Macabros 063: Die Feuerbestien aus Kh'or Shan
zu
Ende. Beeilen Sie sich!«
»Natürlich, Capitano. Wir sind gleich soweit.« Rani
riß sich zusammen, seine Stimme fest und natürlich klingen
zu lassen.
Er löste das Amulett. Bert Merthus hatte gespürt,
daß seine Stunde nahe war. Er hatte versucht, dem Inder noch
alles mitzuteilen, was irgendwie von Wichtigkeit war. Aber die Zeit
war doch zu knapp gewesen… Trauer erfüllte Rani Mahay.
Mit sanfter Hand drückte er dem Toten die Augen zu.
Die Hinweise, die Merthus gegeben hatte, waren schwerwiegend.
Björns Gefühl hatte nicht getrogen, als er seinem Freund
den Auftrag gab, sich mit dem Professor in Verbindung zu setzen.
Rani wollte zur Tür gehen. Auf halbem Weg nach dort verhielt
er im Schritt, wandte sich um und kehrte zum Bett zurück. Der
Tod Merthus’ paßte genau in die Überlegungen, die
Capitano Montez von dem Fall hatte. Bis man seine – Ranis
Unschuld – wirklich nachgewiesen hatte, konnten Stunden
vergehen. Und die hatte er nicht…
Auf dem Nachttisch lag ein Notizblock, dessen obere Seite mit
einer großen Anzahl fremdartige Schriftzeichen bedeckt war. Bis
zuletzt schien Merthus irgendwelche Formeln und Botschaften versucht
haben zu entschlüsseln. Rani riß das obere Blatt ab und
steckte es in seine Tasche. Dann nahm er den Kugelschreiber zur Hand
und schrieb rasch einige Bemerkungen auf das unfreie Blatt.
Danach öffnete er lautlos das Fenster, schwang sich hinaus
auf den Vorsprung. Das Krankenzimmer lag in der ersten Etage. Mit der
Wendigkeit einer Katze, elastisch und schnell, wie man es seinem
schweren Körper gar nicht zutraute, kletterte er die Fassade
nach unten.
Eine Minute später hatte er festen Boden unter den
Füßen…
»Die Viertelstunde ist um«, sagte in diesem Moment
Capitano Montez draußen vor der Tür. »Ich komme jetzt
herein, Senor.«
Die Tür ging auf. Montez stand wie erstarrt, als er das leere
Krankenzimmer und den Toten im Bett sah.
Dann stürmte er in den Raum, rief nach dem Arzt und
brüllte nach seinen Leuten.
»Der Professor ist tot! Der Bursche ist entkommen! Verdammt
noch mal. Wir haben einen Fehler gemacht…«
Er entdeckte den Notizblock auf dem Nachttisch. Die wenigen Worte
darauf waren an ihn gerichtet.
»Capitano, es tut mir leid, daß ich mich so
unhöflich von Ihnen verabschiede. Ich habe leider keine
Gelegenheit, Ihnen alles zu erklären. Ich bin unschuldig! Das
müssen Sie mir glauben! Professor Merthus ist auf
natürliche Weise gestorben. Ich werde noch mal zu Ihnen kommen.
Freiwillig. Ohne Handschellen…«
»Er kann nicht weit sein!« schrie Montez. »Ihm nach
– es wäre doch gelacht, wenn man den Kerl nicht
erwischte.«
*
Sie bekamen den Inder nicht.
Rani Mahay wußte, was auf dem Spiel stand. Die Tatsache,
daß er sowohl gegen sichtbare als auch unsichtbare Kräfte
gleichzeitig zum Kampf antrat, ließ ihn fintenreich
reagieren.
Es war wichtig, daß er sein Äußeres
veränderte.
In einem Scherzartikelgeschäft holte er sich, was er
brauchte.
»Ich bin heute abend eingeladen auf eine verrückte
Party«, ließ er die grazile Verkäuferin wissen,
während er sich suchend umsah. »Wir sollen alle maskiert
kommen. Das ist der Gag. Können Sie mir etwas empfehlen, womit
ich mich unkenntlich machen kann?«
Sie empfahl Frankenstein- und Draculamasken. Aber davon wollte
Rani Mahay nichts wissen. Aus gutem Grund, den er der
Verkäuferin jedoch nicht mitteilen konnte.
Er entschloß sich für eine
verhältnismäßig teure, langhaarige Perücke und
einen Bart. Damit zog er ab. In einem exquisiten Friseursalon kaufte
er sich eine ebenso exquisite Sonnenbrille.
Abseits des Touristenrummels, unten am Hafen in einer engen Gasse,
legte er seine Maskerade an.
Mit der langhaarigen Perücke, dem angeklebten Bart und den
großen Sonnenbrillengläsern sah er aus wie ein
exzentrischer Künstler. So bewegte er sich wenig später am
Strand entlang und wartete den Einbruch der Dunkelheit ab, um das
geheimnisvolle Fischerboot mit Namen Esmeralda, von dem Merthus
gesprochen hatte, schließlich näher in Augenschein zu
nehmen…
*
Die rasende Bewegung durch den rotglimmenden Stollen hörte
ebenso plötzlich auf, wie sie begonnen hatte.
Hellmark wurde verhältnismäßig sanft aufgesetzt.
Er rollte noch zwei Meter über den Boden und blieb dann
liegen.
Nur drei Sekunden verharrte er in dieser Stellung. Dann richtete
er sich auf.
Das Tosen des Orkans, der sie gepackt hatte, war verstummt.
Außer einem leisen, monotonen Geräusch,
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