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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Jed ebenso verraten und verkauft vor wie damals von ihr.
    Wie Megan gesagt hatte, gab es bei der Party lauter Männer – gigantische, betrunkene, lärmende Antipoden. Unter ihnen kam ich mir vor wie in einem Wald. Jed und ich wurden bei unserer Ankunft voneinander getrennt, und ich habe ihn den ganzen Abend nicht mehr gesehen. Er war einfach zu klein.
    Die Riesen trugen Namen wie Kevin O’Leary und Kevin McAllister und erzählten einander lautstark und mit betrunkener Stimme, wie sie betrunken Wildwasser-Fahrten auf dem Sambia unternommen, bei Johannesburg betrunken Sky-Diving oder von irgendwelchen Azteken-Ruinen in Mexiko-Stadt herunter betrunken Bungee-Sprünge gemacht hatten.
    All diese Männer waren mir äußerst fremd, sie waren völlig anders als alle, die ich kannte. Sie waren für meinen Geschmack zu schwerfällig, zu sonnengegerbt, zu berauscht.
    Aber schlimmer als alles andere waren ihre sonderbaren Hosen – zwar bestanden die aus blauem Jeansstoff, doch endete da bereits jede Ähnlichkeit (es sind Jeans, Jim, aber sie sind nicht so wie die, die wir kennen). Markennamen waren nicht erkennbar, und ich vermute, daß Jed als einziger Mann im Hause seine Hose mit Knöpfen schloß, bei allen anderen waren es Reißverschlüsse. Einer trug einen Papagei auf die Gesäßtasche aufgestickt, ein anderer hatte Nähte vorn auf den Hosenbeinen, die wie eine Art eingebaute Bügelfalte von oben nach unten liefen. Bei wieder einem anderen prangten seitlich Taschen über die ganze Beinlänge, während die Hose eines vierten aus lauter winzigen Jeansstoff-Quadraten zusammengesetzt war. Es war schauerlich. Einige trugen sogar stone-washed Jeans. Ihnen schien alles völlig einerlei zu sein.
    Bis dahin hatte ich angenommen, es sei unwichtig, wie sich ein Mann kleidete, und es spiele keine Rolle, wenn er einfach irgend etwas anzog, aber an jenem Abend merkte ich, daß mir das alles andere als egal war. Zwar gefiel es mir, wenn ein Mann lässig und unbekümmert wirkte, aber es mußte schon eine ganz besondere Art von Lässigkeit und Unbekümmertheit sein.
    Jeder einzelne von ihnen versuchte, mich herumzukriegen. Manche probierten es sogar zwei- oder dreimal. Dabei gingen sie alle nach demselben Schema vor.
    »Hast du Lust auf ’ne Nummer?«
    »Nein danke.«
    »Würde es dir was ausmachen, dich hinzulegen, während ich ’ne Nummer schieb?«
    Oder »Schläfst du auf deinem Bauch?«
    »Nein.«
    »Macht es dir was aus, wenn ich es tu?«
    Nachdem man mich auf diese Weise etwa fünfmal angemacht hatte, sagte ich: »Kevin, frag mich doch mal, wie ich morgens meine Eier am liebsten hab.«
    »Lucy, Schätzchen, wie hast du morgens deine Eier am liebsten?«
    »Unbefruchtet!« brüllte ich. »Und jetzt verpiß dich.« Es war unmöglich, sie zu beleidigen. »Reg dich nicht auf«, sagten sie schulterzuckend. »Man kann’s ja mal probieren.« Dann steuerten sie auf die nächste Frau zu, die ihnen vor die Augen kam und machten ihr auf die gleiche bezaubernde Weise den Hof. Gegen halb zwei hatte ich vier Millionen Dosen Castlemain-Bier getrunken und war nach wie vor stocknüchtern. Ich hatte nicht einen anziehenden Mann gesehen und wußte, daß sich die Dinge nicht bessern würden. Wenn ich noch länger bliebe, würde ich meine Zeit zum Fenster hinauswerfen. Ich beschloß zu gehen, solange es noch nicht zu spät war. Niemand merkte es.
    Ich stand allein auf der Straße, versuchte ein Taxi anzuhalten und fragte mich verzweifelt, ob das alles gewesen war. Konnte ich mehr vom Leben nicht erwarten? War das das Beste, was eine alleinstehende Frau in London kriegen konnte? Wieder war ein Samstagabend ergebnislos verstrichen.
    Als ich heimkam, war es still in unserer Wohnung. Ich war so deprimiert, daß ich flüchtig an Selbstmord dachte, doch brachte ich den dafür nötigen Enthusiasmus nicht auf. Unter Umständen morgen früh, sagte ich mir, vielleicht fühl ich mir eher dazu imstande, wenn ich nicht so deprimiert bin.
    Gus, verdammter Scheißkerl, war mein letzter Gedanke, bevor ich einschlief, an dem ganzen Schlamassel bist einzig und allein du schuld.

45
    E inige Wochen gingen ins Land, ohne daß sich Gus meldete.
    Jeden Morgen meinte ich die Sache überwunden zu haben, und jeden Abend beim Schlafengehen merkte ich, daß ich den ganzen Tag lang kaum zu atmen gewagt hatte, weil ich hoffte, ja, nahezu damit rechnete, von ihm zu hören.
    Ich merkte, daß man mich als Störenfried ansah. Da ich zugelassen hatte, daß mich Gus fallenließ,

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