Lucy & Olivia - Die Vampirprüfung
darauf, es zu wissen. Schließlich sind Vampire auch meine Ahnen – das haben wir doch einwandfrei bewiesen!«
Boah , dachte Olivia. Irgendwie ergibt das jetzt alles einen Sinn. Plötzlich hatte sie gar nicht mehr so große Angst vor den Prüfungen.
»Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass sie dir etwas Schlimmes tun«, entschied Lucy. »Auch wenn etwas schiefgeht, werde ich einen Weg finden, sie davon abzuhalten, deine Erinnerung zu löschen. Ich werde dir keine Sekunde von der Seite weichen!«
»Klingt gut.« Olivia grinste.
Ein verschmitzter Ausdruck stahl sich in Lucys Augen, und Olivia konnte beinahe hören, wie sich die Räder in Lucys Kopf drehten. »Hinten in der Vorratskammer gibt es einen Geheimgang, durch den könnten wir dich jederzeit hinausschmuggeln.« Sie begann, mit ihren schwarz lackierten Fingernägeln herumzugestikulieren. »Wenn nötig, könnten wir sogar die Rollen tauschen. Wir könnten jetzt gleich in mein Zimmer runterlaufen und uns passend anziehen!«
Olivia legte ihre Hand sanft auf den Arm ihrer Schwester. »Ich werde nicht weglaufen, Lucy«, sagte sie. »Ich werde tun, was nötig ist, um die Prüfungen zu
bestehen. Ich werde beweisen, dass ich endgültig würdig bin, das Blutgeheimnis zu kennen.«
»Wir werden sehen«, ertönte eine kühle Stimme. Zu Tode erschrocken, wandte Olivia sich um und sah, dass Valencia Deborg in der Tür aufgetaucht war. »Es ist Zeit für die erste Prüfung«, verkündete sie.
Olivia und Lucy wechselten nervöse Blicke. Ms Deborg machte ihnen ein Zeichen, ihr zu folgen, und ehe sich Olivia versah, verschwand die Vampirbeamtin durch die Eingangshalle. Auf der Haupttreppe mussten Olivia und Lucy immer zwei Stufen auf einmal nehmen, um sie einzuholen.
Mrs Deborg führte sie zu demselben Gästezimmer, in dessen Bad sie die letzten Fotos für die Zeitschrift Vamp gemacht hatten. An einer Wand stand etwas, das aussah wie eine Kommode und mit einem dunkelvioletten Samttuch abgedeckt war. Schwungvoll zog Valencia Deborg das Tuch herunter und ein schwarz lackierter Sarg kam zum Vorschein. »Die Prüfung der Dunkelheit!« , verkündete sie theatralisch.
Olivia schnürte sich vor Angst die Kehle zu.
Wer liegt da wohl drin ?, dachte sie.
Als sie ihrer Schwester einen Blick zuwarf, zuckte Lucy nur ratlos mit den Schultern.
»Du musst die ganze Nacht von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang in diesem Sarg verbringen«, erklärte Mrs Deborg schließlich.
»Auf keinen Fall«, sagte Olivia leise.
»Oh doch«, erwiderte Mrs Deborg ohne eine Spur von Humor. Sie warf einen Blick durchs Fenster, wo die
Sonne bereits unterging. »Du hast nicht mehr viel Zeit«, drängte sie und gab Olivia ein Zeichen, sich umzuziehen.
Kurz darauf stand Olivia vor demselben, reich verzierten Spiegel, vor dem sie mit ihrer Schwester posiert hatte, nur dass sie diesmal allein war, einen Schlafanzug mit Sonnenblumen trug und sich nervös die Zähne putzte.
Ich will nicht die ganze Nacht in einen Sarg eingesperrt werden, dachte sie, selbst wenn er von innen mit Samt ausgeschlagen ist … Aber noch weniger will ich meine Schwester verlieren.
Als sie aus dem Bad kam, warteten Lucy und Mrs Deborg gespannt neben dem offenen Sarg. Lucy musste lachen.
»Was ist?«, wollte Olivia wissen.
»Mördergeiler Schlafanzug«, zog Lucy sie auf.
»Es ist Zeit«, unterbrach Mrs Deborg sie kühl.
Olivia ging zum Sarg hinüber. Davor stand ein kleiner Tritt, um ihr hinaufzuhelfen, und sie kletterte hinein. Sie legte sich auf den Rücken und steckte ihre feuchtkalten Hände seitlich unter sich.
»Gibt’s hier drin ein Nachtlicht?«, versuchte sie zu witzeln.
Statt einer Antwort klappte Mrs Deborg einfach nur den Deckel zu.
Das Letzte, was Olivia sah, war das besorgte Gesicht ihrer Schwester und dann … nichts als Dunkelheit. Olivia strengte sich an, Lucys oder Mrs Deborgs Stimmen von außerhalb des Sargs zu hören, aber es war
unheimlich still. Das Einzige, was sie hörte, war ihr eigener hektischer Atem. Sie versuchte, die Rüschen in der Polsterung zu erkennen, von der sie wusste, dass sie nur Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt war, aber es gelang ihr nicht. Langsam hob sie eine zitternde Hand und berührte den Deckel.
Es ist alles okay, sagte sie sich. Es ist einfach nur dunkel. Dir kann nichts passieren. Ihre Gedanken begannen, auf Wanderschaft zu gehen. Du liegst nur in einem Sarg. Der von Vampiren benutzt wird. Die zufällig auch Blut trinken. Plötzlich konnte sie das laute, schnelle
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