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Lulu

Lulu

Titel: Lulu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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zum Mund erhoben, schreit jäh auf)
    Oh! – Oh! (Eilt zu Alwa.) Ich kann nicht hier bleiben.
    ALWA
    Grauenhaft!
    LULU (ihn bei der Hand nehmend)
    Kommen Sie.
    ALWA
    Wohin?
    LULU
    Ich kann nicht allein sein.
    (Mit Alwa nach links ab.)
    SCHÖN
    (kommt von rechts zurück, ein Schlüsselbund in der Hand; die Hand zeigt Blut; zieht die Tür hinter sich zu, geht zum Schreibtisch, schließt auf und schreibt zwei Billetts).
    ALWA (von links kommend)
    Sie zieht sich um.
    SCHÖN
    Sie ist fort?
    ALWA
    Auf ihr Zimmer. Sie zieht sich um.
    SCHÖN
    (klingelt).
    HENRIETTE
    (tritt ein).
    SCHÖN
    Sie wissen, wo der Doktor Bernstein wohnt.
    HENRIETTE
    Gewiss, Herr Doktor. Gleich nebenan.
    SCHÖN (ihr ein Billett gehend)
    Bringen Sie das hinüber.
    HENRIETTE
    Im Falle, dass der Herr Doktor nicht zu Hause ist?
    SCHÖN
    Er ist zu Hause. (Ihr das andere Billett gebend.) Und das bringen Sie auf die Polizeidirektion. Nehmen Sie eine Droschke.
    HENRIETTE
    (ab).
    SCHÖN
    Ich bin gerichtet.
    ALWA
    Mir erstarrt das Blut.
    SCHÖN (nach rechts)
    Der Narr!
    ALWA
    Es ist ihm wohl ein Licht aufgegangen?
    SCHÖN
    Er hat sich zu viel mit sich selbst beschäftigt.
    LULU
    (auf den Stufen links in Staubmantel und Spitzenhut).
    ALWA
    Wo wollen Sie denn jetzt hin?
    LULU
    Hinaus. Ich sehe es an allen Wänden.
    SCHÖN
    Wo hat er seine Papiere?
    LULU
    Im Schreibtisch.
    SCHÖN (am Schreibtisch)
    Wo?
    LULU
    Rechts unten. (Kniet vor dem Schreibtisch nieder, öffnet eine Schublade und leert die Papiere auf den Boden.) Hier. Es ist nichts zu fürchten. Er hatte keine Geheimnisse.
    SCHÖN
    Jetzt kann ich mich von der Welt zurückziehen.
    LULU (kniend)
    Schreiben Sie ein Feuilleton. Nennen Sie ihn Michel Angelo.
    SCHÖN
    Was hilft das – (nach rechts deutend.) Da liegt meine Verlobung!
    ALWA
    Das ist der Fluch deines Spiels!
    SCHÖN
    Schrei es durch die Straßen!!
    ALWA (auf Lulu deutend)
    Hättest du, als meine Mutter starb, an dem Mädchen gehandelt, wie es recht und billig gewesen wäre.
    SCHÖN (nach rechts)
    Da verblutet meine Verlobung!
    LULU (sich erhebend)
    Ich bleibe nicht länger hier.
    SCHÖN
    In einer Stunde verkauft man die Extrablätter. Ich darf mich nicht auf die Straße wagen.
    LULU
    Was können Sie denn dafür?
    SCHÖN
    Deshalb gerade! Mich steinigt man dafür!
    ALWA
    Du musst verreisen.
    SCHÖN
    Um dem Skandal freies Feld zu lassen!
    LULU (an der Chaiselongue)
    Vor zehn Minuten noch lag er hier.
    SCHÖN
    Das ist der Dank, für das, was ich für ihn getan habe! Wirft mir in einer Sekunde mein ganzes Leben in Trümmer!
    ALWA
    Mäßige dich, bitte!
    LULU (auf der Chaiselongue)
    Wir sind unter uns.
    ALWA
    Und wie!
    SCHÖN (zu Lulu)
    Was willst du der Polizei sagen?
    LULU
    Nichts.
    ALWA
    Er wollte seinem Geschick nichts schuldig bleiben.
    LULU
    Er hatte immer gleich Mordgedanken.
    SCHÖN
    Er hatte, was sich ein Mensch nur erträumen kann!
    LULU
    Er hat es teuer bezahlt.
    ALWA
    Er hatte, was
wir
nicht haben!
    SCHÖN (jäh aufbrausend)
    Ich kenne deine Gründe. Ich habe nicht Ursache, Rücksicht auf dich zu nehmen! Wenn du alles in Bewegung setzst, um keine Geschwister neben dir zu haben, so ist das für mich ein Grund mehr, mir andere Kinder zu erziehen.
    ALWA
    Du bist ein schlechter Menschenkenner.
    LULU
    Geben Sie doch selber ein Extrablatt aus.
    SCHÖN (im Ton der heftigsten Empörung)
    Er hatte kein moralisches Gewissen! (Indem er plötzlich seine Fassung wiedergewinnt.) Paris revolutioniert –?
    ALWA
    Unsere Redakteure sind wie vom Schlag getroffen. Alles stockt.
    SCHÖN
    Das muss mir darüber hinweghelfen! – Wenn nun nur die Polizei käme. Die Minuten sind nicht mit Gold zu bezahlen.
    (Es läutet auf dem Korridor.)
    ALWA
    Da sind sie …
    SCHÖN
    (will zur Tür).
    LULU (aufspringend)
    Warten Sie, Sie haben Blut.
    SCHÖN
    Wo …?
    LULU
    Warten Sie, ich wische es weg. (Besprengt ihr Taschentuch mit Heliotrop und wischt Schön das Blut von der Hand.)
    SCHÖN
    Es ist deines Gatten Blut.
    LULU
    Es lässt keine Flecken.
    SCHÖN
    Ungeheuer!
    LULU
    Sie heiraten mich ja doch.
    (Es läutet auf dem Korridor.)
    LULU
    Nur Geduld, Kinder.
    SCHÖN
    (rechts hinten ab).
    Siebenter Auftritt
    ESCHERICH. DIE VORIGEN .
    ESCHERICH (von Schön hereingeleitet, atemlos)
    Erlauben Sie, dass ich – dass ich mich Ihnen – Ihnen vorstelle …
    SCHÖN
    Sie sind gelaufen?
    ESCHERICH (seine Karte überreichend)
    Von der Polizeidirektion her. Ein Selbstmord, hör’ ich.
    SCHÖN (liest)
    Fritz Escherich, Korrespondent der »Kleinen Neuigkeiten«. – Kommen

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