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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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Kriminellen einzulassen, das Wohlergehen des unschuldigen Jungen zu gefährden, zu dessen Schutz er sie eingestellt und großzügig entlohnt habe?
    Immer wieder sagte Mister Stanley: »Sie haben einen Kriminellen in mein Haus gebracht!«
    Am schlimmsten war, dass Lula es von seinem Standpunkt aus sehen konnte. Sie war naiv und rücksichtslos gewesen. Sie hätte die drei Männer nie ins Haus lassen sollen. Das hätte sie Mister Stanley gern gesagt, aber ein weiterer Nachteil gewohnheitsmäßigen Lügens bestand darin, dass niemand einem glaubte, wenn man zur Wahrheit überging.
    Offensichtlich war die Angelegenheit zu ernst für ein Küchengespräch, was eine Schwachstelle in Mister Stanleys Denkweise bloßlegte. Nichts war zu wichtig für die Küche. Ihre Großmutter war an ihrem Herd gestorben. Aber heute Abend hatte Mister Stanley sie in die Bibliothek ohne Bücher beordert, das Büro ohne Arbeit, den feuchtkalten Audienzraum, in dem sie nicht mehr gewesen war, seit er sie eingestellt und ihr hier die Regeln erklärt hatte. Zu Hause zu sein, wenn Zeke von der Schule kam, kein Trinken oder Rauchen, nicht weiter zu fahren als bis zum Good Earth Market, Zeke dazu zu bringen, Gemüse zu essen, und so weiter. Lula hatte jede dieser Regeln gebrochen, bis auf die gegen das Rauchen, die Zeke selbst gebrochen hatte. Und die Regel, ihn nicht weiter fahren zu lassen als bis zum Markt, die sich immer noch brechen ließ. Mister Stanley hatte nie daran gedacht, eine Regel gegen das Fahren von Alvos Lexus aufzustellen.
    Die Bibliothek roch nach alten Menschen, alten Kleidern in alten Schränken. Sie war das Büro des Rektors, in das die ungezogenen Kinder geschickt wurden. Amerikaner mit ihren großen Häusern hatten spezielle Räume für spezielle Anlässe. Wenn ihr Vater mit ihr reden wollte (was er nie getan hatte), hätte er sie mit zum Schießplatz an ihrer Lieblingsmüllhalde genommen. Wie sie ihren Papa vermisste! Niemand war da, um sie gegen Mister Stanleys Vorwürfe zu verteidigen. Und wenn sie nun gerechtfertigt waren? Lula war auch bloß ein Mensch. Menschen machten Fehler. Sie hatte niemandem schaden wollen. Sie war nur unfähig gewesen, der Verlockung riskanter Unterhaltung zu widerstehen.
    Lula sah zu, wie Mister Stanley schimpfend im Zimmer auf und ab stapfte. Wenn er doch nur die Klappe halten und zuhören wollte, ließe sich so vieles erklären. Alvo und seine Freunde hätten sie praktisch überfallen, ihr praktisch eine Waffe an den Kopf gehalten und sie dazu gezwungen, Don um Hilfe zu bitten. Oder sie könnte gestehen. Die Waffe habe Alvo gehört. Lula habe gelogen, als sie sagte, sie gehöre Ginger. Sie hätte Angst gehabt, dass sonst die Polizei ins Spiel gekommen wäre und es Schwierigkeiten mit der Einwanderungsbehörde gegeben hätte. Aber Alvo sei kein Mörder. Zeke sei nie in Gefahr gewesen. Ginger sei die Gefahr gewesen, wie sie hier durchs Haus geschlichen sei. Und Lula sei so nachsichtig gewesen, nachdem Mister Stanleys Frau sie mit dem Messer bedroht hatte. Wie könne Mister Stanley Lulas liebevolle Beziehung zu Zeke auf billigen Materialismus eines Dienstes herabwürdigen, für den er sie bezahlt habe? Hatte er ihr etwa zusätzlich etwas dafür bezahlt, heiße Schokolade für Zeke zu machen? Sie möge Zeke gern, sie sei nett zu ihm gewesen. Zeke sei ein hoffnungsloser Fall gewesen, bevor Lula kam.
    Und nachdem Lula schon dabei wäre, das Unrecht aufzuzählen, das ihr angetan worden war, wie hatte Don sie an Mister Stanley verraten können? Was war mit dem Anwaltsgeheimnis? Dachte Don, Lula sähe nie fern? Stand Lula nicht dieses juristische oder grundsätzliche Menschenrecht zu, wenn auch noch nicht als Staatsbürgerin, dann doch als menschliches Wesen? Vermutlich ergaben sich dadurch gute Gründe für eine Klage, sobald sie über eine Greencard und einen beträchtlichen amerikanischen Treuhandfonds verfügte.
    Lula hätte die Vorwürfe ihres Chefs als schlimmer empfunden, wenn sie nicht davon abgelenkt worden wäre, wie der Zorn einen völlig neuen Mister Stanley erschaffen oder auch nur von der Leine gelassen hatte. Violett statt pilzweiß, wütend statt entschuldigend, schien er an körperlicher Statur gewonnen zu haben. Hatte er mit Ginger auch so viel Platz eingenommen? Erschreckend, wie lange man mit jemandem leben und nichts über ihn wissen konnte. Wer hätte denn gedacht, dass sich Mister Stanley in ein Dschungeltier verwandeln würde, wild geworden durch den animalischen Instinkt, seinen

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