Luzifers Heiliger (Die Londoner Drakulia Vampire #2) (German Edition)
Problemen, die es in ihrem Leben gab, entzog sich dieses hier ihrer Kontrolle. Sie konnte nichts tun, als abzuwarten.
Aber da stand sie nun, ohne einen Begleiter, ihr Kleid bildete eine Art wolkiger Goldsäule in dem Gedränge, mit einem Unterrock so silbern und zart wie ein Mondstrahl ... und komplett unerkannt. Mit den zusätzlichen Zentimetern an Körpergröße, sowie der Maske und dann auch noch der Tatsache, dass man dunkle Pferdehaare in ihr kastanienfarbenes Haar hineingeflochten hatte, war sie unmöglich wiederzuerkennnen. Insbesondere weil niemand von der sittsamen Maia Woodmore je erwarten würde, dass sie so etwas tragen würde.
Also gestattete sie es sich, ein wenig entspannter zu sein als sonst.
Der Butler kündigte sie an, „Ihre königliche Hoheit, Kleopatra, Königin des Nils.“ Maia versuchte noch, ihn zu korrigieren, aber hinter ihr stand noch ein Engel und Königin Elizabeth, und die Reifröcke der Letzteren stießen Maia quasi beiseite, als sie sich vorwärtsbewegte, also gab Maia es auf. Sie hatte das Gehen in ihnen zwar geübt, aber es wäre unnötig dumm, sich auf diesen hohen Sandalen aus der Balance bringen zu lassen.
Maia konnte gerade noch sehen, wie Angelica in der Menge verschwand. Tante Iliana folgte ihr auf dem Fuße, zusammen mit Mirabella, die an ihrem Arm hing – und zur Abwechslung fand sich Maia einmal ihrer sonstigen Aufpasserrolle enthoben.
Kaum hatte sie zwei Schritte getan, stand auch schon ein Ritter vor ihr. Sie konnte sein Gesicht natürlich nicht sehen, aber hinter seiner Maske erschienen ihr seine Augen vertraut.
„Ihre Majestät“, sprach er sie mit einer kleinen Verbeugung an. „Ich sehe, dass Ihre Knechte Sie schändlich vernachlässigen. Wäre Ihnen an einem Glas spritzigen Champagnerpunsches gelegen – oder vielleicht an der erfrischenden Limonade?“
„Ein Glas Punsch wäre geradezu himmlisch“, erwiderte Maia. Sie liebte Champagner, hatte aber nur sehr selten Gelegenheit, ihn zu kosten.
„Und wenn ich wiederkehre, würden Sie vielleicht einen Tanz mit mir wagen?“, fügte er mit einer weiteren Verbeugung hinzu.
„Aber sehr gerne.“
Und so begann der Abend, und schon bald wirbelte sie durch Tänze und andere Lustbarkeiten. Als sie gerade vorsichtig die wilden Schritte eines Schottischen Reel absolvierte, erblickte Maia plötzlich eine große Gestalt mit einer schwarzen Maske und einer rotschwarzen Weste, die sich rasch einen Weg durch die Menge bahnte. Er schien wirklich außerordentlich schnell voranzukommen, und aus irgendeinem Grund musste sie da an Corvindale denken.
Das verdarb ihr den Abend etwas, und Maia rief ihrem gegenwärtigen Tanzpartner – einem schlaksigen Hofnarren – da laut ihren Wunsch nach einer Tasse (es waren in der Tat Tassen und keine Gläser) Punsch zu. Der Hofnarr fügte sich ihrem Wunsch und führte sie aus dem Gewirr von Tänzern heraus.
Aber ihre gute Laune war dahin, denn schon der Gedanke an den Earl erinnerte sie an ihren Austausch mit ihm in seinem Arbeitszimmer gestern Nachmittag. Es war die erste Gelegenheit für sie gewesen, mit ihm zu sprechen, ohne dass er sie oder Angelica gerade herumkommandierte, und er war unvorstellbar unhöflich gewesen, dort in seinem trüben Büro verschanzt, in dem faszinierende Stapel von Büchern überall wild zu wuchern schienen. Er hatte sie geradezu angeschrieen, als sie versuchte, die Vorhänge zu öffnen, um ihm etwas mehr Licht zu verschaffen.
Selbst jetzt noch wurde sie zornesrot, als sie sich an seine abgehackte Stimme erinnerte, sowie diesen Blick von seinem Schreibtisch hoch, so offensichtlich verärgert über ihr Eindringen: Was. Wünschen. Sie. Miss Woodmoore. Die Punkte zwischen jedem Wort waren überdeutlich ausgesprochen, und ebenso klar war die Abwesenheit eines Fragezeichens.
Sie hatte sich eine Entgegnung auf seine Unhöflichkeit wirklich verkneifen müssen, und besann sich stattdessen auf ihre gute Erziehung. Einen Earl schrie man nun wirklich nicht an, und schon gar nicht, wenn man Gast in seinem Hause war. Sie hatte in besänftigenden Tönen gesprochen und etwas gemurmelt wie, Meine Schwester und ich wissen es sehr zu schätzen, dass Sie der Bitte unseres Bruders, doch unser Vormund zu sein, entsprochen haben . Und sie hatte es sogar geschafft, dabei aufrichtig zu klingen und den Drang zu unterdrücken, ihm einen Vortrag darüber zu halten, bei so schlechtem Licht zu arbeiten. Wie ich in meinem Brief erwähnte, war ich vor seinem
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