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Lucy's Song

Lucy's Song

Titel: Lucy's Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjorn Ingvaldsen
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s war auf einer Lichtung. Auf der Lichtung, die immer das Ziel unserer Spaziergänge war. Von Mama, Lucy und mir. Aber jetzt waren noch andere Leute dort. Ich weiß nicht, wer. Und ein Auto. Ein blaues Auto. Die Türen standen auf einer Seite offen. Das Wetter war schön. Die Sonne schien. Auf der Erde lagen Decken. Aus dem Wagen ertönte Musik. Ich saß auf einer der Decken. Gleich neben mir stand ein Grill. Ich konnte die Würstchen riechen. Mein Lieblingsessen. Jemand lief auf der Lichtung hin und her. Sicher irgendwelche größeren Kinder. Ich glaube nicht, dass sie zu uns gehörten. Jemand gab mir ein Würstchen in die Hand. Ein Würstchen in einem Stück Brot. Der Ketchup tropfte auf meine Kleidung. Ich wusste, das machte nichts, denn Mama sah mich lächelnd an. Sicher sangen die Vögel. Die Musik war ziemlich laut. Lucy saß auf der gleichen Decke neben mir. Sie streckte die Hände nach etwas aus. Ich weiß nicht, was das war. Vielleicht ein Ball. Oder eine Blume. Einige der Erwachsenen lachten laut. Riefen etwas. Jemand drehte die Musik aus, suchte einen anderen Sender. Wieder erklang Musik. Mama stutzte, sagte etwas, dann lachte auch sie. Und dann tanzte sie über das Gras der Lichtung. Sie tanzte zu dem Song. Da war dieser Song. Der Song, den sie so gern sang. Lucy’s Song.
    Ich sah das Radio über dem Bett an. Mama hatte es vor ein paar Jahren für die Küche gekauft. Jetzt hatte sie es mit ins Krankenhaus genommen. Das war eine nette Gesellschaft, sagte sie. Wenn es ihr zu schlecht ging, um zu reden oder zu lesen, dann war es schön, das Radio einzuschalten. Ein wenig Musik und etwas Unterhaltung. Und Nachrichten. Sie wollte wissen, was passierte.
    Der Song war zu Ende. Die Ansagerin im Radio erklärte, was wir gehört hatten. »The ballad of Lucy Jordan«. Lucy’s Song.
    Ich schaute Mama an. Sie sah immer so klein aus, wenn sie in diesem Bett lag. In so einem Krankenhausbett, das in alle möglichen Richtungen gedreht, gehoben und gesenkt werden konnte. Mit einem großen Kopfkissen und einer dicken Bettdecke. Sie verschwand fast darin. Und obwohl ich leise ihren Atem hören konnte, bewegte sich die Bettdecke nicht.
    Ich stand auf und drehte das Radio leiser. Es gab Sportnachrichten. Mama interessierte sich nicht für Sport. Die Tür hinter mir ging auf, jemand schaute ins Zimmer, war aber schon wieder verschwunden, bevor ich sehen konnte, wer es war. Nur Mama und ich waren im Raum. Mama und ich und Mamas Atemzüge.
    Ich nahm das Comicbuch hoch, in dem ich gelesen hatte, und blätterte die Seiten durch, die ich schon gelesen hatte. Es war ziemlich langweilig. Meine Tante hatte mir ein paar Bücher gegeben und gesagt, ich würde die Comichefte zu schnell durchlesen. Da sei es besser, wenn ich gleich ein ganzes Comicbuch hätte. Stimmt wohl, dachte ich, ist sicher besser, wenn es ein gutes Buch wäre. Das war dieses hier nicht. Langweilige Zeichnungen und eine Geschichte, von der ich nicht viel verstand. Irgendetwas in der Zukunft.
    Ich war wohl eingeschlafen. Das Buch fiel mir aus der Hand und rutschte auf den Boden. Es gab einen lauten Knall. Ich beugte mich hinunter, um es aufzuheben. Mama drehte sich zu mir. Sie lächelte.
    »Sitzt du immer noch hier?«, fragte sie.
    »Ich wollte warten, bis du aufgewacht bist«, erwiderte ich.
    »Das ist lieb.«
    »Sie haben gerade das Lied gespielt. Im Radio. Das Lied über Lucy. Das du immer gesungen hast.«
    »Die Ballade von Lucy Jordan«, sagte Mama. »Ein trauriges Lied.«
    »Findest du, dass es so traurig ist?«
    »Es handelt von einer Frau, die nur zu Hause ist und sich langweilt. Ihr Mann arbeitet und die Kinder sind in der Schule. Sie hat nichts anderes zu tun, als sich um die Blumen zu kümmern. Sie denkt daran, dass sie inzwischen siebenunddreißig Jahre alt ist und niemals mehr erleben wird, in einem Cabrio durch Paris zu fahren, während ihr der warme Wind durch die Haare weht.«
    »Traurig«, sagte ich.
    »Und dann klettert sie aufs Hausdach und schreit, bis ein Krankenwagen kommt und sie abholt.«
    »Warum hast du das Lucy immer vorgesungen?«
    »Weil es ein schönes Lied ist. Und weil Lucy Lucy heißt. Einfach deshalb.«
    »Aber Lucy ist doch nach unserer Urgroßmutter benannt, oder?«
    »Nach meiner Urgroßmutter. Sie war Dänin. Deine und Lucys Ururgroßmutter.«
    »Jedenfalls haben sie das gerade im Radio gespielt.«
    »Weißt du«, sagte Mama, »ich glaube, das habe ich auch gehört.Während ich geschlafen habe. Auf jeden Fall habe ich gerade

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