Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

Titel: M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
Vom Netzwerk:
sofort, und danach Siegfried Denning zu vergessen – egal, was mit ihm passiert und wer dafür verantwortlich sein mochte. Sie wollte sich nicht wie ein aufgescheuchtes Huhn benehmen, wie ein Mädel ohne Rückgrat und Verstand, wie ein Anhängsel falscher Gefühle.
    »Eine Detektei Liebergesell hat angerufen«, sagte Eva, die Assistentin der Lokalredaktion. »Sie wollten wissen, ob du bei uns arbeitest. Was wollen die von dir?«
    »Ich mache eine Geschichte über die«, sagte Mia Bischof im Vorbeigehen. Dass die Detektei ihre Angaben überprüfte, amüsierte sie. Im Gegensatz zu ihrem Ex führte sie ein zu hundert Prozent legales Leben, anständig und unangreifbar.

    Im Sinne der Chefin seien solche Kontrollanrufe nicht, meinte Leonhard Kreutzer. Patrizia hob halb entschuldigend die Hand und tippte an ihrem Protokoll weiter, das von einer Ehefrau handelte, die der vermögende Ehemann des Ehebruchs beschuldigte. Patrizia hatte die Frau vier Tage lang observiert, und schon nach dem ersten Tag war klar, dass der Verdacht des Mannes zutraf. In der Mittagspause oder nach Dienstende in der Kanzlei, wo sie als Sekretärin arbeitete, traf die Frau einen älteren Mann in einem kleinen Hotel am Englischen Garten. Es gelang Patrizia, zwei Fotos der beiden zu schießen, als sie sich innig verabschiedeten und küssten. Noch während sie dem Auftraggeber, dem Inhaber einer Modeboutique in der Theatinerstraße, über ihre Beobachtungen in dessen Büro Bericht erstattete, begann er, mit ihr zu flirten. Als erfahrene Barfrau erwiderte sie seine Blicke und sein Charmieren auf eine Weise, die er für echt hielt. Sie nahm seine Einladung zu einem Vorabenddrink an, die sie dann zwei Stunden vorher aus Termingründen absagen musste.
    Nichts Neues für die junge Detektivin, und so schrieb sie an ihrem Bericht weiter und ignorierte so gut wie möglich Kreutzers Telefonate. Er war hinter einem Mann aus Augsburg her, der vor den Unterhaltszahlungen an seinen vierjährigen Sohn und seine Ex-Freundin davonlief, angeblich zu Bekannten nach München gezogen war und in einem Lokal als Koch arbeitete. Kreutzer hatte begriffen, dass er angelogen und bewusst in die Irre geführt wurde, doch meist unterschätzten die Leute seine Zähigkeit. Sie verwechselten sein freundliches, unscheinbares Gebaren mit altersbedingter Trotteligkeit. Auf genau den Eindruck legte er absoluten Wert.
    Unterdessen hatte Süden herausgefunden, dass der Taxifahrer Denning seit knapp drei Jahren für das Taxiunternehmen Leonidis in der Belgradstraße im Einsatz war. Wie dessen Chef, Jannis Leonidis, weiter erklärte, habe Denning nach eigener Aussage jahrelang ein Bekleidungsgeschäft mit Secondhand-Ware in Trudering betrieben, bis er pleiteging und nach einem neuen Job Ausschau hielt.
    »Spitzenfahrer«, sagte Leonidis. »Ein Talent. Nie Probleme.« Am vergangenen Sonntag habe Denning ihn angerufen und ihm mitgeteilt, er habe die Grippe und falle zwei bis drei Tage aus. Daraufhin meldete Denning sich die ganze Woche nicht mehr. »Geht nicht so, hab telefoniert, niemand da, kein AB, nichts. Was soll ich machen?«
    »Seinen Wagen hat er nicht mitgenommen«, sagte Süden.
    »Der Wagen steht im Hof, wie immer. Denning hat kein eigenes Auto, er wollte keins. Was ist passiert, Herr Kommissar?«
    »Ich bin Detektiv. Ihre anderen Mitarbeiter haben auch keine Ahnung, wo er sein könnte.«
    »Nein.« Leonidis stand von seinem kleinen Schreibtisch auf, breitete die Arme aus und setzte sich wieder. Er schüttelte den Kopf und zeigte mit der flachen Hand auf den vor ihm liegenden, aufgeklappten Kalender. »Nix wissen die, und ich kann meine Aufträge nicht erfüllen. Er ist entlassen, fristlos, tut mir leid. Sehr guter Fahrer, lässt uns alle hängen. So was geht bei mir nicht, wir sind hier in einer zuverlässigen Stadt.«
    Da außer dem Chef kein weiterer Mitarbeiter zu sprechen war, bestellte Süden bei Leonidis ein Taxi, mit dem er ans andere Ende der Stadt fahren wollte, zu Dennings Wohnung in der Wilramstraße. Auch als Hauptkommissar hatte Süden oft ein Taxi als Dienstfahrzeug benutzt, auf eigene Kosten und aus einer reinen Laune heraus. Von der Rückbank aus, hinter dem Beifahrersitz, verfolgte er die Gesichter seiner Stadt, staunte über vieles und wunderte sich über immer weniger. Er glitt, so stellte er sich vor, am Rand der Zeit entlang, ein unauffällig Vorüberhuschender inmitten des allgemeinen Geschehens; ein geselliger Einzelgänger, der das Schweigen der

Weitere Kostenlose Bücher