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Lulu

Lulu

Titel: Lulu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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hin.)
    SCHÖN (der ihm mit dem Blick gefolgt)
    Und der Schmerbauch steht Schildwache?
    SCHWARZ (sich umwendend)
    Der ganze Körper im Einklang mit dem unmöglichen Kostüm, als wäre er darin zur Welt gekommen. Ihre Art, die Ellbogen in die Taschen zu vergraben, die Füßchen vom Teppich zu heben – mir schießt oft das Blut zu Kopf …
    SCHÖN
    Das sieht man dem Bild an.
    SCHWARZ (kopfschüttelnd)
    Unsereiner, wissen Sie …
    SCHÖN
    Hier führt das Modell die Konversation.
    SCHWARZ
    Sie hat den Mund noch nicht aufgetan.
    SCHÖN
    Ist’s möglich!
    SCHWARZ
    Erlauben Sie, dass ich Ihnen das Kostüm zeige. (Nach rechts ab.)
    SCHÖN (allein, vor dem Pierrot)
    Eine Teufelsschönheit. (Vor dem Brustbild.) Hier ist mehr Fond. (Nach vorn kommend.) Er ist noch etwas jung für sein Alter.
    SCHWARZ (kommt mit einem weißen Atlaskostüm zurück)
    Was das für Stoff sein mag?
    SCHÖN (den Stoff befühlend)
    Atlas.
    SCHWARZ
    Und alles in einem Stück.
    SCHÖN
    Wie kommt man denn da hinein?
    SCHWARZ
    Das kann ich Ihnen nicht sagen.
    SCHÖN (das Kostüm bei den Beinen nehmend)
    Diese riesigen Hosenpfeifen!
    SCHWARZ
    Die linke rafft sie hinauf.
    SCHÖN (auf das Bild sehend)
    Bis übers Knie!
    SCHWARZ
    Sie macht das zum Entzücken.
    SCHÖN
    Und transparente Strümpfe?
    SCHWARZ
    Die wollen nämlich gemalt sein.
    SCHÖN
    Oh, das können Sie.
    SCHWARZ
    Dabei von einer Koketterie!
    SCHÖN
    Wie kommen Sie auf den entsetzlichen Verdacht?
    SCHWARZ
    Es gibt Dinge, von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen lässt. (Trägt das Kostüm in sein Schlafzimmer.)
    SCHÖN (allein)
    Wenn man schläft …
    SCHWARZ (kommt zurück, sieht nach der Uhr)
    Wenn Sie übrigens ihre Bekanntschaft machen wollen …
    SCHÖN
    Nein.
    SCHWARZ
    Sie müssen im Augenblicke hier sein.
    SCHÖN
    Wie oft wird denn die Dame noch sitzen müssen?
    SCHWARZ
    Ich werde die Tantalusqual wohl noch ein Vierteljahr zu erdulden haben.
    SCHÖN
    Ich meine die andere.
    SCHWARZ
    Entschuldigen Sie. Dreimal höchstens. (Ihn zur Tür geleitend.) Wenn mir die Dame dann nur ihre Taille dalassen will.
    SCHÖN
    Mit Vergnügen. Lassen Sie sich bald wieder bei mir sehen. (Stößt in der Tür auf Dr. Goll und Lulu.) In Gottes Namen!
    Zweiter Auftritt
    DR. GOLL. LULU. DIE VORIGEN.
    SCHWARZ
    Darf ich vorstellen …
    GOLL (zu Schön)
    Was treiben denn Sie hier?
    SCHÖN (Lulu die Hand küssend)
    Frau Medizinalrat.
    LULU
    Sie wollen doch nicht schon gehen?
    GOLL
    Welcher Wind führt denn Sie hierher?
    SCHÖN
    Ich habe mir das Bild meiner Braut angesehen.
    LULU (nach vorn kommend)
    Ihre Braut ist hier?
    GOLL
    Sie lassen hier also auch arbeiten?
    LULU (vor dem Brustbild)
    Sieh da! Bezaubernd! Entzückend!
    GOLL (sich umsehend)
    Sie halten sie wohl hier irgendwo versteckt?
    LULU
    Das ist also das süße Wunderkind, das Sie zu einem Menschen gemacht …
    SCHÖN
    Sie sitzt meistens am Nachmittag.
    GOLL
    Und davon erzählen Sie einem nichts?
    LULU (sich umwendend)
    Ist sie denn wirklich so ernst?
    SCHÖN
    Wohl noch die Nachwirkung der Pensionszeit, gnädige Frau.
    GOLL (vor dem Brustbild)
    Man sieht, dass Sie eine tiefgehende Wandlung durchgemacht haben.
    LULU
    Nun dürfen Sie sie aber auch nicht mehr länger warten lassen.
    SCHÖN
    In vierzehn Tagen denke ich unsere Verlobung bekanntzumachen.
    GOLL (zu Lulu)
    Lass uns keine Zeit verlieren. Hopp!
    LULU (zu Schön)
    Denken Sie, wir fuhren im Trab über die neue Kaibrücke. Ich habe selber kutschiert.
    SCHÖN
    (will sich verabschieden).
    GOLL
    Nein, nein. Wir beide sprechen nachher weiter. Geh, Nelli. Hopp!
    LULU
    Jetzt kommt’s an mich!
    GOLL
    Unser Apelles leckt sich schon die Pinsel ab.
    LULU
    Ich hatte mir das viel amüsanter vorgestellt.
    SCHÖN
    Sie haben dabei immerhin die Genugtuung, uns den seltensten Genuss zu bereiten.
    LULU (nach rechts gehend)
    Na, warten Sie nur.
    SCHWARZ (vor der Schlafzimmertür)
    Wenn Frau Obermedizinalrat so freundlich sein wollen. (Schließt die Tür hinter ihr und bleibt davor stehen.)
    GOLL
    Ich habe sie in unserm Ehekontrakt nämlich Nelli getauft.
    SCHÖN
    So? – Ja.
    GOLL
    Was halten Sie davon?
    SCHÖN
    Warum nennen Sie sie nicht lieber Mignon?
    GOLL
    Das wäre auch was. Daran habe ich nicht gedacht.
    SCHÖN
    Glauben Sie, dass der Name so viel dabei ausmacht?
    GOLL
    Hm – Sie wissen, ich habe keine Kinder.
    SCHÖN (sein Zigarettenetui aus der Tasche nehmend)
    Sie sind doch aber auch erst ein paar Monate verheiratet.
    GOLL
    Danke. Ich wünsche mir keine.
    SCHÖN
    Rauchen Sie ein Zigarette?
    GOLL

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