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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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der sich immer als Schwarzer schminkt.«
    Peter antwortete mit Schweigen. Dann sagte er: »Um dich mach ich mir auch Sorgen, Lucy, ehrlich. Aber zurück zu Mammy. Sie ist in letzter Zeit ein bißchen eigenartig geworden.«
    »Wieso?« seufzte ich, darum bemüht, Interesse aufzubringen.
    »Sie vergißt Sachen.«
    »Vielleicht hat sie Alzheimer.«
    »Du mußt natürlich über alles Witze reißen.«
    »So hab ich es nicht gemeint. Vielleicht hat sie tatsächlich Alzheimer. Was vergißt sie denn so?«
    »Du weißt doch, daß ich keine Pilze mag.«
    »Ach ja?«
    »Ja! Tu nicht so, als ob du das nicht wüßtest. Jeder weiß das!«
    »Beruhige dich, ist ja schon gut.«
    »Wie ich kürzlich abends bei Mammy und Dad war, hat sie mir Toast mit Pilzen auf den Tisch gestellt.«
    »Ja und...?«
    »Was meinst du mit ›ja und‹? Genügt das nicht? Wie ich das Mammy dann gesagt hab, ist ihr nichts anderes eingefallen als, ›Ach, da muß ich dich mit Christopher verwechselt haben‹.«
    »Das ist ja schlimm«, sagte ich trocken. »Wir können von Glück sagen, wenn sie diesen Monat überlebt.«
    »Spotte du nur«, sagte er verletzt. »Aber es kommt noch besser.«
    »Immer raus mit der Sprache.«
    »Sie hat was Komisches mit ihren Haaren gemacht.«
    »Bei ihr kann jedwede Änderung nur eine Verbesserung bedeuten.«
    »Nein, es ist wirklich komisch. Sie hat den Kopf voll blonder Locken und sieht überhaupt nicht mehr aus wie Mammy.«
    »Ah! Das paßt zusammen«, sagte ich bedeutungsvoll. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Peter. Ich weiß genau, was los ist.«
    »Ja und was?«
    »Sie hat ’nen Freund, Dummkopf.«
    Der arme Peter regte sich entsetzlich auf. Er hatte unsere Mutter wohl für so eine Art Jungfrau Maria gehalten, nur keuscher und heiliger. Aber zumindest bin ich ihn losgeworden. Hoffentlich würde er mich mit weiteren lächerlichen Anrufen verschonen. Ich hatte weiß Gott genug ernsthafte Sorgen.

44
    A n jenem Samstag wurde bei Megan eine Party gefeiert. Sie teilte sich das Haus, in dem es drei Schlafzimmer gab, mit achtundzwanzig weiteren Australiern. Da es lauter Schichtarbeiter waren, standen für Schlafbedürftige immer genug Betten zur Verfügung. Sie wurden einfach vierundzwanzig Stunden am Tag abwechselnd genutzt.
    Soweit ich wußte, teilte sich Megan die Schlafstatt mit einem Dachdecker namens Donnie und einem Nachtportier, einem gewissen Shane, denen sie nie begegnete. Jedenfalls tat sie so, als hätte sie keinen von beiden je gesehen.
    Sie sagte, zu der Party würden Tausende von alleinstehenden Männern kommen (am Donnerstag hatte ich meinen Arbeitskolleginnen beschämt Gus’ Verschwinden gebeichtet).
    Am Samstag fühlte ich mich elend. Ohne Gus – und mit Mrs. Nolans Voraussage meiner unmittelbar bevorstehenden Heirat – war mein Leben so nichtig. Da gab es nichts, was mich über mich selbst hinausgehoben hätte, keine Extras, keine besonderen menschlichen Leistungen, keine rosige Zukunft, keinen prickelnden Zauber. Allein auf mich gestellt, war ich farblos, langweilig, erdverhaftet und schmucklos wie die Kleidung der Amish. Sogar ich selbst hatte jedes Interesse an mir verloren.
    Ich wollte nicht auf die Party gehen, weil ich es viel zu sehr genoß, mir selbst leid zu tun, aber ich mußte hin, weil ich mich dort mit Jed verabredet hatte. Ich konnte ihn nicht gut versetzen, denn er würde niemanden sonst dort kennen.
    Meredia ging nicht hin (sie hatte sich anderweitig verabredet), aber das war auch ganz gut so, denn das Haus war nicht besonders geräumig.
    Natürlich würde Megan da sein, würde aber als Gastgeberin alle Hände voll damit zu tun haben, Streitigkeiten zu schlichten und Trinkwettbewerbe zu organisieren, so daß sie sich nicht auch noch um Jed kümmern konnte.
    Wir trafen uns am U-Bahnhof Earls Court, der weit treffender Little Sydney hieße.
    Es ist nichts dagegen einzuwenden, daß man nach Feierabend mit Arbeitskollegen einen Schluck trinken geht, aber gewöhnlich sorge ich dafür, daß sich das nicht bis in mein Wochenende hineinzieht. Mit Jed aber war das etwas anderes – er war einfach großartig, außergewöhnlich. Bis zum Ende seiner ersten Arbeitswoche war er für Mr. Simmonds auf den Spitznamen »Homer Simpson« verfallen, einmal zu spät gekommen, hatte zweimal vom Büro aus privat in Madrid angerufen und vorgeführt, wie er sich einen riesigen runden Schokoladenkeks in den Mund zwängte. Er war viel lustiger, als es Hetty je gewesen war. Ich schätze, Ivor kam sich von

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