Lovers (German Edition)
Dann schnellt ihre rosige Zunge vor und sie leckt über den Rand. Dann lächelt sie mich wieder an und gibt mir den Kaffeebecher zurück. “Du magst es wohl süß, kann das sein?”
“Alle Schriftsteller mögen es süß”, sagt Viviane. Sie trägt einen Becher Kaffee zu uns herüber und gibt ihn Audrey zusammen mit ein paar Aspirin. “Trink das, Süße. Danach geht’s dir besser.”
“Danke, Viv.” Sie nimmt den Becher und drückt Vivianes Hand. Sie schenkt ihr eines ihrer strahlenden Lächeln, obwohl sie doch verkatert ist.
Audrey flirtet mit jedem, scheint’s. Also nicht nur mit mir. Vielleicht habe ich mir auch nur eingebildet, dass der Funken zwischen uns übergesprungen ist. Was weiß ich schon darüber? Ich habe mich noch nie zu einer Frau hingezogen gefühlt. Oder überhaupt zu irgendjemandem.
Es gibt auch gute Gründe, warum das so ist.
Viviane bittet Audrey und mich, beim Tischdecken draußen auf dem Patio zu helfen. Kenneth setzt sich zu uns, als wir frühstücken. Das Essen ist lecker und reichlich, richtiges Essen für die Seele, und ich esse zu viel. Danach hänge ich in den Seilen und sitze einfach nur in der Morgensonne. Die anderen scheinen auch etwas faul zu sein. Wir hängen am Tisch, trinken literweise Kaffee und genehmigen uns noch letzte Reste aus der Obstschüssel.
Sie reden über die letzten Sommer in diesem Haus, und obwohl ich damals nicht dabei war, spüre ich die Kameradschaft, die alle verbindet, und ich genieße dieses Gefühl. Sie reden ein wenig über Jack Curran, der irgendwann nächste Woche oder in zwei Wochen eintreffen wird. Für mich ist Jack ein Mysterium. Er nimmt nur sporadisch an der Onlinegruppe teil. Ich weiß, er reist viel und lebt in Portland, nicht weit von Seattle. Mit seiner Arbeit bin ich vertraut. Ansonsten ist er für mich nur eine vage Person, über die ich nur wenig weiß.
“Heute kommt übrigens Leo”, verkündet Viviane.
“Oh, ich kann es gar nicht erwarten!” Audrey freut sich überschwänglich. Von ihrem Kater ist irgendwann während des Frühstücks plötzlich nichts mehr zu merken. Sie wendet sich an mich. “Bettina, du kennst ihn ja bereits, oder? Ist er nicht auch aus Seattle?”
“Das stimmt. Er ist mit meinem besten Freund befreundet. Calvin ist auch Comiczeichner. So haben Leo und er sich kennengelernt. Aber ich bin ihm noch nie persönlich begegnet. Wir kennen uns nur online. Er hat mich in die Gruppe eingeladen.”
“Ich bin so froh, dass er das gemacht hat.” Audrey lächelt mich an. Unter dem Tisch streckt sie die Hand aus und tätschelt meinen Oberschenkel.
Ihre Hand ist warm auf meiner Haut, und ich spüre sie sogar durch die Cargoshorts. Es kostet mich Überwindung, mich ihr nicht zu entziehen. Oder die Schenkel zu spreizen, um sie einzuladen, mich zu berühren.
“Ich auch”, sagt Viviane und lächelt mich an. “Möchte noch jemand Kaffee? Nein? Dann schlage ich vor, wir gehen an den Strand. Ich räume nur rasch den Tisch ab und treffe euch dann dort.”
“Ich möchte gerne helfen, Viviane”, biete ich an, und sie lächelt und nickt.
“Einverstanden.”
Die anderen verschwinden, und Viviane und ich tragen Teller und Schüsseln zurück in die Küche. Wir müssen mehrmals gehen. Sie spült das Geschirr ab und ich räume es in die Spülmaschine.
“Danke für die Hilfe, Liebes”, sagt sie.
“Ich bin froh, wenn ich mich nützlich machen kann. Das wollte ich vorhin schon … Ich habe das Gefühl, wenn man helfen darf, ist das wie ein Teil eines Initiationsritus.”
“Genauso ist es.” Wieder dieses warme Lächeln. Sie summt vor sich hin, während sie die Pfannen abwäscht und sie mir reicht, damit ich sie mit einem dicken Geschirrhandtuch abtrockne. “Wie geht es dir bisher bei uns, Tina?”
“Alles ist einfach wunderbar. Ich wünschte, ich hätte euch alle schon viel früher kennengelernt. Und dass ich schon eher hergekommen wäre. Vielleicht wäre mein Einsiedlerdasein nie so … extrem geworden, wenn es einen Ort wie diesen gegeben hätte.”
“Freut mich zu hören.”
“Ich glaube, sogar mein Unbehagen Patrice gegenüber ist für mich gut. Es fordert mich heraus, und vielleicht brauche ich das. Es ist also gut, mich mit diesen Gefühlen auseinandersetzen zu müssen, um hier sein zu können. Falls irgendwas davon für dich Sinn ergibt.”
Viviane nickt verständnisvoll.
Vielleicht ist sogar meine Anziehung zu Audrey, die mich so verwirrt, gut für mich. Sie regt mich zum Nachdenken an. Und ja,
Weitere Kostenlose Bücher