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Lucy's Song

Lucy's Song

Titel: Lucy's Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjorn Ingvaldsen
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Hause zu gehen. Ich rief ihr zu, sie solle bleiben, aber sie hörte mich nicht. Sie ging einfach immer weiter. Ich wollte, dass sie zurückkommt. Ich glaube, dann bin ich vom Balkon gefallen. Kurz darauf wachte ich davon auf, dass die Tür zu meinem Zimmer geöffnet wurde. Das war die Nachtwache. Ich hatte wohl laut geschrien.
    Als ich wieder eingeschlafen war, befand ich mich immer noch im Krankenhaus. Aber jetzt stand ich draußen, dort, wo die Rettungswagen hereinfahren. Ein Krankenwagen kam mit Sirenengeheul heran, er blieb direkt vor mir stehen. Sie zogen eine blutige Gestalt aus dem Wagen. Das Blut tropfte auf den Boden. Zuerst konnte ich vor lauter Blut nicht sehen, wer es war, doch dann stellte ich fest, dass es die Dame in dem roten Cabrio war. Aus ihren Ohren und ihrem Mund lief Blut. Ich versuchte ihr etwaszuzurufen, fragte sie, ob sie mit ihrem Auto verunglückt sei, ob es kaputt sei. Sie antwortete nicht, also rief ich noch lauter. Da drehte sich einer der Sanitäter zu mir um und sagte, dass die Frau tot sei und das sei meine Schuld. Ich hätte besser auf sie aufpassen sollen, sagte er. Ich versuchte zu erklären, dass ich mit dieser Frau nichts zu tun hatte. Aber niemand hörte auf mich. Ich wollte weglaufen, rutschte aber auf dem Blut aus und kam nicht vom Fleck. Jedes Mal, wenn ich versuchte, etwas zu sagen, schluckte ich jede Menge von ihrem Blut. Menschenblut, als wäre ich ein Kannibale. Oder ein Vampir.
    Als ich aufwachte, zeigte der Wecker fast halb acht. Ich stellte ihn aus, bevor er klingeln konnte, und ging ins Bad. Die Nachtwache war gerade damit fertig, Lucy zurechtzumachen, die benutzte Windel lag noch auf dem Boden. Ich trat sie zur Seite und ging in die Dusche. In der Küche nahm ich mir einen Joghurt und trank ein Glas Milch. Dann ging ich. Niemand rief hinter mir her.
    In der ersten Stunde hatten wir Musik. Die Wände des Musikraums waren aus grauem Beton, die Gardinen ähnelten denen im Krankenhaus. Jemand hatte Plakate mit Popgruppen, die wohl vor zwanzig Jahren berühmt gewesen waren, an die Wand gehängt. Ich krümmte mich auf meinem Stuhl zusammen und achtete nicht besonders auf das Musikstück, das wir uns anhören sollten. Der Lehrer redete über irgendwas, auf das wir bei der Musik achten sollten. Es interessierte mich nicht.
    Plötzlich war ich hellwach. Er spielte einen anderen Song. Den von Lucy. Jetzt passte ich auf.
    »Worauf sollten wir achten?«, fragte ich flüsternd das Mädchen, das vor mir saß.
    »Welche Instrumente spielen«, sagte sie.
    Ich versuchte auf die Instrumente zu achten. Aber es war der Text, den ich hörte.
    »Haben Sie den Text von dem Lied?«, fragte ich den Lehrer, als der Song zu Ende war.
    Er gab mir das Booklet der CD. Ich könne den Text dort abschreiben, sagte er.
    »Gefällt er dir?«
    Ich nickte.
    »Er erinnert mich an etwas.«
    »Mich auch«, stimmte er mir zu. »An etwas mit einer Freundin vor langer Zeit.«
    Einer der Jungen in der Klasse wandte sich mir zu.
    »Hast du etwa Liebeskummer?«
    Alle lachten.
    »Kann schon sein«, antwortete ich.
    Nach der Schule ging ich nach Hause und suchte mir etwas zu essen. Die Wohnung war leer. Bevor Lucy mit ihrer Schule fertig war, kam niemand. Sie wurde immer kurz vor vier nach Hause gebracht. Ich aß die Reste von dem Essen, das die Tante am Tag zuvor gekocht hatte. Dann holte ich mein Fahrrad und fuhr zum Krankenhaus.
    Kurz vor der Einfahrt gibt es eine Fußgängerunterführung. Normalerweise fahre ich durch sie hindurch. Aber an dem Tag war nur wenig Verkehr. Ich hatte Schwung, von der Fahrt den Berg hinunter, und dachte, ich könnte auch einfach auf der Straße bleiben und den Kreisverkehr nehmen. Das war der kürzere Weg und ich musste nicht so viel bremsen. Ich schaute nach hinten, um zu kontrollieren, dass kein Auto hinter mir kam. Dann bog ich auf die richtige Spur ein.
    Ich musste kurz bremsen, um nicht dem Auto reinzufahren, das von links kam. Dann trat ich auf dem Kreisverkehr in die Pedale. In dem Moment kam ein Lieferwagen von rechts. Der muss warten, dachte ich. Aber das interessierte den Fahrer des Lieferwagens offenbar nicht. Er sprach in sein Handy und fuhr ohne zu zögern auf den Kreis, ohne mich zu beachten. Ich musste auf das Gras in der Mitte ausweichen, um nicht überfahren zu werden.
    »Idiot!«, rief ich und schlug gegen die Wagenseite. Aber ich traf nicht. »Verdammter Idiot!«
    Die vier Autos, die nach dem Lieferwagen kamen, verstanden offenbar nicht, was ich da auf der

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