Luc - Fesseln der Vergangenheit
gewesen wäre, hätte ich dir das auch schon gesagt.«
Scott reagierte ungewöhnlich heftig auf den Hinweis. Mit einem Fluch zerrte er das Mobiltelefon aus der Brusttasche seines Hemds. »So ein Mist. Ich hatte auf einen Anruf gewartet. Geh duschen, Luc. Wir haben den Jungs versprochen, deine Beförderung und den erfolgreichen Abschluss des Einsatzes zu feiern. Jetzt kommt noch der Wechsel unseres Teams hinzu. Das wird teuer. Vergiss bloß deine Kreditkarte nicht.«
Er hatte nicht die geringste Lust, den Abend mit seinem Team zu verbringen, aber da er es ihnen schuldete, raffte er sich auf. Was hatte er eigentlich erwartet? Dass Jasmin sich keine zwei Tage nach den Fernsehberichten in seine Arme stürzen würde? Vermutlich, aber nun musste er damit leben, dass sie das nicht getan hatte. Im Prinzip konnte er zufrieden sein. In Washington waren andere damit beschäftigt, alles Übrige zu klären, und er und seine Jungs konnten sich von den Strapazen erholen. Jetzt musste er nur noch Scott und seine Brüder dazu bringen, ihn in Ruhe zu lassen, bis er über Jasmin hinweg war. Das würde vielleicht um die nächste Jahrtausendwende der Fall sein.
Scott hatte die gesamte Strandbar reserviert und dafür gesorgt, dass sie sich selbst mit Getränken versorgen konnten. Das Arrangement war perfekt, so brauchten sie bei ihren Gesprächen weder auf Gäste noch auf Angestellte Rücksicht zu nehmen. Wider Erwarten genoss Luc die entspannte Stimmung und die gegenseitigen Frotzeleien, trotzdem blieb er misstrauisch. Eine ungewohnte Erwartungshaltung lag in der Luft, vermutlich hatten seine Männer noch irgendeine Überraschung vorbereitet. Sollten sie eine Stripperin oder eine ähnliche Aktion geplant haben, würden sie ihn allerdings kennenlernen. Für solche Scherze war er definitiv nicht in der Stimmung.
Zum wiederholten Mal blickte Scott auf sein mittlerweile wieder aufgeladenes Handy und allmählich wurde Luc neugierig. »Hast du irgendeiner Zwanzigjährigen deine Nummer gegeben und wartest jetzt auf ihren Anruf?«
»So ungefähr.« Unerwartet sprang Scott mit einem Satz auf den Tresen, der unter seinem Gewicht bedrohlich schwankte und stieß einen schrillen Pfiff aus. Sofort richteten sich alle Blicke auf ihn. »Wir haben heute einige Gründe, zu feiern, aber wir sind noch nicht ganz vollständig. Chris, dein Einsatz!«
Luc ahnte Fürchterliches und fuhr zu Chris herum, der jedoch nur grinsend einen Knopf auf der Musikbox drückte. Ein Schmachtfetzen erklang, den seine Mutter geliebt hatte: Stand by your Man von Tammy Wynette. Ehe er nachhaken konnte, was der Schwachsinn sollte, hörte er eine zaghafte Stimme hinter sich.
»Luc?«
Er wirbelte herum und ignorierte den Protest von Chris, dem er unbeabsichtigt einen schmerzhaften Hieb mit dem Ellbogen versetzt hatte.
Jasmin. Er brachte kein Wort hervor. Die Überraschung war seinen Männern gelungen. Ihre unsichere Miene vertrieb endgültig den letzten Rest Ärger.
»Es tut mir leid.«
Mit einem Satz war er bei ihr und zog sie in seine Arme. »Vergiss es, aber tu das nie wieder.«
Ihr Kopf schmiegte sich an seine Schulter. »Versprochen. Ich habe es jetzt verstanden.« Endlich blitzte ihr Lächeln auf. »Und ich kann es auch beweisen. Wegen des Fluges habe ich meinen Onkel um Hilfe gebeten und von Scott habe ich erfahren, wo ich dich finde. Alleine hätte ich das kaum hinbekommen.«
»Du musst mir nichts beweisen, verlass mich nur nie wieder. Es war die Hölle.«
Ihre Antwort ging in einem gellenden Pfeifkonzert seiner Männer unter. Lachend vergrub Luc sein Gesicht in ihren Haaren und sog ihren Duft tief in die Lunge.
Sie murmelte irgendwas davon, dass sie Scott wegen des Liedes umbringen würde, und er war mehr als bereit, ihr dabei zu helfen. Über die Verschwiegenheit seines Freundes würden sie noch ein ausführliches Gespräch führen. Später. Irgendwann. Nicht jetzt, wo er Jasmin endlich wiederhatte. Sosehr er sein Team auch schätzte, für das weitere Wiedersehen war dies der falsche Ort. Er nahm sich noch die Zeit, Scott seine Kreditkarte in die Hand zu drücken und ihm eine Drohung zuzuzischen, dann zerrte er Jasmin mit sich ins Freie. Ein neues Pfeifkonzert begleitete ihren Aufbruch.
Vor der Bar blickte Jasmin auf das Meer hinaus. »Es ist so schön, wie ich es mir vorgestellt habe.«
»Zieh deine Schuhe aus und komm mit.«
Hand in Hand liefen sie durch den weichen Sand, bis das warme Wasser des Pazifiks ihre nackten Füße umspülte. Über ihnen
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