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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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Gebetsnische zu sehen, die vom fleißigen Daraufknien besonders verschlissen war. Dies dürfte man aber keinesfalls ausbessern. Die Gebetsnische wies eine hübsche türkise Färbung auf. Wenn sie mit den Fingern vorsichtig darüberstrich, spürte sie, dass der Flor von den Füßen weg Richtung Kopf gerichtet war. Das ließ laut Teppichhändler darauf schließen, dass es sich um einen türkischen Teppich handelte. Bei den persischen Gebetsteppichen verlief der Flor in die andere Richtung. Er vermutete, dass der Teppich aus der ländlichen Gegend von Sivas stammte, einer Stadt in Mittelanatolien. Im Geschäft des Teppichhändlers hing eine große Landkarte an der Wand, auf der Sivas eingezeichnet war. Für Veronika waren diese Auskünfte sehr wichtig. Der Teppichhändler strich mit derselben liebevollen Bewegung über den Flor, mit der ein Katzenliebhaber seine Katze streichelt. Die Gebetsnische wurde von gelben, dunkelroten und gelbgrünen Verzierungen gesäumt. Diese Farben harmonierten außerordentlich gut miteinander.
    »Das ausgefranste Stück lässt sich problemlos reparieren«, sagte Olsson. »Es ist ohnehin üblich, dass alte Stücke gestopft sind, und bei diesem schönen Exemplar ist es das auch unbedingt wert … nicht, weil dieser Teppich wahnsinnig wertvoll, sondern weil er eben so schön ist.«
    Veronika kam sich eine Weile lang wie eine Teilnehmerin in der Fernsehsendung »Antikrundan« vor, in der Alter und Wert von Antiquitäten bestimmt wurden. Natürlich hätte sie gerne gefragt, wie viel der Teppich denn nun wert sei, unterließ es aber und konnte deswegen auch nicht erstaunt ausrufen: »Was? So viel? Das hätte ich nie geglaubt!«
    »Teppiche haben eine Persönlichkeit. Man besitzt sie, weil man sie mag. Orientteppiche zu skandinavischen Möbeln aus hellem Holz machen sich außerdem gut«, meinte Olsson. Das fand Veronika auch und erinnerte sich plötzlich daran, dass Claes’ jüngerer Bruder, der den Hals nicht voll kriegen konnte, vor einiger Zeit Anspruch auf den Teppich erhoben hatte. Er fand es unnötig, dass er in der Diele in ihrem Obergeschoss lag, wo ihn niemand sehen konnte. Er hätte ihn gerne in sein Arbeitszimmer gelegt.
    Von wegen!
    Aber da hatte selbst Claes Einspruch erhoben, nicht zuletzt, um seinen kleinen Bruder in die Schranken zu weisen. Markus sollte nicht glauben, dass er alle um den kleinen Finger wickeln konnte. Liljan, die schreckliche Schwägerin, die sich ständig wichtig machte, hatte natürlich auch ihren Senf dazugegeben.
     
    Veronika lehnte sich zurück und rückte den einschneidenden Hosenbund zurecht. Sie war fürchterlich satt, ihr war fast schlecht. Verdammtes Eis! Dass neuerdings alles immer so groß sein musste, die Zimtschnecken, die Muffins und die Popcornportionen in den Kinos. Es herrschte eine Zeit des Überflusses, der Überfütterung und des Übergewichts. Mühelos fand sie dafür, von ihrer eigenen Person einmal abgesehen, mehrere Beispiele. Sie brauchte nur den Blick schweifen zu lassen. An ihrem Arbeitsplatz war recht oft davon die Rede. Vom Fett, das so viele Probleme verursachte. Es war rein technisch bedeutend schwieriger, dicke Leute zu operieren, und die Narkose war für Übergewichtige mit größeren Risiken verbunden. Sowohl vorübergehende als auch dauerhafte Schäden nahmen zu. Das war nicht von der Hand zu weisen, das war Realität.
    Das waren keine erfreulichen Gedanken. Veronika starrte in ein Schaufenster und sehnte sich nach ihren engen Jeans.
    Da entdeckte sie im Spiegelbild des Schaufensters jemanden, den sie kannte. Er schlich sich hinter ihrer Bank vorbei, versuchte offenbar ungesehen an ihr vorbeizukommen. Veronika drehte sich zu ihm um. In beiden Händen hielt er kleine, aber gut gefüllte lila Plastiktüten vom staatlichen Spirituosenverkauf.
    Göran Bladh. Er wusste, dass sie ihn gesehen hatte, das war an seiner Gangart zu erkennen. Er versuchte seine Schritte zu beschleunigen, ohne sich anmerken zu lassen, dass er die Flucht ergriff.
    Er zerstört sein eigenes Leben, nicht meines, dachte Veronika. Das war so traurig und unnötig. Gut gekleidet, mit einer guten Arbeit, geachtet, ein interessanter Mensch. Bislang jedenfalls. Das hatte sie ihm auch gesagt, als er unlängst wegen einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse stationär in Behandlung gewesen war.
    »Jemand muss es dir ja mal sagen. Deine Bauchspeicheldrüse macht das bald nicht mehr mit. Dessen bist du dir natürlich bewusst. Aber das ist keine Art, sich aus dem Leben

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