Macabros 026: Elixier der Verdammnis
ruhig. Ich habe es immer geahnt und ich habe mich auch dagegen
gewehrt, die Unterirdischen anzurufen. Aber niemand wollte auf mich
hören. Mächte die man fürchten muß, können
nie etwas Gutes bewirken.«
»Wer sind diese Unterirdischen?« interessierte Hellmark
sich.
»Niemand weiß etwas Genaues über sie. Man
weiß nicht, ob sie gut oder böse sind oder ob sie beiden
Seiten gleichzeitig dienen. Malon der alte Magier, setzte alles auf
eine Karte. Ich glaube Malon war verzweifelt. Seine Kräfte waren
eingeschränkt, er suchte Hilfe von anderswo. Die Zeichen der
Zeit stehen auf Sturm.« Kimas Stimme klang traurig. »Seit
Monaten wird es auf Xantilon nicht mehr richtig Tag. Dunkle
Wolkenberge liegen angebrochen, die Stunde der Dämonen. Die
Nachrichten aus der Hauptstadt und überhaupt aus allen anderen
Teilen des Landes sind spärlich und klingen verworren. Was wird
aus diesem Land?«
Björn hätte es ihm sagen können, aber er
schwieg.
Er wollte diesem jungen Menschen die Hoffnung nicht nehmen,
daß vielleicht doch noch alles gut werden könnte, aber er
wußte, daß dies eine Illusion war.
Für Kima war es die Gegenwart. Für ihn und Arson aber
Vergangenheit.
Am Untergang Xantilons würde niemand etwas ändern. Er
war in die Legenden und Sagen einer fernen Zeit eingegangen.
Björn wischte sich über seine schweißnasse Stirn.
»Eines beschäftigt mich«, ließ er sich
vernehmen. »Ich habe deutlich gesehen, daß die Steine von
Malons Haus alt und brüchig wurden…«
Kima nickte und fiel Hellmark ins Wort. »Auch mir ist es
nicht entgangen, und für mich ist das ein Zeichen dafür,
daß es falsch war, in der Not auf die Unterirdischen
zurückzugreifen. Malon hat sich übernommen, hat Kräfte
freigesetzt, die er nicht unter Kontrolle halten konnte. – Sein
Haus wurde zur Ruine, weil die Schatten es so wollten. Wir wissen zu
wenig über sie.« Er seufzte. »Gehen wir weiter«,
schlug er schließlich vor. »Der Stollen, in weiser
Voraussicht geschaffen, um uns vor den Schwarzen Priestern und deren
Schergen und Helfershelfern in Sicherheit zu bringen, wird nun einen
anderen Zweck erfüllen. Wir werden am Rand der Stadt in einem
dichten Wald herauskommen. Von dort aus sind es nur noch wenige
Schritte zu den Gärten des Kräuterzüchters. Ihr habt
euch doch für ihn interessiert, nicht wahr?«
»Ja, sehr«, murmelte Arson.
»Gehen wir!«
Kima setzte sich in Bewegung. Björn und Arson blieben ihm
dicht auf den Fersen.
*
Als sie den Schatten an der fleckigen Wand der
Hafengaststätte erblickte, wußte sie: das bin ich. Aber
ich kann es nicht sein, meldeten sich sofort wieder ihre kritischen
Gedanken.
Wer bin ich wirklich? fragte sie sich.
In ihrer Erinnerung stieg etwas auf, aber es erreichte nicht ihr
Bewußtsein.
Andere Gedanken, andere Gefühle erfüllten sie und
trieben sie vorwärts. Es war eine Gier in ihr, der sie nichts
entgegenzusetzen vermochte.
Carminia Brado sah das riesige Abbild der Spinne an der Wand, und
Triumph stieg ebenso in ihr auf wie Angst und Zweifel.
Jenseits der Straße, genau an der Ecke, lag ihr Hotel.
Dorthin gehörte sie. Wieso empfand sie jetzt wie eine
Spanne?
Alles wirbelte in ihren Gedanken durcheinander. Für den
Bruchteil eines Augenblicks jedoch gewann sie Klarheit: ich befinde
mich in dem scheußlichen Labor Huxleys! Die Droge gaukelt mir
solche Bilder und Gefühle vor.
Ich bin Carminia Brado… niemand sonst, ich… habe mich in
dem riesigen Reagenzglas gesehen… aber in Wirklichkeit habe ich
mich nie darin befunden. Das Elixier ist schuld an diesen Bildern.
Ich träume, ich sehe diese Dinge nur… sie sind nicht
Wirklichkeit.
Plötzlich sah sie sich am Fenster ihres Hotels stehen, nur
mit einem dünnen Nachtgewand bekleidet. Nebel stiegen von der
Themse empor und verwehten in dem leichten Wind, der ging.
Leer waren die Straßen, fast kahl die Bäume, dunkel und
massig die alten, schwarzen Stämme.
Wenn sie den Blick wandte, konnte sie schemenhaft verschwommen die
Umrisse von Big Ben erkennen. Dumpf hallten zwölf Schläge
durch Dunkelheit und Nebel.
Realität und Alptraumlandschaft mischten sich.
Carminia Brado wurde Zeuge eines Vorgangs, der sich kraftvoll in
ihr Bewußtsein drängte.
In dem grauen, wogenden Nebel bewegte eine Spinne, groß wie
ein Mensch, sich auf die Gaststätte zu. Silhouetten von Menschen
klebten hinter den Fenstern. Alles lief ab wie in einem schrecklichen
Traum, aus dem man nicht erwachte.
Die harten, gezackten Beine der
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