Luegen auf Albanisch
Und er hat die Verbrechen begangen.«
Lula sagte: »Ich weiß nicht, was er getan hat. Und wenn er nun was geklaut hat? Jeder klaut. Im Vergleich zu den Verbrechen, mit denen Sie zu tun haben, was zählt da Diebstahl? In der Grundschule haben wir gelernt, dass Besitz Diebstahl ist, und dann haben sie aufgehört, uns das beizubringen, haben gesagt, das sei zu rechtslastig. Als ich auf die Uni ging, war Besitz gut, je mehr Besitz, desto besser, vorzugsweise Immobilien. Keinen Besitz zu haben, war Diebstahl, oder es gab dir wenigstens einen Grund zum Klauen. Jemand hat eine Kasse ausgeraubt? Na gut. Niemand wurde verletzt! Der Hund hat sich erholt! Soll mein Vetter zurückzahlen, was er gestohlen hat. Dafür werde ich schon sorgen. Warum ihm fünfzehn Jahre seines Lebens nehmen? Es wird sein ganzes Leben sein. Was ist das für eine Gerechtigkeit? Supermarktbesitzer-Gerechtigkeit. Sind Sie nicht derjenige, der dauernd von den großen und den kleinen Lügen redet? Ihr Amerikaner und eure Freiheit, Reden über die Wahrheit zu schwingen. Ihr wisst überhaupt nicht, wie frei ihr seid. In einem anderen Land könnten Sie mir an den Karren pinkeln, und ich könnte Sie anzeigen, oder ich könnte Sie anzeigen, weil ich Ihren Grundbesitz wollte, und man würde Sie ins Arbeitslager schicken, und das wär’s dann.«
Don sagte: »Sind Sie fertig, Lula?«
Lula zuckte die Schultern.
Don schaute auf die Uhr. »Es tut mir leid wegen Ihres Freundes. Aber ich habe schon genug am Hals. Ich könnte zwanzig Jahre lang nonstop Habeas-Corpus-Fälle bearbeiten, bis ich zu einem Einbruchsfall komme. Außer es wäre vielleicht Watergate. Aber schauen Sie, Lula, ich habe Sie immer gemocht. Und Sie haben für Stans Jungen Wunder bewirkt. Der arme Kerl war ein hoffnungsloser Fall, bevor Sie kamen. Zumindest behauptet Stan das. Und ich zweifle nicht an dem, was er sagt. Sie sind talentiert, intelligent, Sie sind eine Kämpferin. Das Land braucht Menschen wie Sie. Wir vergessen die ganze Sache einfach. Jeder macht Fehler. Wir vergessen es, reden nie wieder darüber und arbeiten an Ihrem rechtlichen Status. Dann können Sie Gerichtsdolmetscherin werden oder Anwältin oder was auch immer, und wenn Ihr Freund das nächste Mal einen Laden ausraubt, können Sie ihn selber verteidigen.«
Lula sagte: »Das lässt sich nicht so einfach vergessen.«
»Sie sind jung«, sagte Don. »Sie werden staunen, was man in zwanzig Jahren alles vergessen kann. Ich beende diese angenehme Unterhaltung nur ungern. Aber Ihre fünf Minuten sind um. Ich rufe Sie an, wenn ich etwas über Ihre Greencard höre. Das wird noch eine Weile dauern. Haben Sie Geduld. Grüßen Sie Stan und Zeke von mir.«
Lula wollte ihn bitte, Mister Stanley nichts davon zu erzählen. Aber darum konnte sie nicht bitten, und außerdem würde er es Mister Stanley sowieso erzählen. Die ganze Geschichte würde rauskommen. Mister Stanley würde wütend sein, und dieser Teil ihres Lebens wäre vorbei. Ein weiterer Beweis (als ob sie den bräuchte), wie sich die geheimen Wünsche nach Veränderung ins Gegenteil verkehren und einen in den Hintern beißen konnten. Sie schüttelte Dons Hand und dankte ihm, und obwohl sie ihm versicherte, sie könne allein hinausfinden, übergab er sie wieder in die Obhut desselben sauber geschrubbten Jungen.
Erst im Fahrstuhl fiel ihr ein, dass Genti auf sie wartete. Der SUV schlitterte über die Straße, und sie kletterte auf den Beifahrersitz.
»Was hat dein Typ gesagt?«, fragte Genti.
»Er sagt, er würde tun, was er könnte«, sagte Lula.
»Gute Arbeit! Soll ich dich morgen abholen? Wir können zusammen ins Gericht gehen.«
»Ich habe unterwegs noch was zu erledigen«, log Lula. »Wir treffen uns dort.«
»Dann sehen wir uns vor Gericht, ha, ha«, sagte Genti.
»Sehr witzig«, sagte Lula.
Am Abend wartete sie darauf, dass Mister Stanley den Anruf von Don erwähnte. Aber das Thema kam nicht zur Sprache. Wie geht es Zeke? Hat er seine Hausaufgaben gemacht? Hatte Don nicht gesagt, sie beide könnten es einfach vergessen? Vielleicht bestand doch noch die Chance, dass alles gut ausging.
Am nächsten Morgen kam Lula ziemlich schnell durch die Sicherheitsschleuse und eilte zum Gerichtssaal, in dem zwei ältliche philippinische Herren einander anbrüllten, während der Richter ihre Anwälte anbrüllte, sie sollten ihre Mandanten dazu bringen, mit dem Brüllen aufzuhören. Was war mit Alvo passiert? Trotz allem, was Genti gesagt hatte, wäre Lula nie auf die Idee
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