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Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Titel: Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Bosbach , Jens Jürgen Korff
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Beck-Bornholdt und Hans-Hermann Dubben erläutern
in ihrem Buch als Beispiel eine medizinische Studie , die zu einem sogenannten Lipidsenker durchgeführt wurde. 8 Dabei kam vordergründig heraus, dass die über fünf Jahre hinweg verfolgte Sterblichkeit der Patienten von 20 auf 15 Prozent sank, wenn sie regelmäßig das kostspielige Medikament einnahmen. Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass der gleiche Effekt auch bei regelmäßiger Einnahme eines Placebos eintrat, und dass die Sterblichkeit stieg, wenn die Patienten das Medikament oder das Placebo unregelmäßig einnahmen. Der Grund dafür ist vermutlich: Patienten, die ein Medikament oder Placebo regelmäßig einnehmen, sind ohnehin wegen ihres Allgemeinzustands gesünder als solche Patienten, die ein Medikament nur unregelmäßig einnehmen, und wahrscheinlich auch gesünder als der Durchschnitt der Patienten. Wer zum Beispiel schon im Sterben liegt, an Demenz oder einer anderen schweren Krankheit leidet, wird eher zu denen gehören, die das Medikament nur unregelmäßig oder gar nicht mehr einnehmen. Und wenn die Krankheit trotz des Medikaments schlimmer wird, vielleicht auch noch Nebenwirkungen auftauchen – wer quält sich dann zur regelmäßigen Einnahme? Wenn solche Leute eher sterben als andere, muss das mit den Eigenschaften des getesteten Medikaments also gar nichts zu tun haben. Bei dem Test ist, wie die Autoren spitz sagen, eigentlich nur herausgekommen, dass Gesunde tatsächlich gesünder sind als Kranke.
    Die Mediziner, die solche Tests durchführen, können sich damit trösten, dass sie sich in bester Gesellschaft befinden: Auch der statistische Beleg für medizinische Volksweisheiten wie »Wer regelmäßig mit seinem Hund Gassi geht, lebt länger« funktioniert dank vorsortierter Stichproben: Wer bereits schwer krank ist, schafft sich in der Regel keinen Hund mehr
an, und wer im Sterben liegt, gibt seinen Hund, wenn auch schweren Herzens, ab. Damit sei nichts gegen die positiven Wirkungen regelmäßigen Spazierengehens gesagt. Aber der Versuch, diese Weisheit statistisch über eine hohe Korrelation zu belegen, taugt wegen der Vorsortierung nichts.
    1
    Darrell Huff: Wie lügt man mit Statistik , a.a.O., S. 10f.
    2
    Walter Krämer: So lügt man mit Statistik , a.a.O., S. 101.
    3
    Darrell Huff: Wie lügt man mit Statistik , a.a.O., S. 9.
    4
    http://bit.ly/absolventen2003
    5
    Eine Kritik von Andreas Thieme (»Ein Erdrutsch bei Stefan Raab«) erschien in: sueddeutsche.de , 27.9.2009.
    6
    In das ermittelte Ergebnis wurde später noch ein Koeffizient eingerechnet, der den Unterschied zwischen Raab-Publikum und Wahlbevölkerung berücksichtigen sollte und auf der Differenz zwischen der 2005er-Prognose und dem damaligen realen Wahlergebnis beruhte. Die so korrigierte Prognose nach Raab bescherte der CDU/ CSU 31,4 Prozent, der Linken 16,8 Prozent, der SPD 16,8 Prozent, der FDP 14,5 Prozent und den Grünen 14,4 Prozent. stern.de , 29.9.2009.
    7
    presseportal.de , 8.3.2010 (»Beam me up, Yahoo!«).
    8
    Hans-Peter Beck-Bornholdt/Hans-Hermann Dubben: Der Hund, der Eier legt , a.a.O., S. 201 ff.

Kapitel 7
Die glatt gebügelte Sonntagsfrage
    »Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, entfielen laut Institut X auf die CDU/CSU ….« Wie oft haben wir das gehört! Und wie oft haben sich die meisten darauf verlassen, dass diese Zahlen so seriös sind wie die Sakkos und Krawatten ihrer abendlichen Verkünder! Auch wir, die Autoren dieses Buches, gehörten lange Zeit dazu. Denn die Antwort auf die Parteienfrage scheint klar und einfach zu sein, die Anzahl der Befragten ist recht hoch, die Meinungsforscher haben darin jahrzehntelange Erfahrung, und die 18-Uhr-Prognosen am Wahltag liegen seit vielen Jahren stets sehr nah am Endergebnis der Wahl.
    Erste Zweifel kamen mir dann doch bereits in den frühen 1980er-Jahren. Kann man wirklich aus einer Stichprobe von 1000 Befragten auf ein halbes Prozent genau zuverlässig ermitteln, wie viel Prozent der damals 44 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland die CDU/CSU, die SPD oder eine andere Partei wählen würden? Um die Antwort vorwegzunehmen: Das kann man nicht. Das hat mit dem sogenannten Lotterieeffekt zu tun und damit, dass die meisten Wählerstichproben eben nicht die Allgemeinheit der Wähler widerspiegeln. Dennoch tun die Meinungsforschungsinstitute meist so, als gäbe es diese Probleme nicht.
    Es war wahrscheinlich Ende 1982: Die Universität Köln war
stolz auf ihre ersten IBM-Rechner mit

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