie von meiner Seite, weder, um David anzurufen (»Ach, dem geht’s gut! Wir haben mit ihm telefoniert, als der Arzt bei dir war!«), noch, um etwas zu essen (»Wir sind nicht hungrig. Wir haben vorher ein Sandwich gegessen – die Cafeteria hier ist ganz gut.«) oder frische Luft zu schnappen (»Nein, nein, wir wollen einfach nur bei dir sein, bei unserem …« Kurze Pause für ein Lächeln und/oder Tränen. »… unserem Wunder!«). Irgendwann reichte es mir und ich log sie an, dass ich aufs Klo müsse, nur um eine Weile von ihnen wegzukommen.
Ich war zu schwach, um allein hinzugehen, und musste mich von ihnen stützen lassen. Der Weg ins Bad kam mir endlos weit vor, aber ich biss die Zähne zusammen, weil sie mich so besorgt
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