Luzia und der Ball der Vampire - Erst ich ein Stück, dann du
sehr gern!“, bekräftige Luzia. „Kapiert?“ Ihr Bruder nickte.
Er trat einen Schritt vom Käfig zurück
und sah zu Opa Adalbert hinüber.
„Und was machen wir jetzt mit ihm?“,
fragte er sorgenvoll.
„Wir sperren ihn zu Oma Griselda in die Gruft“, sagte Luzia in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ. „Dort kann er keinen Schaden anrichten. Und dann warten wir bis zum Abend“, fügte sie hinzu. „Wenn er bis dahin nicht wieder normal geworden ist, wird Papa sich eben darum kümmern müssen.“
Damit war auch Fedor einverstanden. Und so packten sie ihren Großvater an den Armen und bugsierten ihn mit vereinten Kräften in seine Gruft hinüber.
„Sssst“, surrte er wütend und versuchte, seinen Enkeln zu entkommen. Doch Luzia und Fedor waren wieselflink. Ehe Opa Adalbert an ihnen vorbeischlüpfen konnte, hatten sie die Grufttür bereits zugeschlagen und verriegelt.
„Oma Griselda wird uns bestimmt den Kopf abreißen, wenn sie aufwacht und kapiert, dass wir sie eingeschlossen haben“, befürchtete Fedor.
„Wird sie nicht“, erwiderte Luzia und zwinkerte ihrem Bruder zu. „Weil Flix und Flax uns natürlich rechtzeitig wecken werden – nämlich bevor Oma Griselda ihre Augen überhaupt aufgeschlagen hat.“
Luzia wartete, bis ihr Bruder in seiner Gruft verschwunden war, dann kuschelte sie sich ebenfalls in ihren Sarg. Sie wollte gerade dem schlafenden Flix ins Fell pusten und ihm erklären, wann er sie wecken sollte, da ertönte leises Gepolter über ihr.
Augenblicklich schoss sie wieder hoch, sprang aus dem Sarg und schlich sich aus der Gruft. In Fedors Gruft rührte sich nichts und seine Tür blieb geschlossen. Offenbar hatte er das Poltern nicht gehört. Na umso besser! Auf leisen Sohlen tappte Luzia den Kellergang entlang und hastete die Treppe hinauf.
Vorsichtig legte Luzia ihr Ohr
an die schwere Holztür und lauschte.
In der Eingangshalle war alles still.
Doch halt! – Was war das?
Hatte Luzia da nicht
ein leises Trappeln vernommen?
Jawohl! Sie war sich ganz sicher.
Im Schloss war jemand. – Ein Fremder!
Ein nächtlicher Gast
Luzia ließ sich auf die oberste Treppenstufe sinken und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Wer zum Teufel spukte da bloß in ihrem Schloss herum? Ein Geist oder Gespenst konnte es ja wohl kaum sein, zumindest nicht am helllichten Tag.
Luzia stand vor einem Rätsel. Inzwischen wohnte sie seit über hundert Jahren hier und noch nie war sie in den vielen Fluren, Sälen und Zimmern irgendeinem anderen begegnet als ihren Großeltern, ihren Eltern und ihrem Bruder. – Leider! Denn ein paar Gespenster als Spielkameraden wären eine ziemlich tolle Sache gewesen.
Luzia kämpfte mit sich. Am liebsten hätte sie die Tür noch einmal einen Spaltbreit geöffnet und in die Eingangshalle gelinst. Aber dann hatte sie doch zu viel Angst, ebenfalls vom Sonnenlicht getroffen zu werden.
Es blieb ihr nichts anderes übrig: Sie musste auf den Abend warten. Luzia seufzte leise und hinter der Tür seufzte es ebenfalls.
Vor Schreck sprang Luzia auf.
Atemlos starrte sie die Tür an.
Jetzt bewegte sich die Klinke
langsam nach unten.
Doch die Tür sprang nicht auf.
Zum Glück!
Die Klinke schnellte wieder hoch, und dann passierte eine ganze Zeit lang gar nichts mehr. Luzia verharrte noch einen Moment reglos auf der obersten Stufe, dann drehte sie sich um und stieg sicherheitshalber wieder ein paar Stufen hinunter. Sie stoppte, lehnte sich gegen die Wand und wartete weiter.
Luzia wartete und wartete. Sie gähnte alle zwei Minuten, denn sie war schrecklich müde, und beinahe wäre sie doch noch eingeschlafen, wenn nicht plötzlich ein Windhauch und ein sanftes Flattern sie aufgeschreckt hätte. Eine Fledermaus sauste um ihren Kopf herum. „Flax!“, stieß Luzia hervor. „Was machst du denn hier?“
„Na, was wohl?“, rief Fedor aus dem Keller zu ihr herauf. „Er hat mich geweckt und jetzt will er in die Nacht hinaus.“
Luzia atmete auf. Die Zeit war schneller verstrichen, als sie gedacht hatte.
„Sind Mama und Papa auch schon wach?“, fragte sie. Fedor zuckte mit den Schultern.
„Und was ist mit Oma Griselda und Opa Adalbert?“, bohrte Luzia weiter.
„Weiß nicht“, wisperte Fedor. „Noch ist alles still hier unten.“
Luzia nickte. „Gut“, sagte sie. „Hast du die Tür zu ihrer Gruft denn schon aufgeschlossen?“
Fedor machte große Augen.
„Nein“, flüsterte er.
„Dann tu es jetzt!“, forderte Luzia ihn
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