Lübeck
Travemünde nicht mehr als
drei Straßen und 1.000 Einwohner – bis in die Gegenwart mit seinen etwa
300.000 touristischen Übernachtungen jährlich werden Themen wie Bademoden und
Strandleben, Schifffahrt und Werften, Fischerei und Handel, Gesellschaft und
Tourismus, Hotelleben und Casino sowie Luftfahrt und Verkehr erlebbar gemacht.
Hörstationen, diverse Schubladen und Gucklöcher sowie sehr gute Filme lassen
ein differenziertes Bild entstehen. (Klappstühle, um den Filmen entspannt
folgen zu können, gibt es neben dem Strandkorb!) Private Filmaufnahmen zur
Grenzöffnung am 3. Februar 1990 oder hochinteressante Impressionen zur
Schlichting-Werft und zum Bootsbau tragen zur Vertiefung bei. Und wer mag, darf
in jenem Strandkorb den Geschichten des Travemünder Originals Otto Timmermann
lauschen. Ob man freilich der Travemünder Liedertafel, dem zwar ältesten und
gesellschaftlich relevanten Gesangsverein, unbedingt eine ganze Wand hätte
einräumen müssen, sei dahingestellt …
Seebadmuseum Travemünde ,Torstr. 1, gegenüber von
Kirche und Marktplatz, Tel. 9998094, www.heimatverein-travemuende.de.
März–Dez. Di–So 11–18 Uhr. Eintritt 5 €, erm. 2,50–4 €, Kinder
bis 14 J. in Begleitung Erwachsener frei, Führungen (1–20 Pers.) 20 €
pro Std. plus Eintritt pro Pers. Die Führungen finden auch außerhalb der
Öffnungszeiten statt, sollten jedoch unter Tel. 880146 (Siegfried Austel)
zwei Tage vorher angemeldet werden.
St. Lorenz zu Travemünde
An den unterschiedlichen Steinen des Hauptportals erkennt man schön, dass
das Gotteshaus zum heiligen Laurentius verschiedene Stilepochen durchlebt hat.
Das erste romanische Kirchlein stammte aus dem 13. Jh. und wurde während
einer lübeckisch-holsteinischen Fehde im Jahr 1534 ein Opfer der Flammen. Von
dieser ersten Kirche ist nur noch der untere Teil des Chores bis in ca. 2 m
Höhe erhalten. Der nachgotische Neubau von 1558 gibt St. Lorenz seine jetzige
Gestalt. Der Turm mit seinem achteckigen Obergeschoss und dem spitzen Helm kam
1605–21 dazu und gehört zum Frühbarock. Danach ging es mit dem Gotteshaus
steil bergab. Der strategisch wichtige Fischerort Travemünde, der immer wieder
angegriffen, gebrandschatzt, geplündert und – zu allem Überfluss – auch
noch vom Meer überschwemmt wurde, verarmte zusehends, was nicht zuletzt die
Geistlichkeit spüren musste. Noch 1837, als das Seebad bereits florierte,
berichtete ein anonymer Zeitzeuge: „Wen der Weg über den von Wohnhäusern
begränzten Kirchhof führt, der hat täglich und stündlich Gelegenheit, die
Gebeine seiner Ahnen, Verwandten oder Bekannten aus den schlecht verwahrten
Gräbern hervorragen zu sehen.“ Keine Bange, im 21. Jh. geht es gesittet und
sehr hygienisch zu; nicht einmal „des Vogtes Ziegen weiden auf dem
Kirchhof“ (1777). 1903 kam die Kirche schließlich zu großen Ehren, als sie
der schon bekannte Edvard Munch während einer seiner nervlich bedingten
Kuraufenthalte in Travemünde zeichnete. Das Gemälde des Expressionisten
hängt im Museum Behnhaus Drägerhaus (→ Spaziergang 3).
Auch im Winter bleibt sich Travemünde treu
Im Inneren der schlichten Kirche beeindruckt die bemalte, frühbarocke
Balkendecke (1602); sie wurde erst 1990 während einer Renovierung entdeckt.
Ornamentale Wandmalereien (z. B. am Chorfenster rechts) zogen sich
ursprünglich durch den ganzen Raum. Bedeutend sind außerdem ein Triumphkreuz
aus dem 15. Jh., der barocke Altar (1723) von Hieronymus Jakob Hassenberg und
die barocke Kanzel (1735). Da das Geld wieder einmal sehr knapp war, ist der
Altar aus Holz; lediglich die Figuren und Verzierungen leistete man sich in
Marmor. Hassenberg hat auch den Barockaltar in St. Jakobi kreiert (→
Spaziergang 4).
Im Kirchenraum sind einige Epitaphe aus Renaissance, Barock, Rokoko und
Klassizismus mit religiösen Motiven oder frommen Darstellungen der Stifter
aufgehängt. Das zweitälteste und interessanteste Epitaph befindet sich links
neben der Kanzel. Es zeigt u. a. das Stifterpaar und dessen 15 Kinder, von
denen einige schon verstorben waren. Kleine Kreuze, die über drei Säuglingen
prangen, weisen auf diesen Umstand hin. Die Orgel ist ein Nachbau aus den
1990er-Jahren, der sich am originalen Barockprospekt orientiert. Am
Holzgestühl von 1935 sind Travemünder Hausmarken – mit Wappen vergleichbare
Familienzeichen – angebracht. Das älteste Exponat der Kirche ist das
spätromanische Fragment eines Taufsteins, links in der
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