Macabros 026: Elixier der Verdammnis
sich ruckartig ab. Sie wußte von nichts.
Nicht mal dunkel stieg eine Erinnerung in ihr auf.
Sie mietete sich einen Triumph Vitesse und jagte zwanzig Minuten
später – ernst und verschlossen hinter dem Steuer des
Leihwagens sitzend – Richtung Coppers, Richtung
Landhaus…
*
Er nahm die Hände vom Gesicht. Seine Haut wirkte grau und
übernächtigt.
Donovan Bradley-Huxley saß in dem Kellergewölbe und
starrte trübsinnig vor sich hin. In den Glaskolben sprudelten
verschiedene Flüssigkeiten. Er beobachtete einen
birnenförmigen Behälter, in dem eine silbergraue
Flüssigkeit sich in dunkelblauen Nebel verwandelte und in einer
Glasröhre abgesogen wurde.
»Es darf nicht sein«, kam es heiser über die
schmalen Lippen des weißbekittelten Mannes. »Es muß
rot sein… verdammt noch mal, warum wird es nicht rot?« Er
sprang auf, war übernervös, und seine Hände zitterten.
»Sie wird sterben… sie kommt nicht durch… die
Rückverwandlung… bleibt aus…«
Er griff nach dem Kolben. In einem plötzlichen Wutanfall
riß er ihn aus der metallenen Halterung und schleuderte ihn an
die Wand. Die graue Brühe tropfte zäh wie verharztes
Öl von der kahlen Wand.
Bradley-Huxley lief an den Tischen entlang, näherte sich dem
Durchlaß und kletterte die Stuten des Geheimkellers empor. Er
passierte gleich darauf das Kaminzimmer und öffnete die Tür
zu dem dunklen, fensterlosen Raum, in dem die Spinne lebte. Er
überlegte gerade, ob er noch mal eine Untersuchung der
Körpersäfte vornehmen und die zellenverwandelnde Substanz
spritzen sollte, als er erschrocken stehen blieb.
In der Dämmerung des unmöblierten Zimmers sah er links
die Spinne vor dem Netz hocken. Auf dem Boden klebte eine
weißlich-gelbe Flüssigkeit. Der abgeschnürte
Hinterleib der menschengroßen Spinne wirkte seltsam ledrig und
schlaff.
Mit zweien ihrer Vorderbeine hing die Spinne im Netz, als
hätte sie noch nach etwas greifen wollen.
Der dunkle Leib des Ungetüms wirkte seltsam durchscheinend,
und an einigen Stellen schimmerte es hell – wie die Haut eines
Menschen!
Deutlich zu erkennen waren die Ansätze zweier schlanker,
nackter Arme, die zu den Fingerkuppen hin schwärzlich wurden und
die Form der klauenartigen Spinnenbeine annahmen.
Ein Teil des Leibes schimmerte fleischfarben. Ein menschlicher
Schenkel, ein Frauenbein. Auch mit dem Kopf der Spinne war eine
Verwandlung eingetreten, die sich jedoch nicht fortgesetzt hatte.
Die Gesichtshälfte einer jungen Frau war deutlich zu
sehen.
Sheila Martens!
Mit Beginn des Morgengrauens hätte sie normalerweise wieder
ihre menschliche Gestalt annehmen müssen. Der Fluch der Nacht,
in der das Elixier – einmal injiziert – wirkte, war
vorüber. Mit Tagesbeginn begann das normale Menschenleben
wieder, ohne daß die Verwandelten sich an ihr Spinnendasein
erinnern konnten.
Aber bei Sheila Martens war dieser Vorgang nicht eingetreten.
Er hatte nicht mehr eintreten können.
Die Spinne war tot – Sheila Martens war tot!
*
Donovan Bradley-Huxleys Gesicht versteinerte.
Dann aber trat trotz der Enttäuschung, die er jetzt erlebte,
ein triumphierendes Leuchten in seine Augen. Er sah unmittelbar
über der verendeten, ausgelaufenen Spinne das zerrissene Netz.
Wie schwerelos hingen lange Fäden herab und zeugten davon,
daß hier mal ein Mensch gefangen war. Die Spinne Sheila Martens
hatte ihn noch verspeist und…
Da lief es ihm eiskalt über den Rücken. Donovan
Bradley-Huxley, der verrückte Forscher aus einem anderen
Jahrhundert, dessen enttäuschter, menschenhassender Geist in
diesen verfluchten Räumen durch Dämonenmacht erhalten
blieb, zuckte zusammen.
Das Skelett!
Das Skelett des Eindringlings fehlte!
In dem Augenblick, da es ihm auffiel, vernahm er auch schon das
leise Geräusch.
Sein Kopf flog herum.
Aus der Dunkelheit der Zimmerecke schälte sich die Gestalt
eines Mannes.
Es war Jonathan Coogan, der Ponyhofbesitzer, der der Spinne
gefolgt war.
In der Rechten hielt er in Hüfthöhe sein Gewehr. Die
Mündung deutete genau auf Bradley-Huxleys Brust.
»Auf diesen Augenblick habe ich gewartet«, sagte Coogan
mit rauher Stimme. Er war bleich, und man sah seinen Augen die Angst
und das Entsetzen an, das dieser Mann durchgemacht hatte. »Ich
sollte gefressen werden! Aber Ihr Monster schaffte das nicht mehr.
Die Kräfte ließen schnell nach. Ich dagegen mobilisierte
meine Kräfte. Ich arbeitete wie ein Besessener, um aus dem Netz
herauszukommen. Keine leichte Arbeit! Ich
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