Luftschlösser
Junggeselle Charles Manning und die Eisprinzessin werden bei einer heißen Knutscherei erwischt. Das finde ich echt witzig. Du kannst froh sein, dass der Informant nicht sein Handy zum Filmen gezückt hat. Ich wäre zu gern dabei, wenn deine Süße es erfährt.”
Die ‘Süße’ hatte es schon erfahren. Trish hatte sie mit der gedruckten Ausgabe der Zeitung begrüßt.
„Stimmt das, was die da schreiben?”
Persephone las den kurzen Artikel, schaute in Trishs dunkle Augen und verzog den Mund. „Wenn es in der Times steht, wird es wohl wahr sein.”
„Ganz ehrlich? Ihr habt euch dort verkrümelt, um miteinander rumzumachen? Respekt!”
„Hör’ bitte auf, dich darüber lustig zu machen. Das ist absolut nicht witzig.” Trotz ihrer Worte musste Persephone selbst kichern. Nun war die Katze aus dem Sack - na und?
Edward bedurfte nur einer kurzen Versicherung, dass Shimuzu und seine Leute nichts von diesem Zwischenfall bemerkt hatten, dann gab auch er sich mit einem Lachen zufrieden. Ihm war klar gewesen, dass die Kinder irgendwann ihre Charade nicht mehr weiterspielen konnten.
***
„Hallo Mom, hallo Dad. Hi, Edward. Tut uns leid, dass wir nicht früher hier sein konnten, aber anscheinend wollen heute alle ins verlängerte Wochenende”, begrüßte Charles seine Eltern und deren Freund.
„Kein Problem, den Grill wollten wir eh’ erst später anwerfen. Bringt erstmal euer Gepäck auf euer Zimmer und macht es euch bequem”, erwiderte Sebastian von der Terrasse her.
Das Wetter war im Laufe der vergangenen Tage so schön geworden, dass sich alle dazu entschlossen hatten, das lange Frühlingswochenende im Ferienhaus der deWinters in den Hamptons zu verbringen. Edward hatte sich gemeinsam mit Patsy und Sebastian abgemüht, das verwaiste Haus wieder bewohnbar zu machen. Nach einigen Arbeitseinsätzen sah alles wieder aus wie in den Jahren, in denen sie praktisch jedes Wochenende dort gewesen waren.
Sebastian hatte darauf bestanden, einen ordentlichen Grill für die Terrasse zu kaufen, um endlich einmal fangfrischen Fisch über den Flammen rösten zu können. Patsy überließ ihm dafür großzügig die Küche, schließlich war sie es gewesen, die ihm das Kochbuch dazu geschenkt hatte.
Edward genoss die Ruhe und den Frieden am Meer. Hier fühlte er sich so wohl und frei wie seit Jahren nicht mehr. Und er fühlte sich Inger nahe. Sie hatte das Meer geliebt. Wenn er jetzt Persephone in ihrem wehenden Sommerkleid betrachtete, sah er immer wieder ihre Mutter vor sich. Inger wäre glücklich, wenn sie sehen könnte, was aus ihrer Kleinen geworden war.
Patricia war glücklich, wenn sie einfach nur auf dem Liegestuhl faulenzen konnte, ohne sich ständig Gedanken darüber zu machen, dass Sebastian den Haushalt auf den Kopf stellte. Stattdessen beobachtete sie lieber Charles und Sephi dabei, wie sie am Strand spazieren gingen oder im Meer badeten. Sie vermutete zwar, dass nicht alles, was die beiden da im Schutz der Fluten anstellten, jugendfrei war, aber das musste man ja niemandem auf die Nase binden.
Persephone liebte die Zeit am Strand, weil endlich alles so war, wie es sein sollte. Sie hatte die Menschen bei sich, die für sie Familie waren und den Menschen, der nicht nur ihr Geliebter, sondern auch ihr Seelenverwandter war.
Charles wiederum liebte die Wochenenden in den Hamptons, weil er vor seinen Eltern und Edward mit offenen Karten spielen konnte. Vor ihnen musste er keinen Hehl aus seiner Liebe für Sephi machen, sich nicht zurückhalten und nicht den scheuen Verehrer spielen. Vor allem aber empfand er dabei unendliche Dankbarkeit für eines:
Der Kreis hatte sich geschlossen.
Mittler zwischen Hirn und Händen
muss das Herz sein !
(aus ‘Metropolis’ von Fritz Lang, 1927; Drehbuch: Thea von Harbou, Fritz Lang)
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