Lucy Sullivan wird heiraten

war. Aber regst du dich nicht darüber auf?«
    »Warum sollte ich? Ich bin ja nicht mit Gus gegangen.«
    »Nein, aber mit Karen, als ich mit Gus zusammen war. Wenn sie mit ihm geschlafen hat...«
    »Ach so «, sagte er fröhlich, »dann hat sie mich betrogen.«
    »Macht es dir was aus?« fragte ich besorgt.
    »Natürlich nicht. Ob Karen mit ihm geschlafen hat oder nicht, ist mir schnurzegal. Was mich geärgert hat, war, daß du mit ihm geschlafen hast.«
    Wir lagen schweigend da. Der Zauber war gebrochen.
    »Ich werde ausziehen müssen«, sagte ich schließlich.
    »Du kannst hier einziehen«, bot er mir an.
    »Sei nicht albern«, sagte ich. »Wir gehen erst seit dreieinhalb Stunden miteinander. Ist das nicht ein bißchen früh, da schon von Zusammenziehen zu reden?«
    »Zusammenziehen?« Seine Stimme klang entsetzt. »Wer hat was von Zusammenziehen gesagt?«
    »Du.«
    »Kein Wort. Ich hab viel zu viel Angst vor deiner Mutter, als daß ich auf den Gedanken käme, mit ihrer einzigen Tochter in Sünde leben zu wollen.«
    »Wovon redest du dann ?«
    »Ich hab gedacht«, sagte er kläglich, »ob wir, weißt du... äh...«
    »Was?«
    »Ob vielleicht die Möglichkeit bestünde...?«
    »Was für eine Möglichkeit?«
    »Wahrscheinlich findest du, daß ich mir schrecklich viel rausnehme, aber ich liebe dich so sehr und...«
    »Daniel«, forderte ich ihn auf. »Sag mir bitte , wovon du redest.«
    »Du mußt mir auch nicht sofort antworten.«
    »Worauf?« drängte ich ihn.
    »Denk so lange drüber nach, wie du willst.«
    »WORÜBER soll ich nachdenken?« schrie ich.
    »Entschuldige, ich wollte dich nicht ärgern, aber es ist nur so, äh...«
    »Daniel, was willst du mir sagen?«
    Er machte eine Pause, holte tief Luft und stieß hervor: »Lucy Carmel Sullivan, willst du mich heiraten?«

Epilog
    H etty ist nicht wieder ins Büro gekommen. Sie ist von Dick geschieden, hat Roger verlassen, sich von ihren Tweedröcken getrennt, Unmengen an Leggings gekauft, einen Kurs ›Selbsterfahrung für Frauen‹ belegt und lebt jetzt in einer glücklichen Liebesbeziehung mit einer ernsten Schwedin namens Agnetha. Soweit Meredia berichtet, rasiert sich keine von beiden unter den Armen.
    Auch Frank Erskine ist nie wieder im Büro aufgetaucht. Er hat sich für den vorzeitigen Ruhestand entschieden, und sein Weggang hat keinerlei Aufsehen erregt. Es heißt, daß er viel Golf spielt.
    Adrian arbeitet nur noch an Wochenenden in der Videothek, weil er Regie studiert. Ich hoffe, er lernt dabei eine nette junge Frau kennen, die Walt Disney von Quentin Tarantino unterscheiden kann.
    Daniels Ruth, die Frau, mit der er vor Karen ging, war in den Nachrichten, weil man sie bei Sexspielchen mit einem Politiker erwischt hatte.
    Jed ist mit Meredia zusammengezogen, und die beiden scheinen sehr glücklich zu sein. Obwohl er so klein und sie so massig ist, hat er sich zu ihrem Beschützer aufgeworfen und hat reichlich Gelegenheit, sich auf diesem Gebiet hervorzutun.
    Meredia heißt in Wirklichkeit Valerie und ist achtunddreißig. Das habe ich zufällig entdeckt, als ich ins Personalbüro mußte, weil ich einmal zu oft zu spät gekommen war. Ihre Personalakte lag aufgeschlagen auf einer Schublade von Blandinas Aktenschrank und ich konnte nicht umhin, einen Blick darauf zu werfen.
    Ich habe es Megan nicht gesagt. Ich habe es überhaupt niemandem gesagt.
    Charlotte hat nach wie vor keinen Mann gefunden, der sie ernst nimmt, und sie redet davon, sich den Busen operativ verkleinern zu lassen. Sie will sich um einen Studienplatz in Psychologie bewerben, sobald sie das Wort buchstabieren kann.
    Seit Daniel und ich zusammen sind, geht Karen mit Simon. Die beiden sieht man nur im Partner-Look. Sie kaufen massenweise Markenklamotten und gehen in Bars, die erst vor einer Woche eröffnet haben und für Architekturzeitschriften fotografiert werden.
    Dennis hat immer noch nicht den Richtigen gefunden, genießt die Suche aber offenkundig. Es hat ihn sehr mitgenommen, daß Michael Flatley die Truppe von Riverdance verlassen hat, er ist aber inzwischen darüber hinweg.
    Megan ist schwanger. Gus ist der Vater. Es sieht ganz so aus, als hätten sie seit dem Sommer miteinander zu tun gehabt, in dem angeblich ich mit ihm zusammen war. Megan hatte ihm sogar den Abschiedsvortrag geschrieben, den er mir gehalten hat. Obwohl ich Gus seitdem nicht gesehen habe, vermute ich, daß er trotz der bevorstehenden Vaterschaft kein Verantwortungsbewußtsein entwickelt hat. Die arme Megan macht