Macabros 028: In der Falle des Schattenfürsten
die Alten
sieben Felsentore errichteten, um die sieben Plagen der Schatten
fernzuhalten. Diese Tore liegen ebenfalls hier in diesen
Bergen.«
Die Miene des Namenlosen wurde ernst. Varok sprach von den sieben
Toren.
»… und fünf davon sind geöffnet«, machte
er seine Gedanken hörbar.
»Was sprichst du da, Kaphoon?« fragte Varok
erschrocken.
»Ich weiß nicht, ob es stimmt.« Er erzählte
von den Träumen, die sich Nacht für Nacht wiederholten.
»Solche Träume sind oft von Bedeutung«,
flüsterte Varok. Er blickte sich in der Runde um. »Die Tore
liegen weit im Norden. Zu Fuß wärst du noch mindestens
zwei Wochen unterwegs, Kaphoon. Wenn wir gemeinsam hinritten,
brauchten wir knapp drei Tage.«
»Drei Tage? Wäre es nicht schneller zu
schaffen?«
»Kaum. Die Bodenverhältnisse sind schlecht. Yümaho
ist schnell, aber er kann nicht fliegen.«
»In drei Tagen – kann es zu spät sein. Wenn der
Traum eine Botschaft ist, Varok, dann sind schon jetzt fünf Tore
geöffnet. Dann wird in der nächsten Nacht das sechste und
in der übernächsten das siebente weit offen stehen. Und
selbst wenn Cynthia sich noch so sehr sträubt, sie wird den
Wunsch des Wächters mit dein grau-schwarzen Gesicht
erfüllen müssen.«
*
Sie faßten einen Entschluß. Varok, der bisher allein
durch die untergehende Welt Xantilons gestreift war, erkannte,
daß die Begegnung mit dem mutigen blonden Schwertkämpfer
schicksalhafte Bedeutung für ihn hatte.
In diesen Tagen des Aufruhrs und der Unruhe, der Ungewißheit
und der Verzweiflung waren viele Einzelgänger unterwegs, die
sich einsetzten im Kampf um die Dämonen und Geister, die nicht
selten in Menschengestalt auftraten, zu besiegen.
»Es ist gefährlich, das Reich der Schatten zu
durchstreifen.« Er konnte den Blick nicht von den violett
glosenden Bergspitzen wenden, die vor ihnen emporragten. »Ich
bin eigentlich nur hierhergekommen, Yümaho zu finden und zu
fangen. Aber ich bin bereit, meinen Aufenthalt zu verlängern und
gemeinsam mit dir die Tore zu suchen, um festzustellen, ob sie noch
verschlossen sind oder nicht und ob etwas Wahres an deinen
Träumen ist. Gefährlicher nämlich wäre es, nichts
zu tun, die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten,
was wird.«
»Nicht für jeden bedeutet es Gefahr, das Schattenreich
zu durchstreifen«, bemerkte Kaphoon. Er deutete auf die drei
reglosen Gestalten mit den kugelrunden Köpfen und dem Echsenkamm
darauf. »Sie gehören offensichtlich hierher.«
»Vielleicht sind es erste Boten der Schatten«, bemerkte
Varok, der nun auch ins Nachdenken kam.
Der blonde Deutsche stieg über die spitzen Steine hinweg und
näherte sich einem der Kugelköpfe. Er tastete das glatte,
knöcherne Gesicht ab.
Er versuchte, die weiße Maske vom Gesicht des Toten zu
ziehen.
Er schaffte es nicht. Er holte sein Schwert, das rund zwanzig
Meter von ihm entfernt lag, und probierte es damit. Er schob die
Schneide unter den Halsansatz, wo deutlich zu sehen war, daß
die knöcherne Maske einen schmalen, flachen Ring bildete. Die
Kugel war wie ein Behältnis über den Kopf des Toten
gestülpt.
Die Maske löste sich nicht.
Mit einem Hieb spaltete der Blonde die harte, weiße Schicht,
so daß sie über das ganze Gesicht hinweg einen breiten
Sprung bekam.
Vorsichtig versuchte er, die harte Schale von dem wahren Gesicht
zu lösen. Er mußte mehr Kraft aufwenden als ihm lieb
war.
Das Gesicht darunter war aufgedunsen und bläulich angelaufen,
und blutunterlaufene Stellen zeigten an, daß die Maske dem
Gesicht mit Gewalt aufgepaßt worden war.
Unter der glatten Dämonenfratze zeigte sich ein jugendliches
Gesicht. Der junge Mann, der tot vor ihm lag, war höchstens
zwanzig Jahre alt.
*
»Wer sind sie und wo kommen sie her?« murmelte er
unwillkürlich. Er blickte auf. Leises Pferdegetrappel an seiner
Seite machte ihn darauf aufmerksam, daß Varok sich mit
Yümaho näherte. Der junge Krieger hatte sich trotz seines
beachtlich abgeschwollenen Beines und seiner Schmerzen, die er
mannhaft ertrug, auf den weißen Hengst gezogen und saß
stolz und mit aufrechtem Oberkörper auf seinem Reittier.
»Warum tragen sie die Masken?« fuhr Kaphoon im
Selbstgespräch fort.
Varok entging nicht ein einziges Wort.
»Das sind nur einige von vielen Fragen«, meinte er.
»Wenn es uns gelingt, eine einzige zu beantworten, beantworten
sich die anderen von selbst. Mir läßt die Geschichte von
den geöffneten Toren keine Ruhe, Kaphoon. Vielleicht sind dies
die
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