Lucy in the Sky
Nutte unter der Dusche, mit der du gestern geschlafen hast und die den Nerv hat, mich von deinem Handy aus davon in Kenntnis zu setzen?«
Schweigen.
» JAMES ?«
»Lucy, wovon redest du?«
»Das weißt du ganz genau.«
»Nein, Lucy, ich habe wirklich keine Ahnung, was du meinst.«
»Das Mädchen, James, die Frau, mit der du letzte Nacht gevögelt hast! Sie hat mir von DEINEM HANDY eine SMS geschickt!« Aber schon verliert meine Wut an Überzeugungskraft.
James dagegen ist genervt. »Lucy, was zum … ich schwöre dir, ich habe letzte Nacht mit niemandem gevögelt. Ich war mit den Jungs von der Arbeit im Pub, und danach bin ich heimgegangen.«
»Aber … «
»Und zwar allein!«
»Wer hat dann … «
»Ich weiß immer noch nicht, wovon du da redest. Was denn für eine SMS ?«
»Ich hab sie gestern Abend um neun gekriegt, direkt bevor das Flugzeug gestartet ist. Da stand: ›Hi Lucy! Habe gerade mit James in deinem Bett geschlafen. Dachte, das interessiert dich vielleicht … 4 mal diesen Monat … ‹«
»Diese Arschlöcher!«, unterbricht James mich wütend.
»Was?«
»Das müssen die Jungs gewesen sein, die dich ärgern wollten. Garantiert haben sie sich mein Handy unter den Nagel gerissen, als ich an der Bar war und Getränke geholt habe.«
Tränen schießen mir in die Augen, und ich hole tief Luft. Mir wird klar, dass er ja vielleicht doch nicht lügt.
»Lucy?«, fragt er leise. »Alles in Ordnung?«
»Nein! Natürlich nicht! Ich habe mich im Flugzeug übergeben!«
»O Gott! Lucy, das tut mir so leid.«
»Schon okay«, schniefe ich. »Ist ja nicht deine Schuld.«
Einen kurzen Augenblick herrscht Schweigen, dann sagt er: »Süße, du hättest doch wissen müssen, dass ich dich niemals betrügen würde. Als ich gestern Abend heimgekommen bin und du warst nicht da, hab ich dich so sehr vermisst. Ich kann gar nicht glauben, dass du denkst, ich könnte dir so was antun. Ehrlich gesagt macht mich das ziemlich traurig.«
»James, es tut mir leid. Ich hab’s einfach nicht verstanden.
Ich wusste nicht, was los war.«
»Hey, schon okay. Alles okay. Ich liebe dich.«
Inzwischen strömen Menschen an mir vorbei zum Gate, also wische ich mir die Tränen aus den Augen und spreche ganz leise. »Ich liebe dich auch. Und es tut mir leid, dass ich an dir gezweifelt habe. Aber ich war einfach total durcheinander.«
»Keine Sorge. Wenn einer von deinen Freunden das mit mir gemacht hätte, wäre ich auch an die Decke gegangen! Aber hör zu, Lucy: Versprich mir, dass du dir davon nicht deine Ferien verderben lässt. Die werden nämlich absolut großartig!«
Als wir schließlich auflegen, bin ich so erleichtert, dass ich laut auflache. Ein paar Leute, die am Gate Schlange stehen, drehen sich um und starren mich an. Mir wird klar, dass ich womöglich wirklich etwas fertig aussehe, also mache ich mich auf den Weg zum nächsten Damenklo.
Hier in Singapur ist dieser Samstagabend heiß und feucht, und ich habe mein Handgepäck in der festen Absicht gepackt, jede warme Minute auszukosten. Dafür kann ich mir jetzt in der engen Toilettenkabine meine Jeans ausziehen, in ein smaragdgrünes Sommerkleid schlüpfen und meine Turnschuhe gegen schwarze Riemchensandalen mit Keilabsatz austauschen. Dann gehe ich wieder hinaus, binde mir vor dem Spiegel über dem Waschbecken meine knapp schulterlangen Haare zu einem hohen Pferdeschwanz und spritze mir Wasser ins Gesicht. Ich bin nicht geschminkt, aber ich trage ein bisschen Feuchtigkeitscreme und Lippenbalsam mit Kirschgeschmack auf.
Mit einem wesentlich normaleren Gefühl mache ich mich schließlich auf den Weg zum Flughafen-Swimmingpool, von dem mir Gemma, eine meiner Kolleginnen, erzählt hat. Zwar habe ich keine Lust zu schwimmen, aber es gibt da draußen auch eine Bar, und ich brauche eindeutig einen Drink. Vor dem Flug nach Sydney habe ich noch anderthalb Stunden totzuschlagen.
Sobald ich durch die elektrische Tür am Ende des Terminals trete, trifft mich die schwüle Luft wie ein Hammer. Ich suche mir einen Platz an der Bar und bestelle mir einen Cocktail, während ich mich bemühe, die entsetzliche Popmusik auszublenden, die aus der Anlage dröhnt. Auf einmal überfällt mich eine unglaubliche Aufregung. Ich bin auf dem Weg zurück nach Australien!
Als ich Molly und Sam das letzte Mal gesehen habe, waren wir alle sechzehn und noch auf der Highschool. Kaum zu glauben, dass das schon neun Jahre her ist! Damals war die Beziehung von Molly und Sam ein dauerndes Hin und
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