Macabros 004: Konga, der Menschenfrosch
bis zu Ende
fort.
»So kann man sich eben irren«, entgegnete der andere.
»Wie Sie sehen, wohne ich hier. Wenn Ihnen das nicht ins Konzept
paßt, kann ich nichts daran ändern, aber es ist nun mal
Tatsache. Für einen Geist bin ich noch ein bißchen zu
massiv, nicht wahr?« Er grinste, seine gelblichen Zähne
waren stumpf.
»Ich suche meine Frau«, preßte Lickert hervor.
»Nanu, und da kommen Sie zu mir?« Der Hagere leuchtete
dem jungen Besucher ins Gesicht. »Glauben Sie, daß Ihre
Frau bei mir Unterschlupf gesucht hat? Für solche Scherze nun
bin ich wieder ein bißchen zu alt, mein junger Freund. Ich
glaube doch, daß sie mit Ihnen besser bedient ist. Nein, mit
Ihrer Frau kann ich Ihnen nicht dienen. Tut mir leid!«
Peter Lickert zuckte die Achseln. Die Situation war ihm peinlich.
Er erklärte wie alles gekommen war, daß das Ganze
eigentlich auf ein Spiel zurückging, das Claudia sich spontan
ausgedacht hatte.
»Merkwürdige Spiele, die Sie sich da ausdenken«,
murmelte der Alte.
»Den Schrei«, bemerkte Lickert, »haben Sie vorhin
den Schrei gehört? Er kam von hier.«
»Ja, hab’ ich!« Der Bleiche drehte sich um und
leuchtete in den schmalen Gang zurück, der direkt zur Treppe
führte.
Zwei grüne Augen blitzten auf. Eine fettgefressene Katze
hockte auf dem Treppengeländer und glotzte herüber.
»Ich hab’ dem armen Tier auf die Pfoten getreten«,
erklärte der bleiche Mühlenbewohner. »Es hat geschrien
wie am Spieß. Das werden Sie wohl gehört haben.«
Lickert nickte. Er wußte nicht mehr, was er noch denken
sollte.
»Wenn Ihre Frau so gern Verstecken spielt, dann wird sie wohl
längst im Schützenhaus sein, sich in ihr Bett verkrochen
haben und einen Heidenspaß bei dem Gedanken haben, daß
Sie jetzt hier in der Gegend herumsuchen.«
Lickert nickte wieder mechanisch. »Ja so wird es wohl
sein.«
Mit den letzten Worten des Alten wurde plötzlich alles
erklärlich.
Claudia war zuzutrauen, daß sie sich heimlich
davongeschlichen hatte, während er sich hier eine
blutrünstige Geschichte zusammengesponnen hatte.
Er lächelte müde und scheu. »Vielen Dank! Und
entschuldigen Sie die Störung. Es wird nicht wieder vorkommen.
Gute Nacht!«
Er wandte sich ab und stieg die Stufen herab. Hinter ihm klappte
die schwere Holztür ins Schloß, ohne das der bleiche
Bewohner der Mühle noch eine weitere Bemerkung gemacht
hätte.
Peter Lickerts Blick fiel auf das breite Namensschild aus Holz, wo
in großen verschnörkelten Buchstaben ein Name aufgepinselt
war.
Die Farbe war ganz frisch.
’Tössfeld’ stand in schwarzer Tusche auf dem
Schild.
*
Lickert kehrte verwirrt zum Schützenhaus zurück.
Der Wirt wischte die Tische ab. Nicht einen einzigen Gast gab es
mehr.
Alle Fenster waren geöffnet.
Der Wirt, ein Einheimischer mit rotblonden Haaren und wasserblauen
Augen, blickte auf.
»Spaziergang gemacht?« erkundigte er sich, während
er seinen Lappen in einem Eimer auswrang. »Ohne die verehrte
Frau Gemahlin?«
»Ist meine Frau schon zurück?« fragte Lickert
sofort, ohne auf die Bemerkung des Mannes einzugehen. Wenn Claudia
das Zimmer aufgesucht hatte, wie der Mühlenbewohner vermutete,
dann hatte sie durch den Wirtsraum des Schützenhauses gehen
müssen.
»Ihre Frau? Zurück?« Der Wirt schien nicht ganz zu
begreifen, wie er die Frage zu verstehen hatte.
»Haben Sie meine Frau in der letzten Viertelstunde
gesehen?«
»Nein.« Der Rotblonde schüttelte den Kopf.
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, rannte Lickert durch die
Schwingtür, passierte den nach kaltem Fett riechenden Korridor
und stürmte die hölzerne Treppe empor.
Sein Herz raste. Er kam sich oben komisch vor. Sein eigenes
Verhalten störte ihn. Wenn er Claudia wirklich im Zimmer fand,
dann würde dieser Abend wenig zufriedenstellend enden. Er war
auf den ersten handfesten Ehekrach eingestellt. Claudias Verhalten
ging weit über das hinaus, was man selbst bei
großzügigem Denken noch als Spaß bezeichnen
konnte.
Peter Lickert betrat das Zimmer und fand es leer.
Zwei Minuten lang war sein Gehirn, der Spielball einer raschen
Folge von Gedanken und Überlegungen. Dann stürmte er die
Treppe hinunter. Etwas stimmte hier nicht.
Der Wirt war dabei, alle Fenster zu schließen.
»Geben Sie mir bitte einen doppelten Korn, Herr
Martens«, sagte er mit leiser Stimme. Stockend und
niedergeschlagen erzählte er dem Besitzer des
Schützenhauses das, was er erlebt hatte. »Ich werde die
Polizei benachrichtigen. Die Möglichkeit
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