Macabros 024: Marionetten des Schreckens
ihm standen, daß er sich ihnen jedoch bis
auf Reichweite genähert hatte.
Und dann konnte er nicht anders. Er mußte einfach. Er wurde
gezwungen. Schreckliche, mächtige Gedanken beherrschten seinen
Willen.
Dann kam das Feuer.
Die heiße Flammenzunge schlug über seinem Kopf
zusammen. Sein Körper zerfiel und wurde in alle Richtungen
zerstäubt, er fühlte, wie die Partikel sich lösten und
zergingen, während sein Geist noch hellwach war.
Er schrie jämmerlich, aber niemand hörte ihn.
Dann kam das absolute Nichts und die ewige Finsternis.
*
Strauß war allein. Das Grauen schüttelte ihn.
Ihm klapperten die Zähne, als ob er Schüttelfrost
hätte.
»Du möchtest doch nicht, daß es dir genauso
ergeht, nicht wahr?« fragte der Schreckliche mit der Stimme
Krentzers.
»Nein«, brachte der Österreicher mühsam
hervor.
»Dann wirst du tun, was ich von dir verlange, um die Gefahr
für Phantoma zu bannen und zu verhindern, daß sie jemals
in diesem Tempel zur Gefangenen werden kann.«
»Ja, ich werde alles tun…«
Strauß kam sich vor wie eine Marionette, wie ein Roboter.
Seine Worte und Reaktionen wurden ihm nicht bewußt.
»Dann sprich mir nach, damit die Macht Mandragoras
zurückkehrt und wir zu neuem Leben erwachen.
Aikomm malitt sroum… äieee koronk orooov…«
Die Worte klangen so schrecklich und unmenschlich, daß er
sich vor jeder Silbe, die aus dem gräßlichen Maul des
Götzen kam, fürchtete. Und doch sprach er sie nach. Silbe
für Silbe.
»Aikomm malitt sroum.« Er wußte nicht, was er da
beschwor und war nur von einer furchtbaren Ahnung erfüllt,
daß es nicht richtig war, was er da tat, daß es besser
wäre, nicht einen einzigen Laut über die Lippen zu
bringen.
*
Müde und erschöpft gaben sie schließlich auf. Der
Morgen graute. Eine Dunstglocke hing über der »Aloha«.
Kein herrlicher Sonnenaufgang war zu beobachten, kein strahlend
blauer Himmel, auf den sich alle gefreut hatten.
Eine bedrückte Stimmung herrschte an Bord des Schiffes, das
vielen Schrecken und Tod gebracht und nur geringe Freude, die sie
doch alle erwartet hatten.
Die traurige Bilanz der ersten Nacht: zwei Personen hatten
Selbstmord begangen, eine Familie mit drei Kindern hatte sich
heimlich ein Rettungsboot genommen und war von Bord gegangen. Die
Verzweifelten hofften auf diese Weise dem unbekannten Grauen auf dem
Schiff, das zu einem Geisterschiff geworden war, zu entkommen. Als
Björn vom Schicksal dieser Familie erfuhr, hatte er mit seinem
Zweitkörper die Suche nach ihr aufgenommen und die nähere
und weitere Umgebung außerhalb der »Aloha« abgesucht,
aber nichts gefunden.
Durch die kräftezehrenden Vorgänge und den fehlenden
Schlaf war es ihm allerdings nur kurzfristig möglich, seinen
Doppelkörper auszusenden.
Mehr als siebzig Personen hatten Verletzungen erlitten.
Eve Gavett ging es den Umständen entsprechend gut. Sie war
noch immer geschockt, befand sich aber auf dem Weg der Besserung.
Ihre Freundin, Dorothy O’Thail, hatte sich auch wieder
eingefunden. Es stellte sich heraus, daß sie nicht, wie
ursprünglich angekündigt, ihre Kabine aufgesucht hatte,
sondern ein wenig durch das Schiff gebummelt war – und zwar
nicht allein. In Begleitung eines Herrn, dessen Name mit Fred bekannt
wurde, war sie gewesen und hatte sich schließlich entschlossen,
in Freds Kabine die Nacht zu verbringen. Daß diese Nacht nicht
ganz in ihrem Sinne verlief, daran trugen die Umstände
Schuld.
Mahay suchte sofort seine Kabine auf, knöpfte sein Hemd auf
und warf sich auf die Liege. Noch jetzt, nach vielen Stunden, war
deutlich der breite rote Ring auf seiner Brust zu sehen, den die
riesige Schlange hinterlassen hatte, als sie seine Brust
zusammenzupressen versuchte.
Auf dem Schiff war es erstaunlich ruhig.
Nach der aufregenden Nacht waren die meisten Passagiere erst in
den frühen Morgenstunden zur Ruhe gekommen und schliefen
noch.
Die Mannschaft war erschöpft. Huarto sah man die
nächtliche Strapaze an. Keinem war sie in den Kleidern
steckengeblieben.
Björn warf einen vorsichtigen Blick in die Kabine, in der
Carminia und Pepe die Nacht verbracht hatten.
Carminia saß angezogen auf einem dickgepolsterten Sessel,
den Kopf leicht zurückgelehnt.
Björn verursachte ein kaum wahrnehmbares Geräusch, als
er eintrat. Doch sofort zuckte die Brasilianerin zusammen und schlug
die Augen auf.
Ihre Miene lockerte sich, als sie Hellmark erkannte. »Alles
in Ordnung?« fragte die braunhäutige
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