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Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Titel: Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Bosbach , Jens Jürgen Korff
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müssten.
    Malthus hatte diese Trends in der Vergangenheit beobachtet und unbegrenzt in die Zukunft fortgeschrieben. Dabei hatte er unter anderem nicht berücksichtigt (und auf Basis des damaligen Wissens auch gar nicht berücksichtigen können), dass die Menschheit wirksame Mittel der Geburtenkontrolle erfinden würde, um das Bevölkerungswachstum zu dämpfen. Sie fand auch Mittel und Wege, die Produktivität ihrer Nahrungsmittel- und Industrieproduktion so weit zu steigern, dass sie mit der wachsenden Bevölkerung Schritt halten können; und das haben Kritiker wie William Godwin schon zu Lebzeiten des Pessimisten angemerkt. Dennoch griffen rund 60 Jahre später auch Karl Marx und Friedrich Engels in ihrer Verelendungstheorie auf die »malthusianische« Vorstellung zurück, dass das Proletariat in den kapitalistischen Industrieländern unweigerlich immer weiter anwachsen und dabei immer ärmer werden müsse, bis es dieser Entwicklung mit einer Revolution ein Ende machen werde. 2 Allerdings machten sie kein Naturgesetz für die Verelendung verantwortlich, sondern die kapitalistische Wirtschaftsordnung, also ein von Menschen geschaffenes und von Menschen veränderbares System.
    1972 veröffentlichte der Club of Rome seinen Bericht »Die Grenzen des Wachstums«, der, zumindest oberflächlich betrachtet, Ähnlichkeiten mit der Prognose von Malthus hat. Den Autoren Donella und Dennis L. Meadows und ihrem Team ging es darum zu zeigen, dass ein exponentielles Wachstum der Industrieproduktion zusammen mit dem Bevölkerungswachstum unweigerlich eines Tages seine eigenen Grundlagen zerstören müsse, weil die Ressourcen der Erde begrenzt sind. Kritiker warfen den Autoren vor, sie hätten wie seinerzeit Malthus willkürlich ein exponentielles Wachstum mit einer linearen Entwicklung kombiniert – nämlich eine bloß lineare Weiterentwicklung der Ressourcen-Effizienz der Technologien angenommen. Das trifft allerdings nur für die Teile des Berichts zu, die seinerzeit die öffentliche Diskussion beherrschten. Im Kleingedruckten ihrer Studie sind die Autoren durchaus klüger als Malthus vorgegangen und haben einige sehr unterschiedliche Szenarien durchgerechnet, darunter auch eines, bei dem die Menschheit es durch technologischen Fortschritt im Recycling schafft, ihren Rohstoffverbrauch sogar auf null zu reduzieren. 3 Doch auch in diesem Fall würde, so die Modellrechnung, ein unbeschränktes Wirtschaftswachstum noch vor dem Jahr 2100 zum Zusammenbruch der natürlichen Grundlagen des Fortschritts führen.
    Auch diese Prognosen kollidieren mit dem anfangs erwähnten Grundsatz, dass wir Menschen unsere fernere Zukunft so gut wie gar nicht voraussehen können, was ein bekannter Kalauer auf die Formel bringt: »Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.« Immerhin hat der Bericht des Club of Rome bei allen Schwächen, die er aufweist, eine – vielleicht die einzige – prinzipielle Möglichkeit aufgezeigt, wie man doch etwas über die fernere Zukunft sagen
kann: Indem man eine Reihe sehr unterschiedlicher Szenarien – also wahrscheinlicher Entwicklungspfade – entwirft und, jedes für sich, in die Zukunft hinein fortrechnet. So deckt man im Spektrum der Ergebnisse zumindest einen Teil der denkbaren Änderungen im Verlauf der zukünftigen Weltgeschichte ab. Auf dieser Basis kann man dann konkrete Vorschläge machen, um diesen Verlauf positiv zu beeinflussen. Zu diesem Mittel haben 2001 und 2007 auch die im Weltklimarat IPCC versammelten Klimaforscher gegriffen, als sie versuchten, die zu erwartenden Folgen einer Erderwärmung zu skizzieren. Ihre Prognosen haben übrigens den Hauptzweck, sich gewissermaßen selbst zu widerlegen und eben nicht die zukünftige Wirklichkeit zu beschreiben. Sie zeigen der Menschheit Handlungs- und Steuerungsoptionen auf, mit denen sie die »prognostizierten« Katastrophen abwenden kann. 4
    Problematisch bleiben solche Prognosen trotzdem aus drei Gründen:
Auch eine Arbeit mit vielen Szenarien kann keine Wendungen und Strukturbrüche berücksichtigen, die sich heute noch nicht abzeichnen.
Es ist kaum möglich, die zukünftigen Wechselwirkungen verschiedener Trends einzuschätzen, also die Frage, wie manche Entwicklungen in Zukunft einander verstärken oder schwächen werden.
Die Öffentlichkeit neigt dazu, komplizierte Erwägungen in solchen Prognosen zu ignorieren und sich auf ein möglichst spektakuläres Untergangsszenario zu konzentrieren. Vielleicht lieben viele Menschen

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