Lucifers Lady
Undeutlich konnte sie die Männer an Deck erkennen, und sie suchte nach Lucian.
„Bald, Catherine“, versicherte Charles ihr. „Bald wird Lucifer zusehen, wie du eine höchst bemerkenswerte Vorstellung gibst.“
Angst erfasste sie. „Was meinst du damit?“
Er lachte. „Ich will ihm die Jagd schmackhaft machen. Lucifers Zorn erregen, dafür sorgen, dass er die Beherrschung verliert.“
Catherine trat einen Schritt zurück. Der Wahnsinn in seinen Augen erschreckte sie.
Er packte ihre Handgelenke. Sie wehrte sich, doch ihr Zustand machte jeden Widerstand sinnlos. Er hielt sie fest und rief nach einem Strick.
Ihr Herz drohte stillzustehen, und Angst schnürte ihr die Kehle zu.
„Bist du eine gute Schwimmerin, Catherine?“ fragte Charles, ließ ihr aber keine Möglichkeit zum Antworten. „Aber das ist auch egal.“
„Charles.“ Sie wollte mit ihm vernünftig reden, doch sie brachte nur diese Worte hervor: „Mein Kind.“
Er sah sie an. „Werft sie nicht über Bord. Lasst sie langsam hinab, so dass Lucian zusehen kann, wie sie im Meer verschwindet. “
Catherine erstarrte bei dem schrecklichen Gedanken, ins Meer getaucht zu werden, lebendig ersäuft zu werden, unfähig, zu atmen. Sie würde das niemals überleben.
„Er ist jetzt nahe genug gekommen, um sie deutlich zu erkennen. Lasst sie hinab“, befahl Charles und stellte sich an die Reling, um zur Black Skull hinüber zu sehen.
Die Männer packten sie, setzten sie auf das Geländer und ließen sie dann behutsam hinab.
Catherine umklammerte das Seil über den Knoten, die ihre Hände zusammenhielten. Sie wollte nicht hinabsehen. Und wandte das Gesicht stattdessen hinauf zu dem blauen Himmel und schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. Sie schickte ein paar stumme Gebete hinauf und versuchte, sich an die Lektionen zu erinnern, die Lucian ihr über das Schwimmen und das Tauchen gegeben hatte.
Sie warf einen Blick auf die Black Skull, in der Hoffnung, ein letztes Mal Lucian sehen zu können, ihm zurufen zu können, wie sehr sie ihn liebte. Ihre Augen waren blind von Tränen und Angst, aber sie rief in der Hoffnung, dass er sie hören könnte, als das Wasser ihre Füße berührte und sie hinunterzog.
Lucian beobachtete voller Entsetzen, wie Catherine ins Meer gelassen wurde. Er hörte, dass sie nach ihm rief. Hörte ihre
Furcht, ihre Liebe zu ihm. Schock und Unglauben über das, was sie gleich würde erleiden müssen, ließen ihn für einer Augenblick erstarren, dann durchschnitt sein Schrei die Luft und schreckte jeden Mann an Bord der Black Skull auf.
Ohne zu überlegen stürzte Lucian zur Reling. Santos griff nach ihm, Bones und Jolly ebenfalls, und auch andere Mitglieder der Mannschaft warfen sich ihm in den Weg, wollten ihn daran hindern, Catherine nachzuspringen. Zehn Männer waren nötig, ihn zurückzuhalten.
„Lucian!“ schrie Santos in dem Versuch, zu seinem Bewusstsein durchzudringen, „Lucian, denke nach! Du kannst Catherine nicht helfen, wenn du dich zu ihr ins Meer stürzt. Du wirst sie niemals erreichen können. Auf diese Weise kannst du ihr nicht helfen.“
Seine Worte drangen bis zu Lucians Verstand durch, und er hörte auf, sich zu wehren. Einer nach dem anderen ließ ihn los in der Hoffnung, er hätte seine Meinung geändert.
Santos war der Letzte.
„Ich werde ihn umbringen“, erklärte Lucian mit ruhiger Stimme, und er umklammerte die hölzerne Reling so fest, dass Santos überzeugt war, sie würde zersplittern. „Ich werde ihn umbringen und dann an die Fische verfüttern.“
Santos fühlte dasselbe, während er zusah, wie Catherine darum kämpfte, den Kopf über Wasser zu halten. Er deutete auf sie. „Catherine kämpft ums Überleben.“
Lucian sah hin und erkannte ihren sinnlosen Kampf, und der Gedanke an ihre Qual zerriss ihm beinahe das Herz. Sie glitt unter die Oberfläche, und gerade als er dachte, sie könnte nicht mehr atmen, tauchte sie wieder auf, holte tief Luft, ehe sie wieder unter der Oberfläche verschwand.
„Atme, Catherine“, flüsterte er, um ihr Mut zu machen. „Atme, wie ich es dich gelehrt habe. Gib nicht auf. Bitte, gib nicht auf.“
„Captain, vorn ist eine Insel“, rief Bones vom Mast herunter.
Da erkannte Lucian Charles' Absichten. Er suchte die Auseinandersetzung mit ihm, misshandelte Catherine auf diese schreckliche Weise, um ihn, Lucian, so außer sich zu bringen, dass er Charles' Angriffen hilflos gegenüberstehen würde.
Aber Charles hatte einen schrecklichen Fehler
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