Macabros 063: Die Feuerbestien aus Kh'or Shan
strich
zischend um den Korb, in dem sich zwei Personen aufhielten.
Eine schlief. Das war Susan Andrews, ein quirliges Halbblut, das
sonst als Jazzsängerin in einer zweitklassigen Bar in Honolulu
auftrat.
Er – das war Mike Randok, ein stellungsloser junger
Schauspieler, der sich auf der Suche nach einem Engagement die Hacken
abgelaufen hatte.
Eines Tages hatten beide die Schnauze voll. Mike und Susan waren
sich einig, daß ihnen eines fehlte, um groß zu werden.
– Die rechte Publicity!
So kamen sie auf die Idee, mangels guter Beziehungen und eines
Mäzens, der sie unterstützt hätte, selbst etwas in
dieser Richtung zu tun. Sie mieteten sich von einem Sportclub in
Honolulu einen Ballon und ließen sich in die Kunst des
Ballonfliegens einweisen. Zwei vollkommene Laien, die sie waren,
faßten sie den Entschluß, einen risikoreichen Ballonflug
zu unternehmen, um ins Gespräch zu kommen.
Dies war die beste Methode, um ihre Namen in die Schlagzeilen der
Presse und in die Nachrichten der Rundfunk- und Fernsehstationen zu
bringen. Ohne besondere Ausrüstung – nicht mal ein
Funkgerät hatten sie bei sich – waren sie unter
Rührung der Werbetrommel schließlich gestartet. Ihr Abflug
von Honolulu war von zahlreichen Journalisten und Reportern
kommentiert worden.
Was die beiden jungen Menschen planten, war mehr als ein Spiel mit
dem Wagnis – es war purer Wahnsinn, der mit dem Tod des Paares
enden konnte.
Mike Randok und Susan Andrews hatten sich vorgenommen, von
Honolulu aus den Pazifischen Ozean auf eine eigene Weise zu
bezwingen. Mit dem Ballon wollten sie die Clarion- und
Clipperton-Grabenzone überqueren und schließlich auf der
mehr als tausend Seemeilen entfernten, winzigen Malpelo-Insel eine
Landung vornehmen.
Ihr Weg über den Pazifik war genau vorgezeichnet. Unter
Ausnutzung des Windes und einer geschickten Steuerkunst mußte
dieses risikoreiche Unternehmen sicher zu schaffen sein.
Mike Randok und Susan Andrews jedenfalls sahen das alles mit ganz
anderen Augen als ihre Freunde, Verwandten und die vielen Fremden,
die sie vor einer solchen Ballonfahrt gewarnt hatten.
Weniger als ein Drittel des Unternehmens lag hinter ihnen. Mike
Randok war mit dem bisherigen Verlauf des Flugs zufrieden.
Sternklar und endlos breitete sich der Himmel über ihnen.
Unter ihnen lag das Meer. Einsamkeit und Stille. So gab es sie wohl
nirgends in der Welt.
Der junge Mann aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn, der als
Zwanzigjähriger auf die Insel Hawaii verschlagen worden war, wo
es ihm so gut gefiel, daß er von dort nicht mehr weg wollte,
atmete tief die frische, klare Luft ein und ließ den Blick in
die Ferne schweifen.
Er genoß die Stunden, die so einmalig waren, daß sie
sich jeder Beschreibung entzogen.
Plötzlich veränderte sich Mike Randoks Gesichtsausdruck.
Schnüffelnd wie ein Hund zog er die Nase hoch.
Brandgeruch!
Randoks erster Gedanke galt dem Ballon. Mit irrlichternden Augen
suchte der Mann die Hülle ab und dann das Innere des Korbes.
Vielleicht hatte Susan eine Zigarette nicht richtig ausgedrückt,
und nun fing das Ding an Unheil zu stiften.
Aber er konnte nirgendwo in dieser kleinen, für ihn
vollkommen übersichtlichen Welt das Glimmen eines
Zigarettenstummels oder sich kräuselnde Rauchwolken
entdecken.
Der Brandgeruch kam von draußen. Von unten herauf.
Die Luft trug von irgendwoher…
Seine Gedankengänge stockten abrupt, und er hielt den Atem
an, als er es entdeckte.
Dort – ein rotes Glühen mitten auf dem endlosen
Ozean.
Ein Schiff – das war sein erster Gedanke. Es stand in
Flammen.
Seine Muskeln und Sehnen spannten sich. Ein derart großes
Schiff gab es doch gar nicht…
Was für ein Feuer! Welche Glut! Randok hatte das Gefühl
direkt in den Schlund der Hölle zu sehen.
Er wurde Zeuge eines Vulkanausbruchs auf dem Meer.
Der Geruch glühenden Gesteins… Lava… Qualm und
Wasserdampf…
Minutenlang war er von diesem schaurig-schönen Anblick derart
gefesselt, daß er das Risiko für den Ballon überhaupt
nicht erkannte.
Randok ging in die Hocke. Zusammengekauert wie eine schöne
Katze lag Susan unter einer wollenden Decke. Sternenlicht spiegelte
sich auf dem klaren, ebenmäßig gezeichneten Gesicht der
schönen Schläferin.
»Susan! Wach auf, Susan! Das mußt du dir
ansehen!«
Ein unwilliges Zucken spielte um die Lippen der Frau. Sie kniff
die Augen zusammen. »Was ist denn, Mike?« fragte sie
verschlafen und hob nicht die Augenlider.
»Direkt unter uns entsteht eine
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