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Lupus - Ankunft der Woelfe

Lupus - Ankunft der Woelfe

Titel: Lupus - Ankunft der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Twin , Sue Twin
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für Transplantationen teilgenommen?
    Eva forschte in ihren Kenntnissen über Transplantationstechnik. In Australien hatte man doch schon vor Jahren begonnen, die Gene von Schweinen zu verändern, um das Tier als Organspender für den Menschen zu optimieren und die Abstoßungsreaktion des Immunsystems molekularbiologisch zu unterbinden: Man übertrug Schweinen menschliche Gene. Schweine-Lungen waren mit dieser Methode erfolgreich auf den Menschen transplantiert worden. Doch natürlich war dabei ein Restrisiko geblieben. Nämlich die Frage, wie sich Viren aus dem Körper des Schweins beim Organempfänger verhalten würden …
    Erneut sprang Eva auf und lief im Zimmer auf und ab. Was wäre, wenn die Versuche auch mit anderen Tieren gemacht worden wären? Und mit anderen Organen und Körperteilen. Schließlich handelte es sich bei den Gen-Proben um Hundegene und nicht um Schweinegene. Mensch-Hund-Chimären? Und die Viren? Hatten sie Schaden angerichtet? Hatte Tabea Niemann sich deshalb das Leben genommen? War sie irgendwie durchgedreht? Und der Serienmörder? Hatten die Viren ihn wahnsinnig gemacht?
    Eva schluckte. Zu viele Vermutungen. Zu viele Unbekannte. Sie musste sich an die Fakten halten. Aber ein Fakt war, dass die Niemann und der Mörder eine winzige unbekannte Sequenz, vermutlich aus einem Virus, in sich trugen. Eine Sequenz, die möglicherweise an dem Wandel beteiligt war.
    Trotzig zuckte Eva mit den Schultern. Sie bewegte sich auf Neuland. Da konnte jede Idee helfen. Aus einem Bauchgefühl heraus öffnete sie die Blutuntersuchung der Wölfin von Berlin . Die mumifizierte Kinderleiche hatte ebenfalls eine gekrümmte Hand gehabt. Eva hatte schon bei der ersten Betrachtung auf ein unbekanntes Virus als Ursache für die genetische Veränderung getippt. Was wäre, wenn man dieselbe Virensequenz auch dort fände?
    Sie legte die Muster übereinander und konnte kaum glauben, was sie da sah. Eine erneute Übereinstimmung. Sie öffnete das angehängte Gutachten des Virologen. Er identifizierte die gefundenen Sequenzen als Bestandteil eines Retrovirenstammes. Für den Virologen bedeutete das Ergebnis keine Sensation. Im Verlauf der Evolution hatten sich im menschlichen Genom mehrere Tausend Retroviren dauerhaft eingenistet. Erst im Vergleich mit den jüngsten Analysen bekam der Bericht Brisanz.
    »Habe ich dich?«, flüsterte sie. Ist ein Virus an der genetischen Umwandlung beteiligt?
    Sie wischte sich über die brennenden Augen, reckte sich und stand auf. In der Küche schüttete sie den kalten Kaffee in den Ausguss und schenkte sich einen frischen ein. Nachdenklich blinzelte sie durch das Küchenfenster in die Morgensonne und ging zurück zum PC, um den Bericht zu schreiben. Sie massierte ihren steifen Nacken, während sie grübelte. Vermutlich war das Virus nicht sonderlich ansteckend. Sonst gäbe es mehr Fälle dieser Art. Übertrug es sich über das Blut? Vielleicht Bisse von Hunden oder Wölfen? Parasiten im Fell? War an den alten Volkssagen und Mythen mehr dran, als vermutet? Sie schüttelte unmerklich den Kopf. Nein, das konnte sie nicht schreiben. Sie wusste nicht einmal mit Bestimmtheit, ob das Virus die Ursache für die genetische Veränderung war oder nur eine harmlose Begleiterscheinung. Damit müssten sich die Virologen befassen. Sie musste zugeben, das alles war äußerst spekulativ, und es war definitiv nicht ihr Fachgebiet. Trotzdem wollte Steinmeier einen ersten Bericht, eine Einschätzung. Und es war ja auch nicht von der Hand zu weisen, dass Tabea Niemann eine Genveränderte war.
    Eva notierte seufzend die wenigen Fakten, dann die gesamte Bandbreite der möglichen Ursachen und schrieb abschließend: Es gilt auch zu überprüfen, ob die Gewebeveränderungen bei Tabea Niemann sich weiter entwickelt hätten, wenn sie nicht gestorben wäre – und zwar vom Mensch zum Hund.
    Sie blickte auf den letzten Satz und lachte hysterisch. Steinmeier würde sie lynchen. Das würde er niemals so akzeptieren, geschweige denn veröffentlichen. Nicht, bevor andere hochrangige Kapazitäten das bestätigt hatten. Das war ihr bewusst. Trotzdem speicherte sie den Bericht. Vor ihrem geistigen Auge sah sie bereits die übertriebene Schlagzeile der Journalisten:
    Virus macht Mutanten!
    Sie schob den Cursor auf den Sendebutton und zögerte. Schon jetzt konnte sie sich Steinmeiers Kommentar lebhaft vorstellen. Sie hörte bereits seine skeptische Stimme: Zu viel Fantasy und Mystery – und zu wenige wissenschaftliche Beweise.

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