Lux Aeterna (German Edition)
zu tun habt.“ Mit diesen Worten verschwand der alte Druide so plötzlich, wie er gekommen war.
Tagelang hatte Rabea nach dem unerwarteten Auftauchen des Druiden das Anwesen Zimmer für Zimmer durchsucht, seit Nolan dort mit ihr wohnte. Mit keinem Wort hatte er jemals die Waffen der Einhörner erwähnt. Im Ankleidezimmer unter einem Stapel von Kartons fand Rabea schließlich den schwarzen Kasten aus Ebenholz, den sie zunächst für einen Degenkoffer gehalten hatte.
Auf rotem Samt lagen sie da: die beiden Waffen der Einhörner, die der Druide gemeint hatte, und die Nolan aufbewahrte als Zepter der Macht und vielleicht auch als Erinnerung an ein anderes Dasein. Rabea strich mit einer Hand über das leuchtendweiß schimmernde Horn. Es fühlte sich an wie das Innere einer Muschel. Der Druide hatte Recht, sie bedeuteten Erlösung für sie beide. Rabea war froh, dass Nolan fort war, so konnte sie in Ruhe einen Entschluss fassen. Kurz vor Tageseinbruch, wenn sie normalerweise schlafen gingen, würde die Gelegenheit günstig sein!
Als Nolan von einem Blutfest in jenem Kriegsgebiet zurückkehrte, erwartete Rabea ihn bereits wie immer. Trunken und müde wandte der Fürst sich jedoch von ihr ab und stieg in den kunstvoll verzierten Sarg, der ihm tagsüber Herberge bot. Alle Zimmer im Haus waren abgedunkelt, so dass die aufgehende Sonne nicht eindringen konnte. Rabea betrat ihr Gemach mit einer jener Waffen in der Hand, die ihr Geliebter so lange gehütet hatte. Sie küsste den Schlafenden zärtlich auf die Stirn. Er rührte sich nicht. Sie durfte nicht länger zögern! Es war nur ein kurzer, kräftiger Hieb in sein Herz. Nolan bäumte sich kurz auf, die Augen ungläubig aufgerissen, einen stummen Schrei auf den Lippen. Dann sank er zurück und zerfiel vor ihren Augen zu Staub wie eine Mumie, die man der Luft ausgesetzt hatte, nur sehr viel schneller. Er starb auf die gleiche Weise, wie der vorherige Herrscher Antaris durch seine Hand gestorben war. Eine Träne rann aus Rabeas Augenwinkel – vielleicht war es die letzte aus einem vorherigen Leben - doch kein Laut kam von ihren Lippen. Sie kniete nieder und ließ den Staub dort im Sarg liebevoll durch ihre zitternden Hände rinnen.
Dann stieg auch sie in den Sarg, hob das Horn des Einhorns so weit sie konnte über ihr Herz und stach mit aller Kraft zu.
Sie schliefen – jetzt für immer vereint – zwei Seelen im ewigen Licht.
* * *
Paris - einige Jahre später
Auf einem Trödelmarkt kaufte die junge Vampirin Laetitia ein altes Möbelstück für ihre Wohnung in Hamburg. Sie war eine Hybridin, eine Neuzeitvampirin, perfekt angepasst an die menschliche Umwelt, immun gegen das Sonnenlicht und die „alten“ Waffen, mit denen Menschen früher Vampire bekämpften. Mittlerweile lebte ihre Rasse ganz unerkannt unter ihnen. Laetitias menschliche Tarnung war ihre Angestelltentätigkeit als Serviererin im Nobelrestaurant Alsterpalais in Hamburg. Hier in Paris hielt sie sich mit einer Kollegin auf, um sich auf einem Seminar in Sachen gehobene Gastronomie weiterzubilden.
Die hübsche Italienerin nutzte die Gelegenheit, um einige antike Stücke zu erwerben und sie direkt nach Hamburg schicken zu lassen. Laetitia wohnte nicht weit entfernt vom Alsterpalais – dem zu einem Restaurant umgebautem Krematorium in der Nähe des Friedhofs Ohlsdorf. Die alte Kommode aus edlem Mahagoniholz würde gut in ihre in dunkel eingerichtete Dreizimmerwohnung passen. Schade nur, dass die untere Schublade sich nicht mehr öffnen lassen wollte. Das Stück stammte wohl ursprünglich aus England und war auf Umwegen nach Frankreich gekommen. Laetitia kaufte noch ein paar passende Kerzenleuchter dazu.
Zurück in Hamburg, als sie das etwas lädierte Möbelstück untersuchte, kam es ihr vor, als ob irgendetwas darin lose war. Vermutlich eine der Holzleisten. Das musste wohl auf dem Transport passiert sein. „Schade“ , dachte sie und versuchte erneut, die untere Schublade zu öffnen. Der Griff brach fast ab, doch es gelang ihr. In dem Schubfach befand sich ein kleines, schmuckloses Kästchen, das hinten an der Schubladenwand befestigt gewesen war, offenbar als Geheimversteck gedacht.
Darin fand Laetitia etwas sehr wertvolles – das Horn eines Einhorns – eine tödliche Waffe gegen Vampire aller Spezies! Zunächst dachte sie an ein Spielzeug, doch das Ding war echt. Ein kleiner Blutfleck klebte noch daran. Es musste bereits benutzt worden sein.
Behutsam strich sie mit ihren
Weitere Kostenlose Bücher