Luzidzone: Projekt Alpha (German Edition)
der Psychiatrie landen würde, so, wie es schon einige Male der Fall gewesen war. Dort war er von den Seelenklempnern, die ihre eigene Seele längst an Giftmischer-Konzerne verkauft hatten und den hippokratischen Eid täglich wissend oder unwissend brachen, in die verschiedensten willkürlichen Diagnose-Schubladen, die auf dem pseudo-medizinischen Regelwerk des ICD-10 beruhten, gesteckt worden. Das ICD-10 war die Bibel der Weißkittel und ermöglichte es, jedem Menschen, der nicht in das vordefinierte Normalitäts-Muster passte, eine atypische Verhaltensstörung anzudichten. Es lieferte zudem eine Empfehlung, welche Psycho-Drogenpille, zur jeweiligen Diagnose passend, verschrieben werden sollte. Die Pharmakonzerne verdienten auf diese Weise gigantische Summen und die Herrschenden freuten sich, dass Systemabkömmlinge auf elegante Art und Weise ruhig gestellt werden konnten indem man sie einfach per Gesetz für „verrückt“ erklärte, was durch das ICD-10, die Bibel der „Verhaltensstörungen“ keine Schwierigkeit darstellte. Er hatte jedoch immer wieder den systemabhängigen Weißkitteln vermitteln können, dass mit ihm alles in Ordnung sei, er brav die Gedanken blockierenden Pillen runterschlucken und sich nach dem Verlassen der psychiatrischen Einrichtung einer Therapie unterziehen werde. Die Pillen und Rezepte verkaufte er dann am U-Bahnhof Kottbuser Tor, damit er sich stattdessen etwas zu essen kaufen konnte, was ihm wichtiger erschien als die Tabletten zu schlucken und als seelenloser Befehlsempfänger nach den Regeln des wahnsinnigen Systems zu funktionieren. Er wusste, dass er wieder einmal mit dem Feuer spielte und ein nach Meinung der Ärzteschaft „psychotischer Schub“ vor der Tür stand, der einen Gedanken-Wirbelsturm in seinem Kopf bedeuten würde. Dies ertrug er aber lieber als die chemischen Fesseln, die ihm das bestehende System als Realität vorgaukelten. Er mied die Gedanken-Blocker-Pillen, denn sie machten ihn müde, träge und gehorsam. Sein bewusster Verstand wurde durch den Alkohol und die Müdigkeit immer schwächer, und er driftete bald in einen tiefen Schlaf ab, der mehrfach dadurch unterbrochen wurde, dass er seine Blase leeren musste.
Die Reise
Der Trip nach England sollte beginnen. Er hatte sich für das restliche Geld aus dem Umschlag neue Kleidung gekauft, eine etwas weitere Cordhose und einen Kapuzenpullover, die er nun zum Begrüßungstreff mit seiner weiblichen Reisebegleitung am Bahnsteig trug. Sie hatten sich verabredet, um sich morgens vor der Abreise zu treffen. Die junge Frau Mitte 20 reichte ihm zur Begrüßung die Hand. Er war noch etwas benommen und verkatert. Sie stellte sich vor mit dem Namen „Isabella“. Verbotenerweise hielt sie am Bahnsteig eine Zigarette in der Hand und zog ab und zu daran. Er versuchte, mit einem schnellen unauffälligen Blick ihren Busen hinter den Falten ihrer weißen Jacke auszumachen, als sie mit geschlossenen Augen langsam den Rauch inhalierte. Als Gepäck hatte sie nur einen Rucksack auf den Schultern. Er selbst hatte sich einen Koffer gepackt mit Kleidung und Utensilien für zwei Wochen, wobei diese nur den halben Platz einnahmen, die andere Hälfte des Koffers war reserviert für 10 Flaschen 0,5-Liter Sternburg Bier, die er eingepackt hatte, um die lange Bahnfahrt entspannt überstehen zu können. Als er den Koffer abstellte, klirrten die Flaschen leise aneinander. Sie sah ihn verschmitzt an. „Na, hast du dir eine Reiseverpflegung mitgebracht?“, raunte sie ihm augenzwinkernd zu. Dies machte ihn ein wenig verlegen, weil sie zu wissen schien, was das Klirren verursacht hatte. Er ließ es sich aber nicht anmerken und schlug vor, sich auf die Suche zu ihrem für sie reservierten Abteil im Zug zu begeben. Sie schien sein peinliches Empfinden bemerkt zu haben und flüsterte ihm, als sie ihm folgte, von hinten ins Ohr: „Mach dir keine Sorgen, du bist nicht der einzige, der sich hier wie im falschen Film vorkommt – auch ich habe eine kleine Reiseapotheke zur Entspannung dabei!“. Er war sich klar darüber, dass sie damit nur psychoaktive Substanzen in nicht flüssiger Form meinen konnte. Er hatte schon viele Drogen ausprobiert, seit einigen Jahren hatte er jedoch Kontakt zu den Leuten an der Quelle aus Gründen der Strafverfolgung gemieden, so dass er sich auf den Teufel Alkohol beschränken musste. Eine Abwechslung könnte nicht schaden, und er erwartete eine aufregende Reise, die sich nicht nur auf die Zugfahrt
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