Lucy & Olivia - Die Vampirprüfung
was?«, fuhr Lucy ihn an. »Wie konnte ich etwas über meine leiblichen Eltern herausfinden wollen? Olivia und ich haben ein Recht darauf, das zu erfahren!«
»Du hast einen Menschen mit in einen Sperrbezirk genommen!«, tobte ihr Dad. »Seid ihr nicht auf die Idee gekommen, dass es dort überall Überwachungskameras gibt, die jeden eurer Schritte aufgezeichnet haben?« Er senkte die Stimme zu einem dringlichen Flüstern. »Die Mitglieder des Runden Tischs der Vampire waren heute bei uns. Olivia wird zu einer Initiation vorgeladen!«
Lucy erstarrte. »Wozu?«
»Das ist ein Ritual, mit dem getestet wird, ob sie es wert ist, das Blutgeheimnis zu kennen«, erklärte er.
»Oh-oh«, sagte Olivia leise.
»Aber warum denn?«, keuchte Lucy.
»Warum?«, wiederholte ihr Vater aufgebracht. »Weil sie aus dem Artikel in der Vamp und dem Filmmaterial
von Olivia in der ASMM schließen, dass ein Verstoß gegen das Oberste Gesetz der Dunkelheit stattgefunden hat!«
»Wird man ihr wehtun?«, fragte Lucy.
»Wehtun?«, rief Olivia.
»Ich weiß es nicht genau«, sagte ihr Vater kopfschüttelnd. Sein Ärger war plötzlich verpufft.
»Was muss sie denn da machen?«, bohrte Lucy weiter.
»Ich weiß, dass sie drei Prüfungen bestehen muss«, antwortete ihr Dad. »Olivia«, fragte er, »glaubst du, deine Eltern erlauben dir, am Freitag bei uns zu übernachten?«
»Ich denke schon«, sagte Olivia. »Warum?«
»Das ist der Termin, der für die Initiation festgesetzt worden ist.«
»Aber dann hat sie ja kaum Zeit, sich vorzubereiten!«, wandte Lucy ein.
Ihr Vater musterte Olivias Gesicht. »Der beste und einzige Weg, dich vorzubereiten, ist, bereit zu sein, deine wahre Natur zu enthüllen«, sagte er feierlich.
»Und was, wenn sie durchfällt?«, wollte Lucy leise wissen.
Er sah auf sie hinab, und Lucy wusste nicht, ob sein Blick Hoffnung oder Hoffnungslosigkeit ausdrückte. »Es kommt, wie es kommen muss«, teilte er ihr resigniert mit, drehte sich um und ging die Stufen hinunter.
Am Freitagabend setzte Mrs Abbott Olivia vor dem Haus der Vegas ab. Glücklicherweise hatte ihre Mom eine Verabredung zum Bridge, sodass sie noch nicht einmal den Versuch machen konnte, mit reinzukommen.
Als Olivia klingelte, öffnete Lucy sofort. In der Eingangshalle begrüßte Mr Vega Olivia mit einem feierlichen Nicken. Niemand sprach, bis Olivia schließlich hörte, wie sich schnelle Schritte vom Flur her näherten.
Eine große Vampirfrau in einem schwarz-roten Kimono trat ins Licht der Halle. Es dauerte einen Augenblick, bis Olivia klar wurde, was so auffällig an ihr war. Die meisten Vampire benutzten Kontaktlinsen, um ihre Augen vor der Sonne zu schützen und ihre wahre Augenfarbe zu verbergen, aber sie trug keine und hatte daher rote Augen.
»Ich bin Valencia Deborg«, verkündete die Frau. Ihre enormen Ärmel raschelten, dann tauchten in ihrer einen Hand ein dicker schwarzer Hefter und in der anderen ein Kugelschreiber auf. Sie klickte vielsagend auf ihren Kugelschreiber. »Ministerin für menschliche Angelegenheiten am Runden Tisch der Vampire.«
»Und ich«, sagte eine näselnde Stimme aus der Dunkelheit, »bin Mr Boros von der ASMM .«
Olivia rechnete halb damit, dass jetzt ein großer Vampir mit einem Schnurrbart und einem schwarzen Umhang auftauchen würde. Stattdessen trat ein kleiner, kahler Mann in einem zerknitterten Anzug neben seiner Kollegin ins Licht.
»Den Typen habe ich bei der ASMM rauskommen sehen, bevor wir uns reingeschlichen haben!«, flüsterte Lucy ihrer Schwester ins Ohr.
»Und ich habe euch auf den Überwachungskameras reinschleichen sehen, gleich nachdem ich gegangen war«, hielt der Mann kühl dagegen.
Lucy und Olivia erstarrten.
»Wir sind hier, um Olivia Abbotts Initiation zu überwachen«, verkündete Valencia Deborg jetzt feierlich. »Das Verfahren wird pünktlich bei Sonnenuntergang beginnen.«
Als sie einen Seitenblick auf ihre Schwester warf, konnte Olivia sehen, dass Lucy sehr besorgt war, was sie selbst nur noch nervöser machte.
Mr Boros hob einen seiner weißen Wurstfinger hoch. »Bevor wir anfangen, müssen wir uns darüber im Klaren sein, was passieren wird. Es gibt weniger als ein Dutzend Menschen auf der ganzen Welt, die das Blutgeheimnis kennen, und zwar alle aufgrund außergewöhnlicher Umstände.«
»Und deine Umstände«, sagte Mrs Deborg, wobei sie ihre glühenden Augen auf Olivia richtete, »sind die alleraußergewöhnlichsten.«
»Nach unseren Unterlagen noch nie da gewesen«,
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