Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
Schultern und sah traurig zu Nuri hin über. Das Kind hatte tatsächlich nichts richtig verstanden. Lucy musste Riah recht geben, so schwer ihr das auch fiel. Die Kleine hatte sich eine Zukunft zusammenfantasiert, die mit der Realität nichts, aber auch gar nichts zu tun hatte. Lucy fühlte sich so kraftlos. Was sollte sie dem Kind bloß sagen, ohne es zu verletzen.
Nuri sah Lucy fragend an. Als ihre große Freundin nichts sa gte, verfinsterte sich ihr Blick. Sie richtete ihre Wut aber gegen Riah. »Immer kommst du hierher und machst alles kaputt«, schrie sie sie wütend an. »Du kannst es ja nur nicht ertragen, dass ich anders glücklich werde.«
Nuri sprang auf und rannte hinaus. Riah sah kopfschüttelnd hinter ihr her.
»Du könntest ihr wirklich langsam die Wahrheit sagen«, wandte sie sich vorwurfsvoll an Lucy. »Daro will auch schon nichts mehr von ihr wissen. Sie wird bald geschlechtsreif sein. Was soll aus ihr werden, wenn sie sich von all ihren Freunden abwendet. Oder willst du etwa ihre Einführung übernehmen?«
Die letzte Frage meinte Riah ironisch, wie Lucy wusste. Imperi anische Kinder wurden mit der Geschlechtsreife von ihren älteren Freunden in die Sexualität eingeführt. Imperianer empfanden das als völlig normal. Für sie war es undenkbar, einen jungen Menschen nur theoretisch aufzuklären. Riah wusste natürlich, dass Lucy als Terranerin so eine Einführung nicht kannte und das Thema ihr ziemlich peinlich war. Immerhin wurde sie mittlerweile nicht mehr jedes Mal knallrot, wenn sie mit ihrer imperianischen Freundin über diese Dinge sprach. »Lass ihr doch ihre Träume. Sie wird sich schon entscheiden, wenn es so weit ist. Es reicht doch, wenn sie dann merkt, dass es so nicht geht, wie sie denkt«, antwortete Lucy lahm.
»Ich dachte, sie ist dir wichtig. Wieso willst du sie ins offene Messer rennen lassen?«, fragte Riah angriffslustig zurück.
Schon im nächsten Augenblick wurden ihre Gesichtszüge weich. Lucy musste wirklich elend aussehen, wenn ihre Freundin bei dem Thema ›Nuri‹ so schnell nachgab.
»Hast du schon mit Srandro geredet?«, fragte Riah sanft und nahm Lucys Hand in ihre. Lucy schüttelte den Kopf.
»Mensch Lucy, du musst sofort zu ihm gehen. Du weißt, was für ein Tag heute ist.«
Lucy nickte zerknirscht. Sie fühlte sich so grässlich. Sie wollte ja aufstehen und zu ihm gehen, aber sie konnte nicht. Ihre Beine g ehorchten ihrem Hirn nicht mehr.
»Lucy, du musst es hinter dich bringen. Du wirst sehen, hi nterher geht es dir besser.« Riah klang nicht sehr überzeugend. »Also wenigstens wird es nicht mehr so schlimm sein wie jetzt.«
Riah stand auf, ging um den Tisch herum und nahm Lucy in den Arm.
»Du weißt, dass du immer zu mir oder Borek kommen kannst. Los Lucy, zeig ein klein wenig von dem Mut, den du sonst immer hast, und sprich mit Srandro.«
Lucy hielt sich an Riah fest und schmiegte sich an sie. Nac hdem Lucy sich eine halbe Ewigkeit an ihr festgehalten hatte, löste Riah sich vorsichtig.
»Du, ich muss jetzt los«, sagte sie mit besorgter Stimme. »Und du musst jetzt auch deine Dinge erledigen. Du wirst es bereuen, wenn du es jetzt nicht tust. Das weißt du!«
Lucy nickte und folgte Riah mit ihren Blicken, bis sich die Tür hinter ihr schloss. Ihre Freundin hatte recht. Lucy quälte sich von ihrem Stuhl. Verzweifelt suchte sie einen Grund, nicht zu Srandro gehen zu müssen. Es gab keinen Grund. Ganz im Gegenteil sie musste sich beeilen, wenn sie noch mit ihm reden wollte.
Lucy traf Srandro im Schiffshangar. Er besprach noch ein paar Dinge mit verschiedenen Jugendlichen, die irgendetwas in ein Schiff verluden, was Lucy in diesem Moment ganz und gar nicht intere ssierte. Sie wünschte, nichts würde in dieses Schiff geladen werden.
Lucy trat leise in den Raum. Sie lehnte sich still an die Wand neben der Türöffnung und beobachtete Srandro, ohne ein Wort zu sagen, bis er zufällig aufsah und Lucy entdeckte. Er verharrte einen Moment in seiner Bewegung und sah ihr in die Augen. Lucy schnü rte es die Kehle zu und ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie in diese geheimnisvollen Augen blickte, die sie so liebte. Ja, sie liebte sie noch immer, so wie vor zwei Jahren.
»Hallo Lucy«, sagte er schüchtern.
»Hallo Srandro, kann ich dich kurz sprechen?«, antwortete Lucy automatisch und wunderte sich, dass dieser Satz tatsächlich aus ihrem Mund kam, auch wenn er mindestens so schüchtern wie Srandros Begrüßung klang.
»Ja, lass uns kurz um die Ecke
Weitere Kostenlose Bücher