Luzifers Kriegerin (Die Londoner Drakulia Vampire #3) (German Edition)
verletzt, aber wider Willen auch fasziniert. Sie fing an zu begreifen, dass sich seine Wut nicht gegen sie, sondern gegen ihn selbst richtete.
„Dann könnte ich dich töten, verflucht noch mal.“ Er war nur noch rasende Wut, als Chas aus dem Zimmer schritt, in der Hand immer noch das zerknitterte Hemd.
*
Er kehrte erst eine ganze Weile nach Sonnenuntergang zurück, und diesmal stank er nicht nach Alkohol. Sie hatte den Tag damit zugebracht, die Aussicht vor ihrem Fenster zu malen, und verwendete hierzu die Stifte und das Papier, die sie arglosen Ladeninhabern abgeluchst hatte – oder sich über Philippe verschafft hatte – während Chas noch im Fieberwahn darniederlag.
Als er in das Zimmer kam, schaute sie kurz hoch und wandte sich dann wieder ihrer Zeichnung zu. Der größte Teil von Notre-Dames Türmen waren von ihrem Fenster aus zu sehen, und trotz der feinen Ironie, dass ein Vampyr , eine böse, verlorene Seele, einen so heiligen Ort malte, hatte Narcise sich bei der Zeichnung viel Mühe gegeben. Jetzt, da es schon dunkelte, zeichnete sie aus dem Gedächtnis weiter.
Der Kaiser hatte befohlen, das Gebiet um die berühmte Kirche von alten Gebäuden zu befreien, und auch von den Müllbergen und dem Abfall, die sich dort während der Revolutionsjahre und der damit einhergehenden Verwahrlosung angesammelt hatten. Alles natürlich für seine bevorstehende Krönung. Er bestand darauf, dass die Straßen um die Kathedrale herum gesäubert und verbreitert wurden, denn seine Krönung würde in dieser Kirche stattfinden. Soldaten und Arbeiter von der Stadt hatten schon den ganzen letzten Monat für dieses Ereignis geschuftet, und man rechnete damit, sie würden noch gut bis in den August brauchen, bevor sie damit fertig waren ... oder Narcise hatte zumindest gehört, wie er sich darüber bei Cezar beschwerte. Deswegen hatte man die Krönung auf den frühen November verschieben müssen.
„Wir verlassen morgen Paris“, sagte Chas und ließ sich schwer auf das Bett fallen. „Ich habe alle Vorkehrungen getroffen.“
Sie nickte kurz, aber versenkte sich weiterhin in ihre Arbeit, wobei sie versuchte den Stachel Angst in ihrem Bauch zu ignorieren.
„Dein Bruder lässt die ganze Stadt nach uns absuchen“, fuhr er fort. „Aber er ist sich nicht einmal sicher, ob wir überhaupt noch zusammen sind. Das können wir zu unserem Vorteil nutzen. Wir müssen tagsüber aufbrechen, also habe ich Vorsichtsmaßnahmen für dich getroffen. Du wirst einen Karren fahren, mit einem Sarg hinten drauf ... in dem ich liegen werde – ein Opfer der Pest. Ich werde den Sarg mit altem Fleisch auslegen, um viele Fliegen anzulocken, und damit er auch stinkt, und werde auch deine Taschen damit füllen. Du wirst dich als eine alte Frau verkleiden, mit einem großen Hut und Handschuhen, um dich vor der Sonne zu schützen, und du wirst deinen verstorbenen Ehemann zur Beerdigung aufs Land fahren.“
Schweigen senkte sich über beide, nur unterbrochen von den entfernten Schreien von der Straße unten her und vom Tosen rauhen Gelächters von der Schenke unter ihnen. Ihr Bleistift kratzte leise über das Papier, als sie einen der viereckigen Türme schattierte.
„Ist es immer noch dein Wunsch, nach London zu gehen?“
Da legte sie ihren Bleistift auf dem Papier ab und drehte sich, um ihn anzusehen. „Nur wenn du meine manipulative, böse Gesellschaft erträgst“, sagte sie steif.
Sein Gesicht verzog sich angespannt. „Narcise, es tut mir Leid, wenn ich dich verletzt habe, aber bitte versteh, ich verbringe mein Leben damit, Drakule zu jagen und zu töten. Ich finde nicht oft einen, der es wert ist, gerettet zu werden.“
Sie warf den Kopf zurück und schaute wieder auf ihre Arbeit, die von einer Lampe neben ihr erleuchtet wurde. Zu ihrem Entsetzten merkte sie, wie es vor ihren Augen verschwamm, und wütend blinzelte sie, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Sie hatte seit Jahrzehnten nicht mehr geweint, und in dieser letzten Woche waren ihr gleich dreimal die Tränen gekommen. Wurde sie allmählich schwach und sentimental?
„Narcise“, sagte er, seine Stimme war jetzt sanfter. Er stand auf und kam hinter ihr zum Stehen, seine Finger streichelten ihr sachte über das Haar. „Du hast mein Leben gerettet. Du bist bei mir geblieben, als du hättest gehen können. Ich war ein Idiot, als ich dir jene Dinge heute sagte. Es ist nur ... ich fange an, Gefühle für dich zu entwickeln, und es ist nicht das, was ich erwartet
Weitere Kostenlose Bücher