Luc - Fesseln der Vergangenheit
Wir gehen ein paar Schritte, DeGrasse. Sagen Sie, was Sie zu sagen haben und dann verschwinden Sie.«
Im Fernsehen war Collins stets sympathisch und humorvoll aufgetreten, davon war in der Realität nichts zu spüren, stattdessen schimmerte im Auftreten des Politikers die gleiche Arroganz und Selbstgefälligkeit durch, die Melton am Ende zum Verhängnis geworden war. Gegen eine Wiederholung dieser Entwicklung hatte Luc nichts einzuwenden.
Sie hatten zwar einen groben Plan entwickelt, wie Luc im Gespräch mit Collins vorgehen sollte, aber sein Gefühl sagte ihm, dass sie so nicht weiterkommen würden. Er brauchte einen anderen Ansatz und hatte auch schon eine Idee. Wenn das schiefging, würden ihn der Admiral und der Navy-Polizist vermutlich lynchen, aber das Risiko musste er eingehen.
Langsam ging er neben Collins her.
»Eines vorweg. Wie kommen Sie zu der abstrusen Behauptung, dass Melton meinen Namen erwähnt hat?«
Luc zwang seine Mundwinkel nach oben. »Wenigstens streiten Sie nicht ab, ihn zu kennen. Falls Sie vermuten, dass er im Verhör Ihren Namen genannt hat, liegen Sie falsch.«
Eigentlich war diese Behauptung ihr Ansatzpunkt gewesen und er ahnte, dass Jim und Browning über seine eigenmächtigen Änderungen nicht besonders glücklich sein würden. Aber im Gegensatz zu ihm waren sie nicht direkt vor Ort und konnten den arroganten Mistkerl einschätzen.
»Melton dachte, ich wäre so gut wie tot. Wir hatten ein Grundsatzgespräch über seine Vorgehensweise und waren ziemlich unterschiedlicher Meinung. Als ich ihn als irregeleiteten Einzeltäter bezeichnete, wollte er mir das Gegenteil beweisen. Dabei fiel unter anderem auch Ihr Name, nachdem die anderen mich nicht besonders beeindruckt hatten.«
Collins ließ keine Gefühlsregung erkennen, als er knapp nickte. »Da Melton nicht hier ist, Sie aber schon, ist die Sache anscheinend anders verlaufen, als er geplant hatte.«
Die indirekte Frage konnte Luc freimütig beantworten. »Richtig.«
»Ist er tot?«
»Dazu möchte ich im Moment noch nichts sagen.«
»Was wollen Sie dann? Mehr als die Behauptung eines Mannes, den ich flüchtig kenne, haben Sie nicht in der Hand.«
Vor ihnen lag bereits der Bootsanleger, den Scott ihm als Grenze vorgegeben hatte. Weiter würden ihre Mikrofone nicht reichen und Luc wäre auch außerhalb der direkten Reichweite seiner Männer, falls er ihre Hilfe benötigte.
Unvermittelt blieb er deshalb stehen und blickte scheinbar geistesabwesend auf den See. Automatisch war auch Collins stehen geblieben.
»Darum geht es mir nicht, obwohl Ihre Reaktion auf die Nennung von Meltons Namen schon ziemlich verräterisch war. Mir ist klar, dass ich nichts in der Hand habe.« Es fiel Luc nicht schwer, deutlichen Frust in seiner Stimme mitklingen zu lassen. »Ich will wissen, warum ein Mann, dem ich vor einigen Jahren meine Stimme gegeben habe, damit er Präsident werden kann, mein Team umbringen wollte. Ich will wissen, warum die amerikanische Regierung Geschäfte mit einem Schwein wie Warzai macht. Die Antwort schulden Sie mir und mehr will ich nicht. Ich weiß, dass ich eine Auseinandersetzung mit Ihnen nicht gewinnen kann, aber glauben Sie mir eins, ich kann verdammt unangenehm und lästig sein, solange diese Frage mich quält.«
»Soll das eine Drohung sein? Darauf reagiere ich allergisch.«
»Es war eine simple Feststellung. Im Gegensatz zu Ihnen halte ich mich an Gesetze und werde Ihnen keine Kugel in den Kopf jagen.« Er lachte verächtlich auf. »Wenn ich es gewollt hätte, wären Sie schon tot und ich wäre, ohne eine verwertbare Spur zu hinterlassen, wieder verschwunden. Ich werde den Einfluss meiner Familie nutzen, um Sie mit Hilfe der Medien fertigzumachen. Mein Bruder Dominik dürfte Ihnen ein Begriff sein.« Luc schwieg einige Sekunden. »Alternativ geben Sie mir die Antworten, die ich gefordert habe, und Sie sind mich ein für alle Mal los.«
Jetzt kam es darauf an, ob Collins das verführerische Angebot annahm. Er konnte Luc ein paar Sätze sagen und war ihn erst einmal wieder los, so dass er ihn dann später ungestört ausschalten konnte. Wenn Luc richtiglag, würde Collins sich die Chance nicht entgehen lassen.
Sein unfreiwilliger Begleiter blickte ungeduldig auf die Uhr. »Also gut. Es ist schon immer so gewesen, dass für höhere Interessen Opfer gebracht werden müssen. Wenn Sie sich die geographischen Gegebenheiten in Afghanistan ansehen und bedenken, dass ein Großteil des weltweiten Opiumhandels von dort
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