Macabros 028: In der Falle des Schattenfürsten
vom Untergang
der Stadt Xantilon.
Varok hörte seinem Retter aufmerksam zu. Schon sehr bald
erkannte er, daß dieser Mann Schweres durchgemacht hatte. Die
große Wunde am Hinterkopf legte die Vermutung nahe, daß
er aufgrund dieser Verletzung das Gedächtnis verloren hatte. Er
konnte nicht weiter als eine bestimmte Zeit zurückdenken. Er war
ein Mann ohne Namen und ohne Vergangenheit.
Der weiße Hengst kam langsam näher, beobachtete aus
großen dunklen Augen die beiden Menschen, bewegte die Ohren,
als verstünde er jedes Wort.
Varok lächelte und klopfte gegen den Hals des Pferdes.
»Es gibt ihn wirklich. Und jetzt gehört er mir. Hast du
schon einmal etwas von Yümaho gehört, Kaphoon?«
»Vorhin zum erstenmal, als du zweimal den Namen ausgerufen
hast.«
»Yümaho ist ein berühmtes Pferd. Er hat einen
legendären Ruf. Es heißt, daß es tausend Jahre alt
ist und die Sprache der Menschen versteht. Viele Männer haben
schon versucht, ihn zu fangen. Yümaho ist nicht leicht zu
besiegen. Er greift, die Menschen an, die sich ihm
nähern.«
»Das habe ich gesehen.«
»Aber es gibt einen Trick. Man muß die Stunde des
vollen Mondes über dem Reich der Schatten abwarten. Dann taucht
er mit der Herde auf. Wenn es gelingt, ihn zu reiten, bevor sich die
Wolkendecke wieder schließt, ist er bereit, dem Menschen zu
folgen.«
»Dann verstehe ich eines nicht, Varok.«
»Was verstehst du nicht, Kaphoon?«
»Warum du ihn dann zuerst töten wolltest.«
Varok stand nur auf einem Bein. Das verletzte hielt er leicht
angewinkelt über dem Boden. Mit beiden Händen hielt er sich
an der Mähne des großen Hengstes fest. »Ich wollte
ihn nicht töten, Kaphoon. Yümaho kann man nicht töten.
Er hat tausend Leben. Ich wollte ihn verletzen. Auch dies wäre
eine Möglichkeit gewesen, ihn zu Fall zu bringen und ihn zu
besteigen. Aber seine Haut ist hart wie die eines Drachens. Ich bin
mit der Schwertspitze nicht durchgekommen. Alles, was man sich
über dieses Wunderpferd erzählt, scheint zu
stimmen.«
Kaphoon fuhr sich durch die Haare und sagte: »Du hast vorhin
das Reich der Schatten erwähnt. Was weißt du
darüber?«
»Das was alle wissen, nicht mehr und nicht weniger. Hier, in
diesem Teil der violetten Berge, soll es einmal eine riesenhafte,
zyklopische Stadt gegeben haben.«
»Wann war das?«
Achselzucken. »Das weiß niemand. Aufzeichnungen
existieren darüber nicht. Nur eines ist sicher: es liegt sehr,
sehr weit zurück. Das Reich der Schatten gab es schon, da
existierte von der Stadt Xantilon noch nicht ein einziger Stein. Im
Anbeginn der Insel mußten die Schatten hier eingetroffen
sein.«
»Sie sind hier eingetroffen?«
»Es heißt, sie kamen von den Sternen. Sie sind
gefährlicher als die Dämonen. Die Schattenfürsten
ließen gewaltige Städte errichten, die zyklopenhaften
Labyrinthen ähnelten. Die Schatten, von denen niemand zu sagen
vermag, wie sie aussehen, führten die Menschen in die Irre, bis
eine geheimnisvolle Macht sie unter die Erde verbannte. Hier sind die
Schatten in ihr eigenes Reich eingeschlossen, wo sie nach Befreiung
lechzen. Sie kamen aus einer unvorstellbar grausamen Welt, und
wollten dieses Grauen auch hier verbreiten. Sie sind teuflische,
tödliche Gottheiten, und sie kennen nur ein Ziel: sich und ihre
Art zu verbreiten. Sie vermehren sich wie Schädlinge, wenn sie
erst einmal frei sind. Deshalb dürfen sie niemals wieder die
Freiheit erringen.«
»Aber die Stunde für ihre Wiederkunft ist
günstig.«
Es klang nicht wie eine Frage, sondern wie eine Feststellung.
»Ja, leider. Die Dämonen herrschen. Verwirrung und
Ratlosigkeit haben sich breitgemacht. Die Menschen sind auf der
Flucht, und viele Magier wenden ihre Kenntnisse an, um
Gewißheit über das wahre Schicksal dieser Insel und seiner
Menschen zu gewinnen. Leider bedienen sie sich da einiger Mittel, die
man nicht gutheißen kann. Sie benutzen Formeln, die sie in
Wirklichkeit nicht beherrschen und die ihre eigenen Kräfte
übersteigen. Dies geschieht sowohl in den Reihen der Schwarzen
wie der Weißen Magier. Die Zeit ist schuld daran, die Zeit und
die Umstände, daß keiner mehr recht weiß, was
eigentlich wird. Die Grenzen zerfließen. Das ist das
Gefährliche daran. In einer solchen Zeit können die
Schatten wiederkehren. Davor warnen schon die Alten in ihren
Schriften. Sie konnten einen Wall gegen die Schatten errichten, aber
sie konnten die Unheilvollen nicht besiegen. Darin liegt eine
ständige Gefahr. Es heißt weiterhin, daß
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