Luzidzone: Projekt Alpha (German Edition)

gleich zu entscheiden. Ansonsten werden ihre Zweifel ihren momentanen Willen in den nächsten Tagen besiegen, und Sie überlegen es sich anders. Die Ausbildung beginnt nächste Woche am Montag. Sie haben zwei Tage Zeit, um sich auf die Reise nach England vorzubereiten. Sie erhalten für die Reisevorbereitungen Spesen in Höhe von 200 €. Nach erfolgreicher Ausbildung erhalten Sie noch einmal 5000 €. Sollten sie die Ausbildung vorzeitig abbrechen oder aus psychischen oder körperlichen Gründen ausscheiden, übernehmen wir die Rückreisekosten. In diesem Falle würden wir uns nach dem Ausbildungs-Abbruch trennen, und Sie bekämen keine Aussicht darauf, für uns zu arbeiten. Möchten Sie das Angebot annehmen?". Er überlegte nicht lange. Die 200 € konnte er gut gebrauchen, er wollte sich sowieso neue Klamotten kaufen. Da er hier kaum Leute kannte, würde ihn auch niemand vermissen. "Wo soll ich unterschreiben?" sagte er mit fester Stimme und bekam sogleich ein etwa zwanzigseitiges Formular vorgelegt, das schon seinen Namen trug. Er entschied sich, den Stapel zu einem anderen Zeitpunkt genau durchzulesen und blätterte gleich zur letzten Seite. Beim Überfliegen des Textes kam er zu dem Schluss, dass es sich wohl um allgemeine Verhaltensweisen und Vorschriften handelte, wie er sich zu verhalten habe. Die letzte Seite bestand aus einer Geheimhaltungsklausel. Ohne Zögern setzte er den Kugelschreiber auf, der ihm zusammen mit dem Formular überreicht worden war und schrieb in schnellem Zug seinen Vor- und Nachnamen auf das Papier. Sein Gegenüber stand auf, reichte seine Hand über den Schreibtisch und sagte: "Willkommen beim Projekt Alpha". Sie drückten sich die Hände. "Ihre Abreisedaten stehen auf Seite drei, beim Empfang erhalten Sie einen Umschlag mit Bahnticket und einer Informationsbroschüre. Ich wünsche Ihnen eine gute Reise und viel Erfolg bei ihrer Ausbildung. Ich hoffe, Sie bald wieder zu sehen. Lassen Sie sich nicht zu sehr in Verstrickungen ein, die Ihnen begegnen werden. Das Universum ist voller Widersprüche. Handeln Sie nach dem Prinzip „Panta Rhei“ von Heraklit. „ Alles fließt“.
    Sie verabschiedeten sich, und er verließ den Raum durch die blaue Tür.  Er betrat den Flur. Durch einen leicht geöffneten Türspalt einer vom Flur abzweigenden Tür konnte er Männer und Frauen sehen, die an Schreibtischen saßen und mit Stiften auf losen Papierblättern herum zu kritzeln schienen. Ihre Blicke starrten ins Leere, so, als hätten sie eine das Bewusstsein beeinflussende Droge zu sich genommen. Er fuhr mit dem Fahrstuhl hinab und schritt zum Empfang. Die Empfangsblondine übergab ihm einen weißen Umschlag, und er musste noch einmal unterschreiben. Beim Verlassen des Gebäudes zwinkerte er ihr zu, passierte die Glas-Schiebetür und machte sich auf den Weg nach Hause. Unterwegs kaufte er sich an einem Kiosk eine Flasche Sternburg-Bier und öffnete sie in der S-Bahn. Es sollte nicht die einzige Flasche an diesem Abend bleiben. In dem Umschlag befanden sich 200 € in bar, ein Bahnticket und eine Broschüre des Instituts.
    Auf dem Weg zu seiner Wohnung ging er noch in einen Kaisers Supermarkt und kaufte sich eine F lasche Rotwein, zur Feier des Tages die Bioversion. Außerdem nahm er noch einige Fressalien wie Kartoffelchips mit Essig-Geschmack, Gummibären, und eine Packung Vollkorn-Nudeln mit, eine Mischung aus gesundem und ungesunden Essen. Auf Fleisch hatte er schon seit einigen Jahren verzichtet, da er die Massentierhaltung mit keinem Cent unterstützen wollte. Einer der zwei Hunderter aus dem Umschlag war nun bereits angebrochen. Für die Klamotten, die er am nächsten Tag kaufen wollte, würde es noch reichen.
    An dem Gebäude seiner Mietwohnung angelangt, entschied er sich, nicht mehr in den Briefkasten zu schauen. Er drückte die Eingangstür auf und schleppte seine Einkaufstüte in das fünfte Stockwerk hoch zu seiner Wohnung. Als er oben angekommen war, klingelte sein Mobiltelefon, auf dass er trotz seiner Aversion gegen die Funkwellentechnologie nicht verzichten wollte. Er nahm das Gespräch an und hielt das Gerät einige Zentimeter entfernt von seinem Kopf, um dem Elektrosmog der tragbaren Wanze nicht so stark ausgesetzt zu sein. Am anderen Ende war eine weibliche Stimme zu hören. Anscheinend hatte man nach seinem Vorstellungsgespräch seine Telefonnummer an eine andere Teilnehmerin des Projekts weitergegeben. Die jung klingende Dame am anderen Ende der Funkverbindung erklärte ihm,