Lux Aeterna (German Edition)
auf.
„Falls du einmal ein neues Leben beginnen möchtest…“, bot sie ihm hintergründig an.
Jason lachte kurz auf und sah sie dann an, mit dieser jungenhaften Frechheit im Blick. „Vielleicht komme ich ja mal darauf zurück.“ Dann verabschiedete er sich formlos und verschwand als Schemen in der Dämmerung.
Der hübschen, jungen Frau blieb wieder nichts anderes übrig, als ihre Sehnsucht dem Tagebuch anzuvertrauen. Über ihre letzten Notizen zu Beginn des neuen Morgens wurde sie von dem aufdringlichen Ton der Haustürklingel gestört, die in der fast leeren Wohnung ungewohnt laut widerhallte. Der Umzugsdienst stand vor der Türe und begann mit dem Heraustragen der Kartons. In diesem Durcheinander fiel es Lioba nicht auf, dass ihr Tagebuch unter die Anrichte rutschte. Sie hatte die Wohnung teilmöbliert gemietet, so dass einige Möbelstücke dem Nachmieter verblieben, ebenso wie die Geheimnisse einer jungen Vampirin.
* * *
Wie dieses Tagebuch schließlich ein halbes Jahr später in die Hände von Dr. Connor gelangte, blieb ein Rätsel. Eine Autorin hatte damals Liobas Wohnung gemietet, das Tagebuch gefunden und daraus einen Bestseller geschrieben, der wiederum das Interesse der Geheimgesellschaft Trilobit weckte. Man zahlte einen sechsstelligen Betrag für das Tagebuch der Vampirin Lioba Olsen. Die Autorin selbst dachte sich nicht viel dabei, sie hielt das Geschriebene für die Fantasiewelt eines Teenagers. Doch für Dr. Connor, Leiter der Organisation, die unter dem Dach des Pharmakonzerns Richmond Pharmacies in Washington D.C. agierte, war dieses Tagebuch Gold wert. Jetzt konnte er seinen Geldgebern Beweise liefern und gemeinsam mit dem Schädel eines Hybridvampirs, der sich bereits in seinem Besitz befand, alle Zweifel beseitigen. Dr. Connor triumphierte. Das Interesse der Geldgeber wiederum wandte sich nun der jungen, deutschen Kommissarin zu.
Rita Hold, die immer noch unauffällig in ihrer Zweizimmerwohnung im dritten Stock einer Altbauwohnung in Hamburg wohnte, kamen die neuen Nachbarn komisch vor. Sie waren einfach zu freundlich. Obwohl sich das Paar, das vor einigen Wochen neben ihr eingezogen war, völlig normal zu verhalten schienen, fühlte sich die Kommissarin beobachtet. Vor allen Dingen die blonde Frau versuchte immer wieder, sie in ein Gespräch zu verwickeln, wenn sie Rita in der Waschküche oder im Hausflur traf. Mehrmals hatte man sie schon zum Kaffee eingeladen. Doch irgendetwas in der Polizeibeamtin warnte sie vor diesen Leuten. Sie hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend, und dieses Gefühl sollte sich bestätigen.
An einem Freitagabend traf man sich wieder Mal rein zufällig im Keller und obwohl Rita mit ihrem Waschtag dran war, befand sich ihre neue Nachbarin bereits dort und faltete einen Korb Wäsche zusammen. Rita nahm das mit einem gewissen Ärger zur Kenntnis und wollte etwas dazu sagen, doch sie kam nicht mehr dazu. Von hinten wurde ihr ein Tuch mit Äther vor Nase und Mund gedrückt und starke Arme zwangen sie zum Stillhalten.
„Gaaanz ruhig, ist gleich vorbei!“, flüsterte eine heisere Stimme in ihr Ohr. Im ersten Schreck atmete sie das Betäubungsmittel heftig ein und sank wenige Sekunden später in die Knie.
Jason Dawn spürte bereits vor der geschlossenen Türe, dass Ritas Wohnung leer war, obwohl sie sich eigentlich heute treffen wollten. Sein dunkler Instinkt warnte ihn vor einer undefinierbaren Gefahr. Ihre Gedanken konnte er weit und breit nicht erfassen, der telepathische Kontakt zwischen ihnen beiden funktionierte nur auf kurze Distanz. Der Altbau war still, auch die Nachbarwohnung schien leer zu sein. Nur von unten drang leise Musik von einem Radiosender herauf. Wie eine Katze schlich Jason durch den Hausflur hinunter in den Keller. „Verdammt“, fluchte er, als er den noch schwachen Äthergeruch in der Waschküche wahrnahm.
Bei seinem Eintreten sah er Ritas Wäsche verstreut auf dem Boden liegen. „Was zum Teufel ist hier geschehen?“, fragte er sich laut. Seine menschliche Freundin war in Gefahr. Aber wo sollte er sie suchen?
Rita Hold erwachte in einem fensterlosen Raum, der ansonsten wie ein Hotelzimmer eingerichtet war. Es gab ein Badezimmer und auch sonst alle Annehmlichkeiten eines Dreisternehotels inklusive Fernseher und einer abgedeckten Mahlzeit auf dem Tisch. Trotzdem wusste Rita im ersten Augenblick, dass sie eine Gefangene war, sie wusste nur nicht, von wem und wo sie gefangen gehalten wurde.
Erst einen Tag später
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